Solidarität in Corona-Zeiten

Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind

29:48 Minuten
Illustration einer Menschenmenge, von der jeder einen Mund-Nasenschutz mit dem Motiv einer anderen Staatsflagge trägt.
Solidarität bildet keinen Gegensatz zu individueller Freiheit, erklärt der Philosoph Robin Celikates. © Unsplash / United Nations / Laura Makaltses
Moderation: Susanne Führer · 06.02.2021
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Solidarität heißt, wechselseitig füreinander einzustehen. Corona zeigt: Allein schaffen wir es nicht, das Virus muss weltweit bekämpft werden. Der Philosoph Robin Celikates sagt: "Wer nur an sich denkt, schneidet sich langfristig ins eigene Fleisch."
Aufrufe zur Solidarität sind in Corona-Zeiten wieder recht populär. Häufig wird verlangt, sich aus Solidarität mit den Alten, mit den Gefährdeten an die Corona-Regeln zu halten. Solidarität sei aber nicht dasselbe wie Barmherzigkeit, sagt Robin Celikates, der Professor für Sozialphilosophie an der Freien Universität Berlin ist.
"Im Unterschied zu einer auf Barmherzigkeit beruhenden Hilfe zum Beispiel, geht es bei der Solidarität eben nicht darum, dass man jemand anderem, der als passives Opfer betrachtet wird, hilft und dann erwartet man vielleicht von der Person Dankbarkeit, sondern dass man wesentlich eine Verbindung zwischen sich und dem anderen sieht und das Schicksal, das den anderen befallen hat, auch als etwas ansieht, was einen selbst potenziell befallen könnte oder vielleicht auch schon befallen hat."
Das gelte auch für die Corona-Pandemie. Wer eine Maske zum Infektionsschutz trägt, schützt andere und damit auch wieder sich selbst.

Solidarität als Kampfbegriff

Der Begriff der Solidarität sei anspruchsvoll, meint Celikates, weil er auf ein nachhaltiges soziales Verhältnis zielt, und nicht auf eine einmalige Hilfe.
Historisch gesehen ist der Ruf nach Solidarität ein Kampfbegriff, man denke an die Losung der Französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
"Freiheit und Gleichheit hat die Französische Revolution noch so halbwegs realisiert mit dem demokratischen Rechtsstaat. Die Brüderlichkeit, beziehungsweise wie wir heute besser sagen würden, die Solidarität ist gewissermaßen hinten runtergefallen", sagt Celikates. "Die Idee dahinter ist aber nicht nur, dass man Freiheit, Gleichheit und Solidarität nacheinander irgendwie verwirklichen kann, sondern – und das war in der Französischen Revolution zumindest eine Zeitlang die Idee –, dass die Solidarität die Bedingung überhaupt der Möglichkeit von echter Freiheit und Gleichheit ist."
Echte Freiheit und echte Gleichheit könne es nur in einer solidarischen Gesellschaft geben. Heute sei dieses Ideal nicht erfüllt, wir leben nämlich "in einer Gesellschaft, in der wir sozial gesehen auf komplett ungleiche Weise zusammenleben". Das heißt, Freiheit und Gleichheit wie wir sie kennen, gehen häufig mit dem Ausschluss großer Bevölkerungsgruppen einher. Früher waren das beispielsweise die Frauen - siehe "Brüderlichkeit" – heute würden ganze Erdteile von Europa ausgebeutet werden.

Wir sind alle abhängig von anderen

Individuelle Freiheit steht übrigens nicht im Gegensatz zu Solidarität, wie manche vermuten, denn "wir sind alle abhängig von anderen, nicht nur als kleine Kinder und später, wenn wir alt sind oder wenn wir krank sind, sondern eben ganz wesentlich".
Das konnten wir schon im ersten Lockdown beobachten, als allen klar wurde, wie wichtig die Arbeit der Lieferdienste, der Lkw-Fahrer, der Angestellten in den Supermärkten ist. Weitere Beispiele sind die Kinderbetreuung, der Schulunterricht und ein funktionierendes Gesundheitssystem.

Impfungen für alle

Auch die Corona-Impfungen würden das Problem gut veranschaulichen, meint Celikates. Sich auf die eigene Bevölkerung zu konzentrieren und wirtschaftlich schwächere Länder mit ihren Problemen allein zu lassen, "wird uns auf lange Sicht noch leidtun", sagt der Sozialphilosoph. "Auch aus wohl verstandenem Eigeninteresse heraus" müsse man verstehen, "dass die Pandemie sich tatsächlich nur dann wirksam und nachhaltig meistern lässt, wenn das in globalem Maßstab erfolgt".
Daher befürwortet Celikates die Initiative der Organisation medico, die dafür eintritt, den Patentschutz für unentbehrliche Medikamente aufzuheben. Denn: Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind.
(sf)

Robin Celikates ist Professor für Sozialphilosophie und Anthropologie an der Freien Univiersität Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind Sozialphilosophie, Politische Philosophie, insbesondere Kritische Theorie, Demokratietheorie. Er ist stellvertretender Direktor des "Center for Humanities and Social Change".

