Spionage-Affäre

Als wären sie keine Verbündeten

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Das CIA-Quartier in Langley, USA. © picture alliance / dpa
Von Rolf Clement · 10.07.2014
Die Ausweisung des US-Geheimdienstlers durch die Bundesregierung sei ein ganz normaler Vorgang, kommentiert Rolf Clement. Nicht normal sei, dass ein Staat - in diesem Fall die USA - bei einem Verbündeten aktiv Spionage betreibe. Üblich sei zwar die Informationen abzuschöpfen, aber dem verbündeten Dienst einen Hinweis zu geben.
Die Regeln sind eigentlich immer dieselben: Wenn festgestellt wird, dass ein Staat Agenten angeheuert hat, wird derjenige, der diese rekrutiert hat, verhaftet oder ausgewiesen. Menschen mit Diplomatenpass müssen ausgewiesen werden, sie genießen Immunität. Genau deshalb werden staatliche Agentenwerber in der Regel mit dem Diplomatenstatus ausgestattet.
Insofern ist das, was heute in Berlin geschehen ist, ein ganz normaler Vorgang. Nicht normal ist, dass ein Staat aktiv Spionage bei einem Verbündeten betreibt. Geheimdienstexperten berichten, dass die Usancen in solch einem - eigentlich seltenen - Fall andere sind: Man schöpft die Information ab, gibt dem verbündeten Dienst dann aber einen Hinweis. Man nutzt den Verrat, verrät aber den Verräter.
Nach ihrem Zögern will die Bundesregierung ein Zeichen setzen
Das aber haben die USA nicht gemacht. Sie haben sich verhalten wie ein Staat, mit dem Deutschland gerade nicht verbündet ist. Aber trotzdem hat die Bundesregierung noch gezögert: Erst, als ein zweiter Fall entlarvt wurde, hat sie reagiert. Jetzt will sie ein Zeichen setzen, das nicht nur diplomatisch registriert, sondern auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
Der politische Druck auf die Bundesregierung wurde in den letzten Tagen immer größer. Jetzt nahm sie das Verhalten zur Messlatte für ihr Handeln, nicht mehr die Gemeinsamkeiten im politischen Staatenverbund. Ziel ist es, den Weg frei dafür zu machen, dass der politische Schaden dieser Affäre eingegrenzt wird. Die Ausweisung ist also ein geeignetes Mittel, um ein politisch klares Zeichen zu setzen.
Entscheidendes wurde nicht verraten - wenn das denn stimmt
In den USA wird dies hingenommen werden, denn auch die USA können nicht wollen, dass die Arbeit an den gemeinsamen Interessen dauerhaft beschädigt wird. Das ist die eine Sache. Innenminister de Maizière hat nun heute darauf hingewiesen, dass der Gehalt des Verrats eher überschaubar ist. Das sagt man in solchen Agentenaffären immer. Das ist auch mit Blick auf das Verhältnis zu den USA unwesentlich. Der Gehalt dessen, was in den verratenen Akten steht, spielt bei der strafrechtlichen Bewertung in Deutschland eine Rolle, ebenso das Entgelt, das der Betroffene dafür angenommen hat. Somit kann es in der Sache beruhigen: Entscheidendes wurde nicht verraten, wenn es denn stimmt.
Aber eines gilt auch: Es ist verständlich, dass die USA gerne wissen wollen, was deutsche Behörden über die Arbeit der NSA wissen - darum scheint es ja gegangen zu sein. Das ist nicht offen auf dem Nachrichtenmarkt zu bekommen. Operatives geben die Geheimdienste nicht preis. Aber in einer solchen Konstellation muss die Spionageabwehr hellwach sein. Ist es richtig, dass diese auf Verbündete nicht richtig geachtet hat? Das muss aufgeklärt werden. Es wäre eine Affäre in der Affäre, wenn das sich bestätigen würde.
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