Skelettierte Anmutungen des Familiären

Von Elisabeth Nehring · 17.11.2009
Die Familienaufstellung mit wechselnden Rollen, in die die amerikanische Choreographin Meg Stuart ihre sechs Performer hinein zwingt, bewegt sich auf der Negativ-Gefühlsskala von emotionalen Verstrickungen und Hierarchien, Unterdrückung, Angst, Anpassung und der vergeblichen Suche nach Nähe und Liebe.
Es gibt gescheiterte Kontaktversuche zwischen Partnern, die Körper zu Fragezeichen werden lassen, zu Abbildern vollkommener Rat- und Hilflosigkeit; Begegnungen von sich selbst und anderen entfremdeten Personen, die sich scheinbar ohne inneren Widerstand, gleichsam spannungs- und orientierungslos vor- und zurückbewegen. Gegenseitige Provokationen, in denen die sorgsam zurückgehaltenen Extreme von Wut und Auflehnung sich von innen nach außen kehren. In der Schwebe gehaltene Beziehungen: sind die beiden auf der Bühne Partner oder Mutter und Sohn?

Neben dem Hauch des Inzestiösen und dem grundsätzlichen Scheitern von Kommunikation gibt es aufflackernde, fast skelettierte Anmutungen des Familiären: das Zusammensitzen am Tisch, Familienfoto, Picknick, Party – wo immer sich die Performer zur Gemeinschaft zusammenfinden, zerfällt das Bild, ohne dass es je richtig gelebt hätte.

Im Einzelnen funktioniert das gut, Stuarts großartige Tänzer sind Meister fragmentarisierter Gefühlsbewegungen. Im Ganzen aber zieht sich der zweistündige Abend zäh in die Länge, Hahn Rowes undifferenzierte Musiksoße sediert die Wahrnehmung und auch Stuarts Choreographie verpasst Fokussierung, Konzentration und Dynamik; tragikomische, skurrile, bisweilen slapstickhafte Momente formen nicht gerade die eindrücklichsten Szenarien in diesem trostlosen Tanzstück.