Sportjournalist Philipp Köster über Uli Hoeneß

Der "Dampfkochtopf" zieht sich zurück

05:34 Minuten
Uli Hoeneß, Vereinspräsident von FC Bayern, steht vor Spielbeginn am Spielfeldrand.
Image eines brodelnden Dampfkochtopfs: Uli Hoeneß. © picture alliance/Matthias Balk/dpa
Philipp Köster im Gespräch mit Nicole Dittmer · 15.11.2019
Audio herunterladen
Uli Hoeneß tritt als Präsident des FC Bayern München ab. Damit geht eine lange Erfolgsgeschichte zu Ende. Sportjournalist Philipp Köster sieht in Hoeneß einen Visionär des Fußballs, der viel geleistet, aber moralisch versagt habe.
Fast ein halbes Jahrhundert lang hat Uli Hoeneß dem FC Bayern München gedient: als Spieler, die meiste Zeit als Manager und zum Schluss als Präsident. Jetzt tritt der 67-Jährige ab. Sein Nachfolger als Präsident und Aufsichtsratchef wird der ehemalige Adidas-Chef Herbert Hainer.
"Es ist ein ambivalentes Gefühl, das uns beschleicht, wenn Uli Hoeneß jetzt geht", sagt der Sportjournalist Philipp Köster, Chefredakteur des Magazins "11 Freunde". Hoeneß sei der bedeutendste Fußballfunktionär der letzten 40, 50 Jahre. Er sei ein Visionär gewesen, der Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre das Potential erkannt habe, mit Fußball viel Geld verdienen zu können. "Ich glaube, die Bundesliga ist ohne ihn auch nicht denkbar."
Hoeneß habe mit einer gewissen Rücksichtslosigkeit die Strukturen des FC Bayern modernisiert. "Daraus ist ein Verein entstanden, den jeder Mensch heute auf der Welt kennt", so Köster. "Er hat den FC Bayern zu einem Weltverein gemacht, zu einer globalen Marke."

Fans genervt von Argumentation

Er sei eine der prägenden Figuren, weil er kein typischer Manager gewesen sei, sondern sich mit seiner Persönlichkeit hineingestürzt habe. Hoeneß sei ein "brodelnder Dampfkochtopf", eine "Mensch gewordene Abteilung Attacke" und einer, der sich auf Unterhaltung zu verstehen wisse. Viele Fans seien genervt vom Scherenschnitthaften in seiner Argumentation: Seine Trennung in Gut und Böse, Freund und Feind sei ermüdend gewesen. Daher sei es richtig, dass Hoeneß aufhöre.
Hoeneß sei einer gewesen, "der ein bisschen als die Mutter Theresa des deutschen Fußballs durch die Gegend gelaufen ist, der sich als Gewissen der Nation inszeniert hat und dann am Ende trotz allem nur ein ganz normaler Steuersünder war." Das Denkmal Hoeneß habe einen großen Kratzer bekommen, weil er seine moralischen Werte im Privaten nicht beherzigt habe, wie er es hätte tun sollen.
(leg)

Uli Hoeneß - ein Leben in Zitaten

"Das ist eine Scheißfrage – auf Deutsch gesagt. Und hört endlich mal auf, in jeder Suppe ein Salz zu finden!"

"Wenn Christoph Daum nicht so bescheuert gewesen wäre, eine Haarprobe zu machen, dann hätte ich das Spiel nie gewinnen können. Und da ruft mich der Calmund an und sagt: "Stell‘ dir mal vor, der Verrückte hat einen Wert, so was haben die noch gar nie gemessen!"

"Wir haben ein Problem, wenn Skinheads und Rechtsradikale Ausländer, Farbige und ungleich Schwache links und rechts von der Straße niedertreten und niederschlagen. Man muss sich wehren, man muss die Polizei rufen, man muss nicht wegschauen."

"Die haben jetzt 850 Millionen Euro Schulden. Und ich habe gesagt und da stehe ich dazu, dass nächstes Jahr eher der Gerichtsvollzieher nach Madrid geht als der Franck Ribéry."

"Ich habe noch nie eine E-Mail verschickt und immer, wenn ich hundert Nachrichten habe, drücke ich auf ‚tilt‘ – weil ich höre sie fast nie ab."

"Angst habe ich nur vor Krieg und vor Krankheit, um ehrlich zu sein. Ich bin jeden Tag dankbar, dass ich in Bad Wiessee aufwache und nicht in Aleppo."

"Und ich werde diesem Verein dienen, bis ich nicht mehr atmen kann."

"Ich habe einen großen Fehler gemacht. Gar keine Frage. Aber ich habe alles getan, um diesen Riesenfehler wiedergutzumachen."

Mehr zum Thema