"Small World"

Gesehen von Hans-Ulrich Pönack · 15.12.2010
"Small World" ist die Verfilmung des Martin-Suter-Romans. Konrad (Gérard Depardieu) erkrankt an Alzheimer. Jeden Tag verliert er ein Stück mehr von seinem Gedächtnis.
"Small World" ist ein Film von Bruno Chiche. Der am 7. August 1966 geborene französische Regisseur, Drehbuch-Autor, Produzent und Schauspieler adaptiert hier den ersten Roman des Schweizer Bestseller-Autoren Martin Suter. Der Roman "Small World" stammt aus dem Jahr 1997, und für eine Verfilmung interessierte sich auch unser Star Götz George.

Auf einer Website von kino.de befindet sich sogar unter diesem Roman-/Filmtitel folgende Info: "Small World", mit Götz George; Regie: Götz George; Drehbuch: Götz George und Kristian Kühn; Produzent: Peter Herrmann. Was es mit diesem "Film" auf sich hat, war nicht zu ermitteln.
Jedenfalls bekommen wir es jetzt hier, bei der Erstverfilmung dieses großartigen Martin-Suter-Romans, vor allem mit Gerard Depardieu zu tun.

Der französische Spitzenstar spielt hier den 60-jährigen Konrad - Konrad Lang. Der in der großbürgerlichen reichen Industriellenfamilie Senn auf einem riesigen Anwesen aufwächst und heute als eine Art Hausmeister mit Familienanschluss fungiert. Als er das Landhaus der Herrschaft unbewusst abfackelt, steht dies im Zusammenhang mit ersten Alzheimer-Schüben.

Doch die resolute, dominante Patriarchin Elvira Senn (Francoise Fabian) weigert sich vehement, ihn in ein Heim einweisen zu lassen. Man riecht es von Anfang an, irgendetwas stimmt hier nicht. Und das hat offensichtlich mit der Vergangenheit, mit der Kindheit von Konrad, zu tun, an die sich Konrad noch ganz präzise erinnert.

Er war damals sehr eng mit dem Sohn der Familie - mit Thomas - befreundet . Was aber ist damals noch passiert? Und wieso wurden die Senns eine Art "Ersatzfamilie" für den jetzt immer mehr verwirrten Konrad? Der alternde Freigeist sieht sich plötzlich "Interessenten" gegenüber, die es nicht immer gut mit ihm meinen. Was die neu eingeheiratete Simone (Alexandra Maria Lara) zu einer Art Seelenverwandten von Konrad werden lässt, die "unkonventionelle" Recherchen anzustellen beginnt. Mit weitreichenden Folgen.

Eine Literaturverfilmung, bei dem der Roman in seiner spannenden Struktur, in seinen Verwicklungen, Geschehnissen und Auflösungen, weitaus brillanter ist als die Leinwand-Adaption. Die setzt im Grunde auf eine einzige Dynamik, die allerdings auch bestens funktioniert: Gerard. Der ist auch als pfundiger "Weichei-Riese" ein Naturereignis. Wie er diesen vom Leben gebeutelten Kerl behutsam, sensibel, eindringlich wie bisweilen tragikomisch-kindlich interpretiert, ist eine Augen- wie Seelenweide. Dabei lässt er offen, ob er wirklich so zunehmend durchdrungen ist von "Lücken" oder ob ihm das zeitweise besser in den Kram passt hier. Bei dieser intriganten, mörderischen Bourgeoisie-Sippe.

Aus der ein Claude Chabrol sicherlich sehr viel spitzere, deutungsschärfere gemeine Motive und gefühlskalte Bewegungen genüsslich herausgekitzelt hätte. Bruno Chiche belässt es bei viel zu "diskreten", bemühten Andeutungen. Um dann zum Schluss wortlastig wie ziemlich pointenlos abzurechnen.

Nein, nein, Gerard Depardieu und die kurz "einfliegende" grandiose, charismatische Nathalie Baye als Elisabeth Senn zählen zu den herausragenden Trumpfkarten bei dieser verschachtelten, eleganten Rätselei. Bei der leider auch "unsere" deutsch-rumänische Alexandra Maria Lara (Hitlers Sekretärin Traudl Junge in "Der Untergang"/2004) wenig Wirkung verbreitet, neben Depardieu blässlich ausschaut/"schwächelt" und auch mit ihrer "patentierten Rehäugigkeit" ("Süddeutsche Zeitung") kaum "reizt", emotional wenig bewegt.

Der Film "Small World" präsentiert "nur" den darstellerischen Giganten Gerard Depardieu in leiser Bestform, sagenhaft-gut.

Frankreich/Deutschland 2010; Regie: Bruno Chiche; Darsteller: Gérard Depardieu, Alexandra Maria Lara, Françoise Fabian, Niels Arestrup, Nathalie Baye, Yannick Renier, Féodor Atkine, Olivier Claverie; Länge: 93 Minuten

Filmhomepage "Small World"
Mehr zum Thema