Sportjournalist Biermann über Geisterspiele

„Ohne Zuschauer ist Fußball nur ein Sport“

08:31 Minuten
Ein Fussballspieler steht alleine in einem Stadium ohne Publikum.
Welche Folgen hat die Corona-Pandemie mit Spielen ohne Fans für die Zukunft? © Getty Images / E+ / simon
Christoph Biermann im Gespräch mit Thorsten Jabs · 20.12.2020
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Während der Corona-Pandemie spielt die Bundesliga fast ausschließlich ohne Fans. Der Sportjournalist Christoph Biermann erwartet Folgen für den gesellschaftlichen Stellenwert des Fußballs. Denn nicht alle werden in die Stadien zurückkommen.
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie und einer Spielpause spielt die Fußball-Bundesliga seit Mai mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept – und fast nur vor Geisterkulissen. Christoph Biermann ist als Journalist trotzdem bei manchen Spielen im Stadion dabei.
"Manchmal ist es so, dass ich das einfach so hinnehme, interessanterweise übrigens eher vor dem Fernseher als im Stadion." Dort empfinde er die Abwesenheit des Publikums und der Atmosphäre noch viel stärker.

"Ein Verschwinden des Heimvorteils"

Trotz des fehlenden Publikums habe sich der gespielte Fußball relativ wenig verändert, meint Biermann. Aber: "Was wir hier sehen, ist ein Verschwinden des Heimvorteils." Das Publikum scheine ein Faktor zu sein.
"Um aus einem Fußballspiel ein Ereignis zu machen, um das Fußballspiel mit einer übersportlichen Bedeutung aufzuladen, bedarf es des Publikums", sagt Biermann. Ohne Zuschauer sei Fußball nur ein Sport.
Welche Folgen wird die Corona-Pandemie für den Fußball haben? "Es gibt bei den Leuten, die sich professionell mit dem Geschäft des Fußballs beschäftigen, bei den Klubs und der Liga sehr große Befürchtungen, dass, selbst, wenn man wieder unbeschwert ins Fußballstadion gehen kann, viele Leute nicht wieder zurückkommen werden", erklärt Biermann. Er selbst teile nicht unbedingt diese Einschätzung, weil er glaube, dass der Besuch eines Fußballspiels auch als Gemeinschaftserlebnis für viele Menschen attraktiv sei.

Den Klubs fehlen Gelder

"Auf jeden Fall wird das Geschäft kleiner werden – dadurch, dass keine Zuschauer ins Stadion kommen, die nicht nur Eintrittsgelder bezahlen, sondern teilweise auch teure VIP-Plätze mit Catering und so weiter." Nach Einschätzung von Biermann fehlen den Klubs deshalb "gigantische Millionenbeträge", die sie nicht kompensieren können. Spielergehälter und Ablösesummen würden deshalb etwas zurückgehen.
Welche Folgen für ihn als Fan die Pandemie hat? "Ich habe den Fußball schon verfolgt, als er sozusagen noch nicht so wichtig und so groß gewesen ist. Ich werde es auch tun, wenn er möglicherweise etwas kleiner und nicht mehr so aufgeplustert ist wie jetzt. Ich finde es ein wunderbares Spiel." Deshalb werde er sicher nicht mit dem Fußball brechen.
(mhn)
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