Snowden beantragt befristeten Aufenthalt in Russland

Von Gesine Dornblüth · 16.07.2013
Nun also doch: Edward Snowden, der seit mehr als drei Wochen im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo festhängt, sucht Schutz in Russland - und hat dort einen vorübergehenden Aufenthaltsstatus beantragt. Das hat die zuständige Migrationsbehörde bestätigt.
Es ist kein politisches Asyl, dass Snowden in Russland beantragt hat, sondern eine vorübergehende Aufenthaltsbefugnis. In Russland wird sie Menschen erteilt, die nicht als Flüchtling anerkannt werden, aber aus humanitären Gründen nicht abgeschoben werden können. Zum Beispiel weil in ihrer Heimat Krieg herrscht, oder weil dort ihr Leben bedroht ist – etwa durch ein Strafverfahren mit möglichem Todesurteil. In Russland kann man diesen vorübergehenden Status direkt beantragen, ohne ein Asylverfahren durchlaufen zu haben.

Geholfen hat Edward Snowden der Anwalt Anatolij Kutscherena, Mitglied der Gesellschaftskammer beim Präsidenten. Er gilt als Mann des Kreml, hat Wahlkampf für Putin gemacht und war auch am Freitag bei dem Treffen mit Snowden am Flughafen. Kutscherena sagte im russischen Staatsfernsehen:

"Snowden hat so lange für die Entscheidung gebraucht, weil er unsere Gesetzgebung nicht verstanden hatte. Ich habe ihn noch zwei Mal getroffen, um ihm alles zu erklären. Er ist bald einen Monat im Transitbereich. Deshalb hat er sich für dieses Verfahren entschieden. Wenn er den Status bekommt, kann er sich in Russland frei bewegen, hier arbeiten und so weiter."

Eine befristete Aufenthaltsbefugnis gilt zwölf Monate und kann beliebig oft verlängert werden.

Ein Schritt, der viele Fragen offenlässt
Auch nach diesem lange angekündigten Schritt Snowdens bleiben Fragen. Der IT-Spezialist hatte noch am Freitag erklärt, er wolle nur solange in Russland bleiben, bis seine Weiterreise nach Lateinamerika möglich sei. Dort haben ihm mehrere Staaten politisches Asyl in Aussicht gestellt. Mit einem befristeten Aufenthaltsstatus darf er aber Russland gar nicht verlassen, erläutert Jelena Rjabinina. Sie betreut seit vielen Jahren Asylbewerber vor allem aus Zentralasien:

"Wenn Snowdens Antrag bewilligt wird, stellt die Migrationsbehörde ihm ein Dokument aus, das bestätigt, dass er in Russland geduldet ist. Dieses Papier berechtigt nicht dazu, die russische Staatsgrenze zu überschreiten. Wenn sich seine Pläne, nach Lateinamerika weiterzufliegen, nicht geändert haben, dann verstehe ich absolut nicht, was ihm der befristete Aufenthaltstitel bringen soll."

Snowden ist nach wie vor im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo. Nach Russland darf er erst dann einreisen, wenn sein Antrag formal bei der Migrationsbehörde angenommen ist. Bei den Flüchtlingen, die sie betreut, dauere dieses bürokratische Verfahren in der Regel ein bis zwei Wochen, sagt Jelena Rjabinina. Sie schließt nicht aus, dass es bei Snowden schneller geht.

Das Gleiche betrifft die Entscheidung über seinen Antrag. Gesetzlich sind dafür maximal drei Monate vorgesehen. Für Rjabinina ist klar:

"Ich weiß nicht, ob er das wollte oder nicht – aber Snowden hat sich vollständig in ein geopolitisches Spielzeug in den Händen der russischen Regierung verwandelt, und vielleicht nicht nur der russischen."
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