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Das Interview in ganzer Länge:
Deutschlandfunk Kultur: In der Pandemie wird immer wieder Solidarität von uns gefordert, mit den Alten, mit den Gefährdeten. Nützt Solidarität nur den Schwachen oder ist sie gut für alle? Im ersten Lockdown im vergangenen Jahr gab es eine Welle der Anerkennung und eine Welle der Solidarität mit dem Pflegepersonal, mit den Lkw-Fahrern, mit den Menschen, die in den Supermärkten arbeiten. Heute spüre ich davon nicht mehr so viel. Was meinen Sie? Erleben wir gerade ein Mehr oder ein Weniger an Solidarität im Vergleich zu pandemiefreien Zeiten?
Celikates: Es kommt ganz darauf an, wo genau man hinschaut. Man kann eine komplexe Verschränkung von Dynamiken der Solidarisierung und der Entsolidarisierung beobachten. Das war auch schon so im ersten Lockdown, in den ersten Monaten der Pandemie. Auch da gab es eine Art von Doppelbewegung. Auf der einen Seite konnte man viele nachbarschaftliche Initiativen entstehen sehen: Menschen, die gefährdet sind, wurde beim Einkaufen geholfen; man hat sich wechselseitig bei der Kinderbetreuung geholfen; im Homeoffice usw. Diee privaten Initiativen zum Ausgleich des Wegfalls der Kinderbetreuung gibt es übrigens auch heute noch, im jetzigen Lockdown.
Positiv zu bemerken ist auch eine neue Wertschätzung – und die sehe ich auch heute noch – von sozialen Infrastrukturen, die in den letzten Jahrzehnten eher als unsichtbares Gerüst unseres Lebens im Hintergrund funktioniert haben. Die wurden in der Vergangenheit immer mehr abgebaut, vor allem in den Bereichen Gesundheit und Bildung, heute treten sie in der öffentlichen Wahrnehmung viel stärker als ganz wesentlich für unser Leben hervor. Das gilt sowohl für die sozial Privilegierten als auch für diejenigen, denen es schlechter geht. Diese Strukturen sind für uns alle extrem wichtig.

Wertschätzung ohne Wert

Das Beispiel der sogenannten systemrelevanten Arbeit hatten Sie ja schon angesprochen. Da gab es auf der einen Seite eine Form von Anerkennung, vielleicht sogar der Solidarisierung mit den Arbeitern und Arbeiterinnen in den meist unterbezahlten Berufen in Supermärkten, bei der Post, bei der Müllabfuhr, in Krankenhäusern, bei Putzdiensten usw. – die sich aber gleichzeitig wesentlich auf die symbolische Ebene beschränkt hat: Sie wurden beklatscht und gelobt und in den Sonntagsreden erwähnt, aber eigentlich hat sich an der prekären Situation und an den ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, angefangen bei den Lieferdiensten bis in die Krankenhäuser, sehr wenig geändert.
Es ist schon ein sehr ambivalentes Bild, finde ich, das sich da abzeichnet – sowohl heute als auch mit Blick auf die ersten Monate der Pandemie.
Deutschlandfunk Kultur: Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, meint, Corona habe unser Bewusstsein der Gemeinschaft gestärkt. Laut einer Umfrage der Caritas aber erlebt die Mehrheit einen geschwächten Zusammenhalt. 52 Prozent der Befragten haben das Gefühl, dass die Pandemie der sozialen Bindekraft schadet. Ich interpretiere das so, dass Solidarität zwar gewünscht, aber vermisst wird.
Celikates: Das Urteil kann ich gut nachvollziehen. Es hängt auch immer davon ab, wie man in einer Umfrage diese Frage genau stellt. Natürlich vermissen viele auch den sozialen Kontakt. Und der soziale Kontakt ist sicher in gewisser Hinsicht auch eine Vorbedingung für die Entstehung des Gefühls und auch der Praxis der Solidarität. Das ist sehr schwierig zu realisieren, wenn man sich in der quasi Isolation des Lockdowns befindet.

