Auf den ersten Blick sieht Oswald, the Lucky Rabbit, der frühen Mickey Mouse zum Verwechseln ähnlich. Das freundliche Gesicht mit dem breit gezogenen Lächeln, die Stupsnase, der Körper ist schwarz – Hose und Mütze weiß. Etwas ungelenk versucht sich Oswald auf Schlittschuhen und hält sich nur mühsam auf den Beinen.

"Oswald war der erste Cartoon-Charakter, der wirklich über Persönlichkeit verfügte", schwärmt Justin Johnson vom Britischen Filminstitut. "

Walt Disney und sein Zeichner Ub Iwerks hatten Oswald 1927 kreiert, ein Jahr vor Mickey Mouse. Oswald, the Lucky Rabbit, wurde zu einer erfolgreichen Serie. Walt Disney forderte einen größeren Etat für die Trickanimation. Universal Film lehnte ab, man trennte sich im Streit, die Oswald-Rechte blieben bei Universal. In einer Trotzreaktion zeichnete er Oswald um, machte die Ohren kleiner und Mickey Mouse war geboren

"Sie haben mit Oswald angefangen?", fragt ein Reporter Walt Disney in einem seiner seltenen Interviews.

"Ja, 1927, und 1928 folgte dann Mickey Mouse", antwortet Disney.

Oswald und Mickey lebten zehn Jahre lang sozusagen in friedlicher Koexistenz. Oswald, the Lucky Rabbit, bleibt seinem widerspenstigen und frechen Charakter die Jahre über treu, Mickey Mouse dagegen nicht. Mickey Mouse legt das Rebellische ab, er wird zu einer familienkompatiblen Comicfigur. Oswald jagt anderen Frauen hinterher, während Mickey Mouse seiner Minnie treu bleibt.
Oswald blieb auch bis vor kurzem das Schicksal Mickeys erspart, fast bis zur Seelenlosigkeit vermarktet zu werden. Damit ist es aber vorbei, seit der Disney-Konzern 2006 die Rechte an Oswald von Universal zurückkaufte, der einst lustige Hase muss jetzt mit Laserstrahlen in Videospielen kämpfen.

1928 aber waren Oswald und Mickey noch unschuldig – der fast kindliche Spaß im wiederentdeckten "Sleigh bells", dem Schlittenläuten, macht den kurzen Streifen zu einem kleinen historischen Kino-Abenteuer.