Soziologin über den Freizeit-Monitor 2020

"Viele Orte der Begegnung sind weggefallen"

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Eine Frau und ein Mann, in historischen Kostümen, spielen Monopoly. Ein dritter Mann lässt die Würfel auf das Spielbrett fallen.
Im Trend: Gesellschaftsspiele. Und: Man bleibt unter sich. © Getty Images / Lisa Maree Williams
Moderation: Anke Schaefer · 17.09.2020
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Durch Corona haben sich viele Beziehungen intensiviert. Doch im Grunde sieht man immer nur die gleichen Gesichter. Wieder mehr unterschiedliche Menschen zusammenzubringen, sei eine der künftigen großen Aufgaben, sagt die Soziologin Jutta Allmendinger.
Nach Feierabend verbringen die Deutschen inzwischen mehr Zeit im Internet als vor dem Fernseher - das ist ein wesentliches Ergebnis des Freizeit-Monitors 2020, der von der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen einmal jährlich erstellt wird. In der Umfrage wird auch der Einfluss der Corona-Pandemie auf das Freizeitverhalten deutlich. Mehr Tagesausflüge, das Campen sowie Karten- und Gesellschaftsspiele stehen hoch im Kurs.

"Man trifft immer weniger Leute, die anders sind"

Durch Corona hätten sich die Beziehungen zu Familienmitgliedern und guten Freunden intensiviert, sagt die Soziologin Jutta Allmendinger. Was erst einmal positiv ist, hat aber auch einen Haken. "Man trifft immer weniger Leute, die anders sind."
Durch Corona und den Lockdown noch einmal verstärkt, ist dies allerdings ein Trend, der schon länger anhält. Früher hätten Institutionen wie die großen Volksparteien oder die Kirchen ganz unterschiedliche Menschen zusammengebracht, sagt die Soziologin.
"Viele Orte der Begnung sind weggefallen", beklagt sie. Wenn nun wegen Corona auch die Arbeit nicht mehr der "melting-pot" sei, der Leute zusammenbringt, müsse man sich neu überlegen, wie die Menschen mit anderen, ihnen unbekannten Mitbürgern in Kontakt kämen, sagt Allmendinger.
Das sei eine der wesentlichen Aufgaben für die Zeit nach Corona. So müssten die Städte beispielsweise diverser werden - besonders mit Blick auf die Sozialstruktur der Einwohner in bestimmten Gebieten. Denn auch hier gebe es den Trend, dass sich vermehrt Menschen mit sehr ähnlichen Hintergründen in einem Kiez niederlassen. Mit der Folge, dass man kaum noch jemanden um sich hat, der einfach mal anders ist.
(ahe)

Die Soziologin Jutta Allmendinger, geboren 1956 in Mannheim, leitet seit 2007 das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Zuvor war sie Direktorin des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. In ihrer Forschung befasst sich Allmendinger vor allem mit der Frage, wie die Lebensverläufe der Menschen durch Bildung, Arbeitsmarkt oder dem Wohlfahrtsstaat geprägt werden.

Die gesamte Sendung "Der Tag mit Jutta Allmendinger" hier zum Nachhören:
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