Gesundheit und soziale Bedingungen

Gleichzeitig finde ich, dass man auch dieses wachsende Bewusstsein für wechselseitige Abhängigkeiten, für die Wichtigkeit dieser Infrastrukturen, die ich schon angesprochen hatte, wirklich ernst nehmen sollte und darin auch eine Chance erblicken kann: Zum Beispiel im gewachsenen Bewusstsein dafür, dass Gesundheit etwas ist, was nicht nur von biologischen, natürlichen Faktoren abhängt, sondern tatsächlich soziale, ökonomische, politische Rahmenbedingungen hat, die sehr stark darüber entschieden haben, wie sich die Pandemie auf bestimmte Bevölkerungsschichten auswirkt, wie sie sich in unterschiedlichen Ländern auch ganz anders entwickelt hat.
All das ist, glaube ich, zumindest der Ansatzpunkt für bestimmte Lernerfahrungen, die – für mich jedenfalls – einen gewissen vorsichtigen Optimismus wecken, dass man aus dieser Pandemie auch etwas lernen kann.
Zugleich gibt es auch negative Tendenzen, die wir auch jetzt wieder sehen, zum Beispiel den "Katastrophennationalismus", wie man das nennen könnte: dass die Grenzen dicht gemacht werden, dass man sagt, "wir müssen uns auf unsere eigene Gemeinschaft, auf unsere eigene Bevölkerung und deren Interessen und deren Schutz beschränken, wir können uns jetzt nicht auch noch um die Flüchtenden an den Außengrenzen usw. kümmern". Das ist ein sehr besorgniserregender Trend.
Wir werden nachher vielleicht noch über die Frage der Impfstoff-Produktion und auch der -Verteilung sprechen. Genauso wie bei der Klimakatastrophe werden die Herausforderungen der Pandemie leider nur sehr begrenzt realisiert und angenommen, weil man diese Herausforderung nur dann nachhaltig meistern kann, wenn es weltweit gelingt.

Patentschutz aufheben!

Deswegen setzen sich bestimmte Initiativen, zum Beispiel auch die Hilfsorganisation Medico, für eine Aufhebung des Patentschutzes für unentbehrliche Medikamente ein, weil man aus der Pandemie auch lernen kann, dass Arzneimittel und Infrastrukturen eigentlich öffentliche Güter im globalen Maßstab sind. Wenn man die privatisiert und den Zugriff darauf extrem beschränkt, sitzt man der Illusion auf, man könne diese Pandemie in den Griff bekommen, wenn man sie in Deutschland in den Griff bekommt. Das ist aber nicht so, genauso wenig wie man die Klimakatastrophe in den Griff bekommt, wenn man nur im nationalen Rahmen Lösungen findet.
Deutschlandfunk Kultur: Gegen die Klimakatastrophe helfen zumindest keine Grenzzäune, gegen Corona vielleicht schon. Aber über das weltweite Impfproblem sprechen wir später noch. Ich würde gern noch ein bisschen bei uns bleiben: Was zählt man denn zu Solidarität oder zu solidarischem Verhalten dazu? Alena Buyx, die Medizinethikerin und Vorsitzende des Ethikrats, sagte zum Beispiel bei uns im Programm, dass diese Akzeptanz der Verhaltensregeln in Zeiten der Pandemie für sie schon ein Zeichen von Solidarität ist, weil die auch ziemlich belastend sind. Und sie findet es auch normal, dass diese Akzeptanz mit der Zeit abnimmt, weil man eben ein bisschen mürbe werde. Andererseits spricht sie von "großen Solidaritätsreserven", die es gäbe – individuell wie auch gesellschaftlich. Sehen Sie die auch?
Celikates: Das finde ich einen ganz guten Hinweis. Tatsächlich ist das Tragen einer Maske, der Verzicht auf soziale Kontakte und das Zuhausebleiben eine Praxis der Solidarität unter den gegenwärtigen Bedingungen. Diejenigen, die das als unzulässige Zumutung begreifen und die maskenfrei rumlaufen möchten, weil sie denken, das gehöre zu ihrem unverwehrbaren Freiheitsrecht, verhalten sich extrem unsolidarisch. Sie gewichten ihr eigenes Wohlergehen, das ja durch eine Maske in den meisten Fällen nur ganz unwesentlich eingeschränkt werden würde, viel höher als zum Beispiel die Gesundheit der Kassiererin und anderer Leute, die mit ihnen interagieren müssen.
Der Begriff Solidarität selbst ist natürlich notorisch schwammig und eignet sich auch aus diesem Grund sehr für die vagen moralischen Appelle und die Sonntagsreden, in denen er meistens im Kontext der Pandemie aufgerufen wird. Aber ich glaube schon, dass man einen Kerngehalt etwas genauer bestimmen kann, vielleicht auch in Abgrenzung zu anderen Begriffen aus dem näheren begrifflichen Umfeld.

