Sterile Tableaus, leuchtender Klang

Von Ulrike Gondorf · 08.03.2009
Generalintendant Leo Kuck inszenierte zu seinem Abschied die Wagner-Oper "Tristan und Isolde" am Wuppertaler Opernhaus. Die Aufführung räumt der Musik den Vorrang ein. Toshiyuki Kamioka lieferte dazu ein extrem subjektives Dirigat: mit großen Momenten, die sich aber nicht zu einem ganz geschlossenen Abend fügen.
Vor wenigen Wochen wurde das
Wuppertaler Opernhaus nach mehrjährigen Renovierungsarbeiten wieder eröffnet. Eine der dringend notwendigen baulichen Veränderungen war die Vergrößerung des Orchestergrabens, der mit Wagners "Tristan und Isolde" jetzt kurz nach der Neueröffnung gleich voll beansprucht wurde. Zwei scheidende Leitungsmitglieder verabschiedeten sich mit dieser Neuinszenierung vom Wuppertaler Haus: der Generalintendant Leo Kuck inszenierte die Wagneroper, der Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka stand am Pult des Sinfonieorchesters Wuppertal.

Es war ein Abend, der eindeutig der Musik den Vorrang einräumt. Gerd Leo Kuck, in seinen Wuppertaler Jahren mehr im Schauspiel als im Musiktheater aktiv, gibt keine Deutung der mythischen Liebengeschichte aus der Sicht des Regietheaters. Er beschränkt sich darauf, Tableaus zu schaffen, Konstellationen zwischen Akteuren anzudeuten, ein eher statisches, auf Bildwirkung bedachtes und im streng geometrischen Raum und mit der suggestiven, stark farbigen Beleuchtung von Roland Aeschlimann an die ästhetischen Positionen von Wieland Wagner anknüpfendes Konzept. Es macht nichts falsch, bleibt aber steril.

Toshiyuki Kamioka verabschiedet sich dagegen mit einem extrem subjektiven Tristan-Dirigat: mit großen Momenten, die sich aber nicht zu einem ganz geschlossenen Abend fügen. Immer wieder gerät die Musik in die Gefahr zu stocken und zu zerfallen, die Tempi wirken sehr uneinheitlich, vor allem den dritten Akt nimmt Kamioka so breit, dass die Spannung – nach einem wunderbar zarten und delikaten Beginn mit dem Hirtensolo – unaufhaltsam abfällt. Andererseits bietet der Abend ekstatische, intensive Momente, fängt sehr viel ein von der Über-Spannung dieser Partitur, ist grandios in der Verdichtung der Emotion bis an den Rand des Verstummens. Das Sinfonieorchester Wuppertal zeigt eindrucksvoll, welche Spielkultur es sich erobert hat. Der Klang ist leuchtend und transparent, auch im extremen Piano sehr präsent und bietet eine reiche Palette an betörenden Farbmischungen.

Aus der Sängerbesetzung ragt die Isolde von Marion Ammann hervor. Die Sängerin, die gerade dabei ist, sich an mittleren Häusern das hochdramatische Fach zu erobern, könnte bald die kleine Riege der überall gefragten Strauss- und Wagnerheroinen verstärken. Sie hat eine schöne, warme Stimme, die sie unangestrengt durch alle Lagen führt, mit einem runden, weichen, in der Höhe strahlkräftigen Ton. Überdies ist sie eine intelligente Gestalterin, die ein breites Spektrum an Farben und Ausdrucksnuancen einsetzen kann.

Das Publikum im neu eröffneten Wuppertaler Opernhaus, das mit seinen geschwungenen Treppenhäusern, vergoldeten Säulen und Spiegeln wieder im leicht nostalgischen Glanz der fünfziger Jahre prangt, feierte die Premiere von "Tristan und Isolde" einhellig und lang anhaltend.
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