Spoiler oder leere Versprechen

Zu Besuch bei einem Trailersammler

05:10 Minuten
Andreas Borutta hält einen Filmstreifen vor sich und schau auf die einzelnen Bilder.
Leidenschaft für Trailer: Andreas Borutta hat rund 3000 Filmvorschauen gesammelt. © Simon Schomäcker
Von Simon Schomäcker · 13.03.2020
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Trailer können im Kino ziemlich ärgerlich sein. Doch manchmal stößt man im Internet auf eine alte Filmvorschau - und schwelgt plötzlich in Erinnerungen. Ein Gefühl, das Andreas Borutta zu gut kennt - weswegen er Trailer sammelt.
Andreas Borutta gerät ins Schwärmen, wenn er vom Kino, von Filmen und der Technik spricht. All das ist die größte Leidenschaft des 59-jährigen Gelsenkircheners – schon seit Kindertagen.
"Das Einlegen des Projektors, der Geruch, das Drehen, klack-klack-klack-klack durchs Malteserkreuz. Klappe zu, dann geht die Lampe an mit so einem Blitzen und brillantem Licht. Dann auf den Knopf drücken, wie eine Riesen-Dampfmaschine geht das los."

Kaum Zeit, um alle Trailer zu sehen

In der ganzen Wohnung stapeln sich große und kleine Filmrollen in Dosen und Kartons. Borutta könnte jeden Tag Filme schauen. Doch dazu fehlt einfach die Zeit. Er hat deshalb Trailer, also Vorschauen, für sich entdeckt.
"Trailer, hat sich ganz schnell herausgestellt, die sind nicht so teuer, eine große Vielfalt. Ist halt wie bei der Musik eine Single, drei Minuten – und dann den nächsten."
Zu sehen ist der Filmstreifen des Trailers von "Die Gangster von Paris".
Film ab: Der Cineast Andreas Borutta konnte einen großen Teil seiner Sammlung bereits digitalisieren.© Simon Schomäcker
Mit dem Sammeln angefangen hat Andreas Borutta 1989. Sein erster Trailer war der vom Italowestern "San Sebastian" von 1967 – mit Soundtrack von Ennio Morricone.
"Vor 30 Jahren gab es noch gute Möglichkeiten, die Sachen zu bekommen. Da gab es noch Händler auf Börsen. Da gab es einen in Köln, der hat so ein kleines Heftchen rausgebracht", sagt Borutta.
Die Händler wiederum bekamen die Trailer meist direkt von den Filmverleihern. Diese bewahrten ihr Material oftmals nicht lange auf.
"Du musst es ja vom rein kommerziellen Gesichtspunkt sehen: Wenn der Film gelaufen ist, was macht man mit dem? In der Halle braucht man Platz für neue Filme. Kurzfristig gedacht kommt das alles in eine Filmvernichtungsanstalt und weg damit."
Zu sehen sind zwei Filmrollen, ein Filmplakat und eine Filmdose aus der Sammlung von Andreas Borutta.
Ein Schatz für Cineasten: Andreas Borutta würde gern Trailerschauen veranstalten.© Simon Schomäcker
Dadurch ist auch viel Wissen über die Kinokultur verloren gegangen. Etwa über Titel von Filmen, die heute unter anderem Namen bekannt sind. Borutta kann dank seiner Trailersammlung viel altes Wissen wieder hervorkramen.
"Von Disney gab es einen Film, der ist heute nur noch bekannt unter seinem Wiederaufführungstitel. Nämlich ‚Die Hexe und der Zauberer‘. Dabei hieß der Film ursprünglich ‚Merlin und Mim‘."

Die Erzählkultur nimmt ab

Rund 3000 Trailer aus nahezu allen Filmgenres befinden sich in Boruttas Sammlung, deren Zeitspanne von den 30er-Jahren bis etwa 2004 reicht. Beim Vergleich der Jahrzehnte beobachtet der Kinofan nicht nur immer schnellere Schnitte.
"Heute ist das fast nur noch persönliche Rede. Also wenn der Schauspieler was sagt, das ist dann im Trailer drin. Es gibt eben nicht mehr diese Erzählkultur im Trailer."
Manch historischer Filmtrailer findet sich heute auch bei YouTube – allerdings oft auf Englisch. Borutta möchte möglichst alle Trailer auf Deutsch besitzen. So ist er schon an manche Rarität gekommen. Zum Beispiel an den Trailer zu "Mein großer Freund Shane" von 1953.

Wiederentdeckungen aus der Kindheit

Seine Trailer-Schätze möchte der Kinofan aber nicht bloß in seiner Wohnung horten. Einen Großteil der Sammlung konnte er digitalisieren – und würde gerne öfter Trailerschauen veranstalten.
"Das ist ein bisschen wie in dem Amelie-Film", sagt Borutta. "Wenn du ein Spielzeug aus deiner Kindheit wiederfindest, würdest du dich freuen. Und dem Mann kommen dann die Tränen, wenn er sein altes Spielzeugmotorrad findet. Genauso ist es, wenn er mal wieder Fuzzy oder Dick und Doof oder was auch immer sieht."
Für Borutta geht es aber auch noch einen andere Seite seiner Leidenschaft:
"Einer in der Straßenbahn hat mir erzählt, er hätte sich so gefreut, mit mir zu sprechen, dass er vor Freude fast in die Hose gemacht hat. Das möchte ich gerne erreichen – Menschen Freude machen!"
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