Solidarität heißt freiwillig zusammenstehen

Wie so viele Begriffe kommt der ursprüngliche Begriff aus dem Lateinischen – "solidus" heißt so viel wie zusammengedrängt, stark, beständig, vereinigt. Darin äußert sich schon, dass es um eine bestimmte Art des sozialen Verhältnisses geht, um ein füreinander Einstehen, um ein Zusammenstehen angesichts von Herausforderungen – wie jetzt im Fall der Pandemie, die wir nur gemeinsam und eben nicht einzeln bewältigen können. Gemeinsam durch Praktiken wie das Maske-Tragen, wie die freiwillige Beschränkung, die sich gesetzlich auch nicht einfach verordnen lässt. Es gibt diese ganzen Gesetze, aber jeder weiß, dass die sich überhaupt nicht mit Zwang durchsetzen lassen, sondern sie funktionieren nur, wenn die Solidaritätsreserven, die Sie angesprochen haben, tatsächlich auch vorhanden sind und wenn die Menschen eben intrinsisch motiviert sind, sich entsprechend zu verhalten – und nicht nur aus Zwang.
Deutschlandfunk Kultur: Aus sich heraus – genau. Der Begriff Solidarität changiert sehr. In diesen Zeiten sprechen wir viel von Solidarität, wenn es darum geht, den Schwächeren zu helfen, "bleibt während Corona zu Hause und schützt damit die Risikogruppen". Dann wäre Solidarität so etwas wie Barmherzigkeit, Mitleid.
Aber denken wir an den Slogan "Hoch die internationale Solidarität!" Da klingt etwas ganz anderes an: das Selbstbewusstsein und die Selbstermächtigung, das starke gemeinsam Zusammenstehen.
Celikates: Genau. Ich glaube, dass für den Unterschied zwischen Solidarität und anderen Formen des sozialen Verhältnisses wesentlich ist, dass es sich um dieses Verhältnis des wechselseitigen füreinander Einstehens handelt.
Im Unterschied zu einer auf Barmherzigkeit beruhenden Hilfe zum Beispiel, geht es bei der Solidarität eben nicht darum, dass man jemand anderem, der als passives Opfer betrachtet wird, hilft und dann erwartet man vielleicht von der Person Dankbarkeit, sondern darum, dass man wesentlich eine Verbindung zwischen sich und dem anderen sieht und das Schicksal, das den anderen befallen hat, auch als etwas ansieht, was einen selbst potenziell befallen könnte oder vielleicht auch schon befallen hat.

Solidarität ist auf Dauer angelegt

Man denke an Leute, die von der Pandemie besonders betroffen sind oder von der Klimakatastrophe, da geht es nicht so sehr um Hilfe – "ich bin davon gar nicht betroffen, ich bin jetzt so großzügig, dem anderen zu helfen", sondern eigentlich befinden wir uns, wenn auch in unterschiedlicher Weise des Affiziertseins, in derselben Situation, aus der wir nur gemeinsam herauskommen können.
Daraus ergibt sich, dass Solidarität ein eher symmetrisches als ein asymmetrisches Verhältnis ist, das auch unter nicht nur im Nahbereich eh schon verbundenen Menschen zustande kommt, sondern auch unter Fremden auf Distanz möglich ist. Das hatten Sie mit dem Slogan der internationalen Solidarität schon angesprochen.
Der Begriff der Solidarität ist ziemlich anspruchsvoll, weil er im Unterschied etwa zu "Hilfe" nicht nur diese punktuelle Intervention bezeichnet, sondern ein viel nachhaltigeres soziales Verhältnis.
Deutschlandfunk Kultur: Ich muss auch an die Französische Revolution denken und deren Leitspruch Liberté, Egalité, Fraternité, also Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Die Schwestern wurden vergessen, wie immer. Heute würde man sagen: Solidarität. Das heißt, im Grunde genommen kann Solidarität auch als ein als ein politischer Kampfbegriff benutzt werden.
Celikates: Er ist auf jeden Fall historisch gesehen auch ein Kampfbegriff. Er hat zum Beispiel in der Arbeiterbewegung eine ganz wesentliche Rolle gespielt. Freiheit und Gleichheit hat die "bürgerliche Revolution" (Marx), also die Französische Revolution, noch so halbwegs realisiert mit dem demokratischen Rechtsstaat. Die Brüderlichkeit, beziehungsweise wie wir heute besser sagen würden, die Solidarität ist gewissermaßen hinten runtergefallen. Die Idee dahinter ist aber nicht nur, dass man Freiheit, Gleichheit und Solidarität nacheinander irgendwie verwirklichen kann, sondern – und das war in der Französischen Revolution zumindest eine Zeitlang die Idee –, dass die Solidarität die Bedingung überhaupt der Möglichkeit von echter Freiheit und Gleichheit ist.

