Steuerzahlerbund fordert Senkung der Staatsausgaben

Karl Heinz Däke im Gespräch mit Leonie March · 16.09.2008
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, hat die Bundesregierung zu weiteren Einsparungen aufgefordert. Steuermehreinnahmen dürften nicht für Mehrausgaben, sondern müssten zum Abbau der Neuverschuldung verwendet werden, sagte Däke.
Leonie March: Steuern und Abgaben sollen sinken, die Bürger stärker entlastet werden. Ankündigungen wie diese sind beliebt in Wahlkampfzeiten und so denken insbesondere CDU und FDP gerade wieder laut darüber nach. Gleichzeitig beginnen heute die Haushaltsberatungen im Bundestag. Es geht um den Etat fürs kommende Jahr und die Finanzplanung bis 2012. Und dabei wird auch wieder der Ruf nach einem stärkeren Schuldenabbau laut. Wie der Staat sparen und gleichzeitig Steuern senken kann, darüber spreche ich jetzt mit dem Präsidenten des Bundes der Steuerzahler Karl Heinz Däke. Guten Morgen, Herr Däke!

Karl Heinz Däke: Guten Morgen, Frau March!

March: Ihr Verein fordert ja beides, niedrige Steuern und den Abbau der Staatsschulden. Es geht prinzipiell gleichzeitig?

Däke: Es geht beides gleichzeitig, vor allen Dingen geht es viel schneller mit dem Abbau der Neuverschuldung. Denn die neuesten Zahlen des statistischen Bundesamtes zeigen ja, dass die Steuereinnahmen wieder gestiegen sind im vergangenen Monat, um 6,6 Prozent. Und auch die Jahresprognose sieht viel günstiger aus als die Steuerschätzung ergeben hat. Insgesamt soll es in diesem Jahr 6,6 Prozent mehr Steuereinnahmen geben. Das bedeutet, dass man mit dem Abbau der Neuverschuldung viel schneller und viel wirksamer verfahren könnte.

March: Von der politischen Realität ist das aber ja noch weit entfernt. Können Sie kurz umreißen, woran das Ihrer Meinung liegt?
Däke: Es liegt zunächst mal daran, dass in diesem Jahr die Ausgaben wieder steigen sollen. Das hört sich zwar moderat an, 1,8 Prozent mehr als 2008. Aber das sind immerhin 5,2 Milliarden Euro, die mehr ausgegeben werden sollen. Was mich besonders erschüttert, ist, dass die Ausgaben von 2007 auf 2009 um 18 Milliarden steigen sollen. Aber die Steuereinnahmen steigen ebenso um 18 Milliarden. Das heißt, die Steuermehreinnahmen werden voll dafür verwandt für Mehrausgaben. Und der Abbau der Neuverschuldung wäre viel eher möglich, wenn man den Großteil der Steuermehreinnahmen verwenden würde, um tatsächlich die Neuverschuldung abzubauen und nicht in diesem Jahr fürs nächste Jahr schon wieder 10,5 Milliarden für die Neuverschuldung vorzusehen.

March: Der Staat sollte insgesamt weniger Geld ausgeben. Das fordert Ihr Verein, ich glaube seit Ihrer Gründung. Natürlich will aber kein Minister, dass in seinem Ressort gekürzt wird. Welche Ausgabeposten halten Sie denn grundsätzlich für verzichtbar?

Däke: Es ist so, dass man alle Etats durchgehen muss. Wir erinnern uns, dass der Vorgänger von Herrn Steinbrück, Herr Eichel, mal alle Ressorts verpflichtet hat, einen bestimmten Prozentsatz im Haushalt einzusparen, in Einzeletats einzusparen, hat sich auch damit durchgesetzt. Und wenn das zum Beispiel mit zwei Prozent eingespart würden durch alle Ressorts, dann könnte man etwa 4,9 Milliarden Euro einsparen. Ausgenommen sind davon natürlich die Zinsausgaben, das ist ein fester Posten von 40 Milliarden Euro, etwa 40 Milliarden Euro. Da ist nichts einzusparen. Und das zeigt, wie dramatisch die Situation ist, dass wir immer höhere Zinsen zahlen müssen für die neuaufgenommenen Schulden und für die alten Schulden. Und hier ist nichts zu sparen, aber in allen anderen Etats wäre das möglich. Außerdem könnten auch bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik erhebliche Summen eingespart werden, zum Beispiel durch effizientere ABM-Maßnahmen oder durch die Beschränkung der Ein-Euro-Jobs, da wären zwei Milliarden Euro möglich. Wenn man zum Beispiel auch beim Subventionsabbau noch mutiger wäre, könnte man 1,2 Milliarden Euro sparen, dann könnte man bei der Entwicklungshilfe 500 Millionen Euro sparen usw. Wenn man alle Etats durchgeht, gebe es erhebliche Einsparmöglichkeiten.

