Sitzstreik im Nirgendwo

Wenn die Flucht im hohen Norden endet

Polarlicht ist am 02.02.2012 am Himmel über dem kleinen Dorf Anttis in Lappland in Nordschweden zu sehen. Die Leuchterscheinung (Elektrometeor) entsteht durch das Auftreffen geladener Teilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre in den Polargebieten.
Schön für den Urlaub - aber möchte man dort leben? © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Von Carsten Vick · 29.10.2015
Eine Gruppe syrischer und irakischer Flüchtlinge ist nach Nordschweden gebracht worden. Doch dort ist es dunkel, bis zu minus 30 Grad kalt - und sehr einsam. Und so traten sie kurzerhand in einen Sitzstreik.
Es sieht idyllisch aus im kleinen Dorf Limedsforsen – unweit der norwegischen Grenze. Hier gibt es Bären, Elche, endlose Waldlandschaften und Blockhütten für Touristen.
Es kann aber auch ganz schön einsam sein, dunkel und kalt – im Winter sinken die Temperaturen schon mal auf minus 30 Grad. Für die 60 Flüchtlinge – aus Syrien und dem Irak – keine angenehme Vorstellung:

"Sie haben uns gesagt, dass wir hier leben sollen", so diese Syrerin im schwedischen Fernsehen, "aber das ist für keinen von uns zumutbar. Wir haben Kinder, eine schwangere Frau – es ist einfach zu kalt."

"Wir können hier nicht bleiben, keine Geschäfte, keine Ärzte, keine Schulen."
Und so weigerten sich einige der Neuankömmlinge, beschlossen einen Sitzstreik und blieben im Bus. Die nächstgrößere Stadt ist dutzende Kilometer entfernt – Geschäfte nur per Fußmarsch in 20 Minuten zu erreichen.
Beängstigende Einsamkeit
"Und zur nächsten Busstation ist es sogar noch etwas weiter."
"25 Minuten Fußweg, um die Haltestelle zu erreichen."
Kurt Podgorski, zuständig für die Flüchtlinge in der dortigen Gemeinde zeigt durchaus Verständnis:
"Das sind ja Menschen aus ganz anderen Kulturen. Wenn man aus einem Ort mit sehr vielen Menschen kommt, dann kann diese Einsamkeit schon etwas beängstigend sein."
Zehntaussende Flüchtlinge hat Schweden in den vergangenen Monaten bereits aufgenommen, mit insgesamt fast 200.000 Asylbewerbern rechnet man in diesem Jahr. Kein anderes Land in Europa nimmt – gemessen an der Einwohnerzahl - nur annähernd so viele Menschen auf. Aber auch Schweden stößt, nach Information der Migrationsbehörde, bei der Aufnahme von Flüchtlingen an seine Grenzen.
"Auf lange Sicht brauchen wir mehr Menschen in ganz Schweden, ganz besonders in unserer Region. Uns wäre also sehr geholfen – wenn es – von Anfang an – alles besser geplant wäre."
Die 60 Flüchtlinge aus Syrien und aus dem Irak müssen sich an ihre neue Umgebung wohl gewöhnen – auch wenn einige lieber nach Deutschland oder in belebtere Gebiete in Schweden gebracht worden wären.

"Wir haben gefragt, ob sie uns dahin bringen können, wo wir herkommen. Sie haben 'Nein' gesagt, - wir sollen hier bleiben."
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