Freiheit, Gleichheit, Solidarität gehören zusammen

Solidarität ist nicht etwas, was man dann noch machen kann, wenn man Freiheit und Gleichheit erstmal hat; sondern es kann keine echte, von allen effektiv wahrnehmbare Freiheit und von allen effektiv tatsächlich erfahrene Gleichheit geben in einer unsolidarischen Gesellschaft, in einer Gesellschaft, in der wir sozial gesehen auf komplett ungleiche Weise zusammenleben.
Das ist tatsächlich das Ideal, das dahintersteckt, das unabgegolten ist, das nicht realisiert worden ist, und das uns auch daran erinnert, dass die Realisierung von Freiheit und Gleichheit, wie wir sie de facto kennen, häufig mit dem Ausschluss von ganz großen Bevölkerungsgruppen einherging – die Frauen hatten Sie schon erwähnt, aber es gibt natürlich noch andere – und dass sie vor allem im globalen Maßstab auch darauf beruht hat, dass Europa davon profitierte, dass andere Erdteile ausgebeutet, beherrscht und unterdrückt worden sind.
Deutschlandfunk Kultur: Das halte ich für einen sehr interessanten Punkt. Denn man kann natürlich als Individuum solidarisch sein. Ich kann mich zum Beispiel mit einer Initiative von Mietern im Nachbarhaus solidarisch erklären, die gegen ihren Rauswurf protestieren, obwohl ich vielleicht gar nicht davon betroffen bin. Aber man kann natürlich auch auf bestimmte gesellschaftliche Bedingungen blicken. Sie haben gerade von Freiheit und Gleichheit gesprochen.
Mir kommt noch etwas anderes in den Sinn. Ich habe vor einer Weile im Dezember in der Süddeutschen Zeitung einen sehr interessanten Artikel der China-Korrespondentin Lea Deuber mit der Überschrift "Was können wir von Asien lernen?" gelesen. Es ging um die Bekämpfung der Corona-Pandemie, sehr viel auch um die antiasiatischen Vorurteile, Rassismen, die hierzulande grassieren. Ich möchte aber für unser Gespräch einen anderen Punkt herausheben. Lea Deuber meint nämlich, dass die wesentliche Grundlage für den Erfolg der Bekämpfung der Pandemie in allen ostasiatischen Ländern, wie in Australien und Neuseeland, der große gesellschaftliche Zusammenhalt sei. Man könnte auch sagen: die Solidarität.
Da wird hier dann sofort die Sorge geäußert: Das Kollektiv soll über das Individuum gehen, die individuellen Freiheitsrechte werden eingeschränkt. In welchem Verhältnis stehen denn Solidarität und individuelle Freiheit?

Auch individuelle Freiheit braucht Solidarität

Celikates: Das ist eine sehr gute Frage. Ich glaube, zunächst einmal haben Sie ganz Recht, dass es in der Reaktion auf den Erfolg vieler asiatischer Länder im Kampf gegen die Pandemie in Europa häufig diese Arroganz gibt. Zur abstrakteren Frage, wie eigentlich Solidarität und individuelle Freiheit zusammenpassen, glaube ich, dass sie tatsächlich – wie ich es verstehe jedenfalls und so wie wir es auch angefangen haben zu diskutieren mit Blick auf die Französische Revolution – nicht nur zusammenpassen, sondern tatsächlich wesentlich zusammengehören.
Nur aus der Perspektive eines – wie soll man sagen – verarmten, rein individualistischen Freiheitsbegriffs erscheint Solidarität als Gegensatz oder als kollektivistische Bedrohung. Nur wenn ich den anderen oder die anderen primär als Gefährdung meiner eigenen Freiheit wahrnehme und damit verdränge, dass die eigene Freiheit, auch meine ganz individuelle Freiheit, wesentliche soziale Bedingungen hat und dass ich eigentlich nur dann in den Genuss der Freiheit kommen kann, wenn es bestimmte, soziale und solidarische Institutionen, soziale Verhältnisse und Infrastrukturen gibt, die tatsächlich dafür sorgen, dass ich zum Beispiel mir eine Wohnung in der Stadt leisten kann, die dann geschützt wird durch meine Freiheitsrechte, nur dann hat Freiheit auch den individuellen Sinn, wenn es die sozialen Voraussetzungen gibt.

Wir sind alle abhängig von anderen

Wir sind alle abhängig von anderen, nicht nur als kleine Kinder und später, wenn wir alt sind oder wenn wir krank sind, sondern eben ganz wesentlich. Auch die individuelle Freiheit, auch die negativen Freiheitsrechte, also die sogenannten Abwehrrechte, die wir haben, gibt es nur vor dem Hintergrund sozialer und politischer Strukturen, die überhaupt diese Güter ermöglichen, produzieren, deren Genuss wir dann geschützt haben wollen im Rahmen der individuellen Freiheit. Individuelle Freiheit wird eben sich auf lange Sicht selbst unterminieren und auch beschädigen, wenn sie verabsolutiert wird und wenn Menschen denken, es sei eine unzumutbare Einschränkung der individuellen Freiheit, dass sie eine Maske tragen müssen, wenn sie irgendwo anders einkaufen gehen, wo auch andere Leute von ihrem Handeln betroffen sind.
Deutschlandfunk Kultur: Über Freiheit und Solidarität haben wir gesprochen, es bleibt noch ein anderer Begriff, Sie haben es Gleichheit genannt. Ich würde es gerne verlagern zum Begriff Gerechtigkeit. Dieser Begriff taucht auch in der Diskussion rund um Corona immer wieder auf. Ein prominentes Beispiel: Der Ministerpräsident Thüringens, Bodo Ramelow, der in einem Interview beklagt hat, dass Kinder die Hauptlast der Pandemie trügen und dazu die Gastronomen, Hoteliers und noch ein paar Berufsgruppen, während die gesamte andere Wirtschaft weitermache wie bisher. Und das sei ungerecht.
Der Politikwissenschaftler Andreas Nölke beklagt, dass die sehr, sehr hohen staatlichen Hilfen, die Deutschland ausschüttet, vor allem der Exportindustrie zugutekommen, während die sogenannten binnenorientierten Wirtschaftssektoren – das sind die Dienstleistungen, die Pflege usw., wo klassischerweise die geringer Qualifizierten arbeiten, die Migranten, Frauen – zu den Verlierern zählten. Auch das sei ungerecht. In welchem Zusammenhang stehen Solidarität und Gerechtigkeit?
Celikates: Das Verhältnis ist komplex und auch abhängig davon, wie man Gerechtigkeit versteht. Einerseits kann man sagen: Solidarisierung und vor allem dieser Kampfbegriff der Solidarität oder Solidarität, wie sie in politischen und sozialen Bewegungen mobilisiert wird, zielt auf mehr Gerechtigkeit und ergibt sich eigentlich auch daraus, dass man diese Gerechtigkeit gewissermaßen erkämpfen will oder muss. Die wird einem nicht geschenkt. Wenn man das Gemeinwesen gerechter, demokratischer, inklusiver gestalten möchte, dann braucht es Solidarisierungsbewegungen, auch im engeren Sinne politische Bewegungen, die sich dafür einsetzen, die dafür kämpfen. Das wird niemandem geschenkt. Das ist der eine Zusammenhang.

Man solidarisiert sich nur mit gerechten Zielen

Der andere Zusammenhang ist, dass man sich aus der Innenperspektive, also als Teilnehmer, nur mit solchen Anliegen solidarisiert, die man für gerecht hält, wo man denkt: Die haben tatsächlich einen guten Punkt, die wenden sich gegen real existierende Ungerechtigkeiten und setzen sich für eine gerechtere Gesellschaft ein. Also, Solidarität setzt tatsächlich schon voraus, dass man sich mit etwas solidarisiert, was normativ ausgezeichnet ist, womit man sich solidarisieren sollte. Es gibt also auch eine normative Dynamik im Begriff der Solidarität selbst.
Drittens kann man sagen, dass Solidarität in gewisser Hinsicht auch eine Art von Komplementärbegriff zu Gerechtigkeit ist. Sagen wir mal: Gerechtigkeit umfasst primär auch Verteilungsgerechtigkeit. Und der Wohlfahrtsstaat wäre ein Modus, in dem Verteilungsgerechtigkeit realisiert wird. Dann ist das einerseits Ausdruck von Solidarität: wir sind miteinander solidarisch. Alle zahlen gewissermaßen per Steuern oder Abgaben in den Wohlfahrtsstaat ein. Und der teilt dann bedürfnisorientiert aus, so wäre das Idealbild.
Aber andererseits ist auch klar, dass staatliche Umverteilungspolitiken und die Garantie selbst von sozialen Rechten gewissermaßen nie hinreichend sein werden. Das setzt immer noch voraus, dass es gewissermaßen komplementäre solidarische Verhältnisse gibt, die die Defizite der rein rechtebasierten Politik oder des rein rechtebasierten Zusammenlebens ausgleichen.
Solidarität wird deswegen auch manchmal als das "Andere der Gerechtigkeit" bezeichnet. Das finde ich etwas übertrieben, weil es eben auch diese internen Zusammenhänge gibt, aber das Verhältnis ist eben ein komplexes.
Deutschlandfunk Kultur: Wobei ich den zweiten Punkt, den Sie genannt haben, fast am interessantesten finde, Solidarität habe einen normativen Charakter, weil wir uns nur damit solidarisieren, was wir als gerecht empfinden.
Aber vielleicht solidarisieren wir uns auch nur mit denjenigen, die wir als nah empfinden. Die Frage ist ja: Kann ich mich mit allen solidarisieren? Wahrscheinlich nicht. Also solidarisiere ich mich mit einer bestimmten Gruppe, mit bestimmten Zielen. Und damit lasse ich dann andere außen vor.
Celikates: Das ist tatsächlich eine sehr schwierige Frage. Ich glaube auch, dass die Schwierigkeit ernstgenommen werden muss. Man darf sich Solidarität nicht zu einfach machen. Solidarität darf sich nicht zu schnell ergeben oder einfach nur auf den engeren Kreis derer, mit denen man eh schon sich verbunden fühlt, beschränken. Das wäre eine sehr, sehr billige Form der Solidarität, die eigentlich dem Ideal und den mit diesem Ideal einhergehenden Ansprüchen nicht gerecht wird.

Billige Pseudo-Solidarität

Paul Gilroy, der britische Kulturwissenschaftler und Theoretiker des Rassismus, hat einmal von billigen Pseudo-Solidaritäten gesprochen, die sich gewissermaßen ganz natürlich ergeben aus schon vermeintlich geteilten kulturellen, ethnischen, religiösen, nationalistischen Banden. Wenn man sich einfach mit den Deutschen solidarisch fühlt, weil man eben gerade zufällig Deutscher ist und denkt, das Deutschsein ist doch eine gute Grundlage für die Solidarität, dann ist es Gilroy zufolge eine billige Pseudo-Solidarität.
Die ist in zweifacher Hinsicht billig. Die ist einerseits billig, weil sie sich ohne tatsächliche Anstrengung einfach zu ergeben scheint als etwas, was schon da ist. Er sagt, das ist illusorisch, so läuft das nicht. Solidarität ist schwierig und ist auch das Ergebnis einer schwierigen Arbeit der Solidarisierung.
Zweitens sind diese Pseudosolidaritäten billig, weil sie eine primär ideologische Funktion erfüllen. Man hat davon letztendlich nichts. Niemand wird einem helfen, nur weil man dieser Illusion der geteilten Solidarität einer solchen Gemeinschaft aufgesessen ist. Nur wo tatsächlich mehr in Solidarität investiert worden ist, wo man Praktiken, Institutionen, Verhältnisse der Solidarität aufgebaut hat – und das kostet eben Anstrengung und auch Arbeit an sich selbst und auch eine Ausweitung der Solidarität –, nur da kann man sich letztendlich darauf verlassen, dass diese solidarischen Verhältnisse einem gewissermaßen unter die Arme greifen, wenn das nötig wird.
Deutschlandfunk Kultur: Ich finde diese Kritik etwas sehr scharf, zu sagen es sei "billig". Ich bin zum Beispiel solidarisch mit dem deutschen Sozialstaat. Das ist gar nicht billig für mich. Ich zahle sehr viele Steuern und hinterziehe sie nicht und hoffe natürlich, dass er mir gegebenenfalls unter die Arme griffe. Außerdem, glaube ich, ist es auch eine anthropologische Konstante, dass es uns Menschen leichter fällt, uns anderen Menschen nahe zu fühlen, die uns nahe sind, denen wir uns aus irgendwelchen Gründen verbunden fühlen.
Sie haben gerade gesagt, Solidarität ist schwierig. Ich nehme mal ein Beispiel, das Sie anfangs schon kurz angerissen haben, nämlich die Impfung gegen Corona. Da beobachtet man auch, dass diese Appelle an die Solidarität häufig schöne Sonntagsreden sind, Appelle, die im Allgemeinen wirkungslos bleiben.
Es wurde extra eine Organisation gegründet, Covax, der fast alle Länder der Welt angehören und deren Sinn und Zweck es sein sollte, die weltweite Verteilung des Impfstoffs zu regeln – natürlich gerecht.
Aber natürlich haben dann die reichen Staaten, darunter die EU als Staatengemeinschaft oder auch Großbritannien, an dieser Covax vorbei direkt bei den Impfstoffherstellern bestellt – mit dem Ergebnis, dass heute 16 Prozent der Länder schon 60 Prozent der Impfstoffe gekauft haben. Das ist zwar nicht fein, aber – sagen wir mal, aus Sicht der Europäischen Union – doch verständlich. Oder?
Celikates: Ja, noch eine Bemerkung zum Sozialstaat. Das wäre gerade ein Beispiel dafür, dass Solidarität schwierig ist. Der Sozialstaat selbst ist Ergebnis von sozialen Kämpfen. Der ist uns keineswegs einfach in den Schoß gefallen. Sie wissen ja auch, dass die Frage, wer kommt eigentlich in den Genuss des Sozialstaats – Frauen, Migranten, Geflüchtete usw. – auch eine lange Geschichte der sozialen Kämpfe ist. Das wäre eher ein Beispiel dafür, was ich eben für eine nicht so einfach zu habende Solidarität halten würde.

Solidarität ist schwierig

Ich stimme vollkommen mit Ihnen überein, dass man Solidarität im Nahverhältnis nicht herunterspielen sollte. Es geht mir eher darum zu sagen, dass wenn man Solidarität einfach kommunitär versteht – ich bin solidarisch mit denen, mit denen ich mich eh schon verbunden fühle –, dass es dann dem normativen Gehalt dieses Begriffs nicht gerecht wird. Der hat eine universalisierende Tendenz. Auch wenn man sich nicht einfach mit allen solidarisch erklären kann, weist er doch hinaus über die enge Nahbeziehung, in der wir uns eh schon arrangiert haben. Das ist der Punkt, auf den ich hinaus wollte.
Mit Bezug auf die Impfungen denke ich, dass das ein wirkliches Problem gut veranschaulicht, weil eben ein unsolidarisches Verhalten, indem man sich jetzt primär auf die Impfung der eigenen Bevölkerung konzentriert, letztendlich nicht zielführend ist.

