Solidarität mit Ai Weiwei

07.11.2011
Seitdem ihn die chinesischen Behörden zur Zahlung einer angeblichen Steuerschuld in Höhe von 1,7 Mio. Euro verurteilt haben, erlebt der Künstler Ai Weiwei eine Welle der Anteilnahme. Wie ARD-Korrespondentin Ruth Kirchner berichtet, haben viele der Spenden symbolischen Charakter.
Über 20.000 Menschen, Chinesen aus dem Inland und Ausland, haben in den letzten Tagen ein Zeichen der Solidarität gesetzt. So sind über fünf Millionen Yuan zusammengekommen, umgerechnet als ca. 570.000 Euro, mehr als ein Drittel der von den Behörden eingeforderten Steuerschuld.

Viele Menschen, die zum Atelier von Ai Weiwei in Peking pilgerten, haben das Geld direkt über den Zaun geworfen, oder es sogar zu Papierfliegern gefaltet. Wie ARD-Korrespondentin Ruth Kirchner berichtet, haben diese Gesten auch symbolischen Charakter:

"Einige haben die Geldscheine verpackt mit Birnen zusammen – das chinesische Wort für Birne ist Li, und gleichzeitig heißt Li auch Druck. Also man möchte damit zum Ausdruck geben, dass man den Druck, unter dem Ai Weiwei steht, eigentlich ganz gerne mit ihm teilen möchte."

Nicht nur im Ausland ist Ai Weiwei inzwischen der wohl berühmteste Künstler seines Landes und zugleich der schärfste Kritiker der chinesischen Regierung. Nachdem er in der ersten Jahreshälfte 81 Tage an einem unbekannten Ort in Haft verbringen musste und er Ende Juni endlich wieder in die Freiheit entlassen worden war, haben ihn die chinesischen Behörden nun mit einer nur schwer nachvollziehbaren Steuerforderung konfrontiert.

Wie Kirchner berichtet, wollen viele Chinesen, die jetzt spenden, Korrespondentenbericht von Ruth Kirchner (MP3-Audio) ihre Solidarität zum Ausdruck bringen, "weil es eben so mutige Menschen wie ihn in China nur ganz, ganz wenige gibt". Um sich vor weiteren Vorwürfen durch die Behörden zu schützen, habe Weiwei seine Mitarbeiter beauftragt, alle Spenden zu erfassen. Da Ai aus steuerrechtlichen Gründen eigentlich gar keine Spenden einsammeln darf, habe er diese zu Darlehen erklärt, die er später zurückzahlen wolle. Daher erhalte jeder Spender eine Quittung.

In Bezug auf die jüngsten Beschlüsse des Zentralkomitees zur chinesischen Kulturpolitik zeigte sich Kirchner skeptisch. Wenn China den Weg zu einer kulturellen Weltmacht anstrebe, dann spräche daraus auch

""eine ganz, ganz große Angst der Partei und damit eben auch der Führung hier, dass man in einer zunehmend sich ausdifferenzierenden pluralistischeren Gesellschaft die Kontrolle verliert – eben einerseits über die Medien, aber auch andererseits über Kulturproduktion und die Kulturschaffenden an sich"."

Das vollständige Gespräch mit Ruth Kirchner können Sie in unserem Audio-on-Demand-Angebot mindestens bis zum 7. Mai April 2012 als MP3-Audio hören.

Links auf dradio.de:

Ai Weiwei ist frei - Chinesischer Künstler aus Haft entlassen

Ai Weiwei spricht - Der chinesische Künstler Ai Weiwei im Gespräch mit dem Schweizer Kurator Hans Ulrich Obrist. Carl Hanser Verlag.

"Er hört nie auf zu arbeiten" - Hans Ulrich Obrist über seine Gespräche mit Ai Weiwei
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