Start-up für vegane Kondome

"Reine Profitgier, das ist nicht cool"

32:58 Minuten
Die Einhorn-Geschäftsführer Waldemar Zeiler (r) und Philip Siefer zeigen 2015 im Landgericht Düsseldorf Kondome ihrer Firma .
Waldemar Zeiler (r), hier mit seinem Geschäftspartner Philip Siefer, bezeichnet Einhorn als "Hippie Company". © dpa / picture-alliance
Waldemar Zeiler im Gespräch mit Gisela Steinhauer · 26.11.2018
Audio herunterladen
Paartherapie für die Chefs, flexible Arbeitszeiten und Betriebsausflüge nach Malaysia – mit seinem Start-up "Einhorn" wolle er die Wirtschaft neu denken, sagt Gründer Waldemar Zeiler. Doch er gibt zu: „Gehälter sind wirklich ein Pulverfass."
Er sei schon in der Schule immer der Anführer gewesen, erzählt Waldemar Zeiler im Deutschlandfunk Kultur. Während des Abiturs gründete der Sohn von Russlanddeutschen aus Kasachstan seine erste Firma. Jahrelang zog er für das Unternehmen der Samwer-Brüder, Rocket Internet, Start-ups hoch und sah sie scheitern. Bis er raus wollte aus dem Hamsterrad und mit dem Rucksack durch Südamerika reiste.

Paartherapie für die Chefs

Eins war ihm danach klar: Er wollte nur noch selbstbestimmt arbeiten. "Waldemar, lass uns Kondome machen", schlug ihm sein Geschäfts-Partner Philip Siefer vor. Das Startkapital bekamen sie über Crowdfunding – und sie machten eine Paartherapie, um sich auf das gemeinsame Führen vorzubereiten.
Heute werden unter dem Dach der Firma "Einhorn" nicht nur vegane Kondome vertrieben. Waldemar Zeiler gehört zu den bekanntesten Köpfen in der Existenzgründerszene und seine Visionen von einer Wirtschaft der Zukunft stellen die herkömmlichen Prinzipien von Shareholder Value und Gewinnmaximierung auf den Kopf. Seine Mitarbeiter erproben neue Formen von Unternehmenskultur.

"Wir stellen alles in Frage"

"Wir sind keine wirkliche Kondomfirma. Keiner arbeitet bei uns, weil wir Kondome machen. Wir wollen die Wirtschaft neu denken, revolutionieren", sagt Zeiler. Das Motto der Firma lautet "Unfuck the economy". Dabei hat Waldemar Zeiler selbst klassische Betriebswirtschaft studiert.
"Wir sind Unternehmer durch und durch, aber das, was die Wirtschaft anrichtet mit dieser reinen Profitgier, das ist nicht cool. Darum haben wir gesagt, wir wollen andere Wege finden, aber wir wissen auch nicht wie. Darum ist für uns klar, dass wir viele Experimente machen müssen. Wir werden oft scheitern, aber wir stellen alles in Frage und gehen neue Wege. Vieles davon klappt nicht und manches schon."

Ein Unternehmen ohne Hierarchien?

Bei Einhorn gebe es keine Hierarchien, jeder solle sich die Arbeit selbst einteilen. Urlaub gebe es so viel jeder möchte und wer ein Problem habe, könne sich "an den Haustherapeuten wenden". Regelmäßig mache die Firma gemeinsame Betriebsausflüge. Sie seien schon in Malaysia gewesen, um zu sehen, wie der Kautschuk für die Kondome gezapft wird. Meistens gehe es aber in die Umgebung von Berlin.
"Bei all den Experimenten ist es halt wichtig, dass man ein vertrauensvolles Verhältnis hat und dazu muss man viel Zeit miteinander verbringen." Nicht nur bei diesen Treffen spielt das "Why" eine wichtige Rolle. Alle seien aufgefordert, sich immer wieder bewusst zu machen, was der der Grund sei, "morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, wenn es nicht das Geld ist".

Der Lohn – ein emotionales Thema

Genau das bleibt ein sensibles Thema: "Gehälter sind wirklich ein Pulverfass, selbst in so einer Hippie-Company wie bei uns, ist es das Thema, das am meisten Emotionen hervorruft. Der Lohn wird eben gleichgesetzt mit dem Wert eines Menschen. Und das ist kompliziert."
Die Frau des 36-Jährigen ist Geschäftsführerin des Frauennetzwerkes "Edition F". Beide versuchen, sich möglichst gleichberechtigt um ihr gemeinsames Kind zu kümmern. Waldemar Zeiler träumt davon, irgendwann einmal mit seinem heute zweijährigen Sohn auf der Strecke entlangzuwandern, die seine Großeltern vom Arbeitslager in Sibirien nach Kasachstan zurücklegten.
Mehr zum Thema