Solidarität aus Eigeninteresse

Es ist nicht nur ungerecht und führt nicht nur dazu, dass schwächere Länder mit ihren Problemen alleingelassen werden – und das gilt übrigens nicht nur im Weltmaßstab, sondern schon innerhalb von Europa. In einem Land wie Moldawien sind die Aussichten katastrophal, was die Impfungen angeht. Ich glaube, das wird uns auf lange Sicht noch leidtun, weil ich wirklich davon überzeugt bin, dass man auch aus wohlverstandenem Eigeninteresse heraus realisieren muss, dass die Pandemie sich tatsächlich nur dann wirksam und nachhaltig meistern lässt, wenn das in globalem Maßstab erfolgt.
Wenn das nicht der Fall ist, dann darf man eben auch nicht mehr in den Urlaub fahren. Dann wird man sich in Europa ghettoisieren müssen und sagen müssen, wir bleiben einfach jetzt unter uns. Das kann man natürlich machen. Aber dann hat man gewissermaßen einen Preis gezahlt, von dem man jetzt noch nicht so offen zugibt, ihn zahlen zu wollen.
Deutschlandfunk Kultur: Stellen wir uns das mal konkret vor. Wenn man den Impfstoff gleich und gerecht verteilen wollte, hieße das zum Beispiel, erst werden die Risikogruppen auf der ganzen Welt geimpft und dann erst der Rest. Wenn man sagen würde, wir impfen jetzt die über 80-Jährigen der EU. Dann impfen wir die über 80-Jährigen in Lateinamerika, in Asien, in Afrika. Und dann kommen vielleicht die über 70-Jährigen dran. Ich glaube, das wäre in Deutschland unmöglich politisch durchzusetzen. Sehen Sie sich doch mal die derzeitige Diskussion an.
Celikates: Ja, natürlich stellt uns das vor sehr große Herausforderungen. Aber diese Herausforderungen darf man gewissermaßen nicht einfach als der Natur der Sache geschuldet betrachten, sondern die haben auch sehr viel damit zu tun, wie zum Beispiel Pharmaunternehmen mit zum Teil öffentlichen Geldern auf eigenen Profit orientierte Vorgehensweisen wählen. Deswegen hatte ich vorhin diese sehr wichtige Initiative angesprochen, die für eine Aufhebung des Patentschutzes für wesentliche unentbehrliche Medikamente argumentiert, also dafür argumentiert, dass Arzneimittel globale öffentliche Güter sein müssen.
Es ist natürlich richtig, dass in der jetzigen Situation, in der wir sind, es sehr schwierig wäre, dieses strukturelle Problem zu umgehen. Andererseits hat die Weltgesundheitsorganisation von Beginn an darauf hingewiesen, dass wir uns Lösungen überlegen müssen. Sie haben ja schon eine mögliche Lösung angesprochen, die jetzt halt umschifft wird.
Wir befinden uns jetzt tatsächlich in einer problematischen Situation. Aber die ist ja nicht aus heiterem Himmel über uns hereingebrochen, sondern die hat auch etwas mit politischen Entscheidungen zu tun und mit politischen Versäumnissen, die in der Vergangenheit leider unterschätzt worden sind.

Nützt Solidarität den Starken?

Deutschlandfunk Kultur: Das stimmt natürlich. Die Kernfrage für mich ist ja: Was nützt denn Solidarität den Starken? Sie haben gerade gesagt, Urlaub außerhalb Europas wäre dann nicht mehr möglich. Das finde ich jetzt nicht wirklich überzeugend.
Celikates: Das war ein etwas flapsiges Beispiel. Ich glaube, wenn die Pandemie noch etwas gezeigt hat, dann ist es doch auch, dass die weltumspannenden Verknüpfungen im Zuge der Globalisierung so dicht geworden sind, dass man, auch wenn man auf Urlaub verzichtet, diesen Virus nicht einfach wird eindämmen können, wenn er nicht global eingedämmt wird.
Sie müssen ja nur mal anschauen, bei welchen Fallzahlen in Neuseeland schon hektisch reagiert wird. Davon sind wir Lichtjahre entfernt. Wer glaubt, dass man diese geringen Fallzahlen durch Impfprogramme in Europa und durch die Schließung von Grenzen irgendwie aufrechterhalten kann, der sitzt einer Illusion auf.
Das heißt, auch die sogenannten Starken müssen einsehen, dass es vielleicht kurzfristig eigeninteressierte Gründe gibt, ihr eigenes Ding zu machen und sich erstmal selbst bestimmte Vorteile zu verschaffen, dass sie sich aber damit mittel- und langfristig ins eigene Fleisch schneiden – vor allem bei solchen wesentlich globalen Problemen wie einer Pandemie. Dass man da längerfristig denken muss, das hätte man in diesem einen Jahr, in dem wir uns schon damit beschäftigen, lernen können.

Niemand ist sicher, solange nicht alle sind sind

Deutschlandfunk Kultur: Das Motto dieser Organisation Covax lautet: "Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind." Dem können wir wahrscheinlich zustimmen.
Celikates: Das halte ich für eine der Grundeinsichten, die man schon bei viel, viel geringeren Fallzahlen beschworen hat, und die in der jetzigen Situation nochmal in ihrer Wahrheit emphatisch unterstrichen werden muss.
(sf)
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