Luckes Partei ALFA

Ein Fall von politischer Selbstüberschätzung

Bernd Lucke spricht am 19.07.2015 über die neue Partei ALFA
Bernd Lucke spricht über die neue Partei ALFA © picture-alliance / dpa / Uwe Zucchi
Von Stefan Maas · 20.07.2015
Mit 70 seiner Anhänger hat Bernd Lucke sich eine neue politische Heimat gezimmert. Die Allianz für Fortschritt und Aufbruch sei keine Partei, sondern ein Eliteprojekt, kommentiert Stefan Maas. Es werde vom Kontrollzwang des AfD-Aussteigers dominiert.
Bernd Lucke baut sich eine Partei. Dank einer rund 70-köpfigen Koalition der Willigen bekommt er, was er wollte. Eine Bürgerbewegung, ein Basisprojekt wie 2013 die AfD ist die Allianz für Fortschritt und Aufbruch nicht. Es ist keine Partei, die sich mit der Zeit programmatisch entwickelt. Es ist ein Elitenprojekt, fix und fertig auf die grüne Wiese gesetzt.
Programm und Satzung sehen dann auch genau so aus, wie das, was sich der zweifache Parteigründer schon von seiner alten Partei, der AfD, gewünscht hätte. Dort hatten sich die Mitglieder gleich bei mehreren Gelegenheiten seinen Wünschen widersetzt. Lucke wollte schon früh den Posten des einen alleinigen Parteichefs schaffen. Die AfD-Basis ließ ihn beim ersten Mal abblitzen. Beim zweiten Mal konnte er sich nur knapp damit durchsetzen. Stärkere Durchgriffsrechte für den Vorstand – bis hinein in die untersten Parteiebenen - hat ihm seine alte Basis bis zuletzt verwehrt. Ganz anders die etwa 70 Gründungsmitglieder der ALFA. Alles Luckevertraute und –-anhänger.
Wer nach Ärger riecht, bleibt draußen
Gemeinsam mit Lucke haben sie die AfD verlassen, um sich eine neue politische Heimat aufzubauen – und die wollen sie sich von niemandem kaputtmachen lassen. Also haben sie sich auf Regeln geeinigt, die sicherstellen, dass nur mitspielen darf, wer bis aufs Komma genau nach diesen Regeln spielt. Es sagt viel über Lucke und seine Mitstreiter aus, wie sie gedenken, ihre Regeln durchzusetzen.
Für neue Mitglieder, die nicht aus dem Weckruf kommen, die niemand kennt, soll es eine Gastmitgliedschaft geben. Ohne Stimmrecht. Für ein Jahr. Wer sich brav beträgt, wird nach der Gesinnungs-Probezeit vollwertiges Mitglied. Außerdem, soll eine Schwarze Liste geführt werden. Wer dort draufsteht, kommt nicht in die Partei. Gesichtskontrolle wie vor einem angesagten Club. Wer nach Ärger riecht, bleibt draußen. Lucke gibt offen zu, gedacht ist die Liste auch für AfDler, die ihm in der Vergangenheit das politische Leben schwer gemacht haben.
Übergroßes Kontrollbedürfnis
Aber warum sollten diese Personen Lucke folgen, wenn sie ihn endlich in der alten AfD los sind – und diese nun viel mehr ihren politischen Vorstellungen entsprechen dürfte? Wohl ein Fall von politischer Selbstüberschätzung. Es zeigt aber auch, wie groß das Kontrollbedürfnis des alten/neuen Parteichefs ist. Er hat sich fest vorgenommen, dieses Mal die Fehler, die er in der AfD gemacht hat, nicht zu wiederholen. Wie in einem Laborversuch ist er bemüht, alle unsicheren Faktoren auszuschließen, um den reibungslosen Ablauf des Experiments sicherzustellen. Und wiederholt dabei einen persönlichen Fehler. Genau dieser Kontrollzwang hat bei der AfD für Probleme gesorgt. Angetreten, um es – noch einmal - anders zu machen als die etablierten Parteien, müssen die ALFA-Mitglieder darauf achten, nicht zu einem Lucke-Wahlverein zu werden.
Ob sie inhaltlich ihre Nische finden kann, ob sie ohne den AfD-Teil mit seinen Wählern überlebensfähig ist, das muss die neue Partei erst beweisen. Wird sie als kühles, elitäres Projekt wahrgenommen, gar als Vehikel für einen Solitär, dann könnte es mit dieser Neugründung bald schon wieder vorbei sein.
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