March: Läuft denn Bundesfinanzminister Steinbrück jetzt mit seiner Etatplanung Gefahr, sein wichtigstes finanzpolitisches Ziel zu verfehlen, nämlich 2011 keine neuen Schulden mehr aufzunehmen?

Däke: Nein, diese Gefahr läuft er nicht. Er bleibt im Plan, indem er für 2009 wieder 10,5 Milliarden neue Schulden einplant und für 2010 sechs Milliarden Euro. Aber wie gesagt, es ginge viel schneller. Der Bundesfinanzminister hat sich ja ohnehin schwergetan, ein Ziel für einen ausgeglichenen Haushalt vorzugeben. Möglicherweise wollte er nicht das Schicksal seines Vorgängers erleiden und eines Tages eingestehen müssen, dass er es nicht schafft. Darum ist es eine recht langfristige Prognose gewesen. Aber wie gesagt, es ginge schneller. Und dann könnte man auch, wenn man die Steuermehreinnahmen tatsächlich für den Abbau der Neuverschuldung verwendet, noch eher an Entlastung denken. Kurzfristig kommt ja ohnehin wahrscheinlich die Pendlerpauschale, wird wieder eingeführt. Aber ab 2011, mit der Planung sollte man in der Tat jetzt beginnen, könnten die Steuern weiter gesenkt werden. Aber auch der Arbeitslosenversicherungsbeitrag könnte kurzfristig noch weiter abgesenkt werden.

March: Bislang wird über Entlastungen nur gesprochen, aber auch über Umschichtungen. Zum Beispiel SPD und Grüne wünschen sich nicht nur einen ausgeglichenen Haushalt, sondern auch mehr Investitionen ins Bildungssystem. Im Gespräch ist u.a. ein Bildungssolidaritätszuschlag. Was halten Sie von diesem Vorschlag?

Däke: Dann sollten sich diejenigen, die das fordern, die das vorschlagen, die Steuermehreinnahmen anschauen, wir brauchen nicht noch etwas Zusätzliches, denn die Steuereinnahmen explodieren. Ich erinnere auch noch mal daran, dass wir ja 2007 eine gewaltige Steuererhöhung hatten mit der Vorgabe, dass die Steuermehreinnahmen verwandt werden sollen, um die Neuverschuldung abzubauen. Das geschieht nicht in dem Maße, da wird wohl ein Plan aufgestellt, der nicht eingehalten wird. Denn es wird zwar einen Teil der Neuverschuldung abgebaut, aber nicht die gesamte. Das ginge viel schneller und wir brauchen nicht neue Abgaben, wir brauchen Abgabensenkungen, um auch für die Konjunktur, die ja möglicherweise beginnt zu schwächeln, vorzubeugen.

March: Und stärkere Investitionen ins Bildungssystem könnten auch anders finanziert werden?

Däke: Die können aus den laufenden Steuereinnahmen finanziert werden. Ich sagte ja gerade, die Steuereinnahmen steigen viel stärker als ursprünglich oder vor einiger Zeit noch geplant. 6,6 Prozent im August mehr als im Vorjahr, und aufs Jahr bezogen sind es noch mal drei Prozent mehr als geplant. Die Steuereinnahmen reichen aus, um all das, was notwendig ist, zu finanzieren. Wenn man auf der einen Seite die Steuermehreinnahmen verwendet, auf der anderen Seite aber auch Einsparungen anderer Posten vornimmt, dann brauchen wir keinen neuen Solidaritätszuschlag. Das ist absolut absurd.

March: Karl Heinz Däke, Präsident vom Bund der Steuerzahler. Herzlichen Dank für das Gespräch!
Däke: Gern geschehen.


Das gesamte Gespräch mit Karl-Heinz Däke können Sie bis zum 16. Februar 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio