Sind die fetten Jahre vorbei? - Die Zukunft der Rente

Moderation: Dieter Kassel · 29.09.2012
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat mit der Warnung vor "millionenfacher Altersarmut" und ihrem Vorstoß einer Zusatzrente die Rentendiskussion neu entfacht. Ein Jahr vor der Bundestagswahl überbieten sich die Parteien mit Vorschlägen. Die Bürger sehen unterdessen schwarz.
Laut ARD-Deutschland-Trend hat ein Drittel der Erwerbstätigen Angst vor Armut im Alter. Für die Zuschussrente spricht sich ein Drittel der Befragten aus, 40 Prozent sind für die Einführung einer Mindestrente.

Reinhold Schnabel, Finanzwissenschaftler und Rentenexperte von der Universität Duisburg-Essen beobachtet den aktuellen Ideenwettbewerb mit Skepsis:

"Es ist falsch von Frau von der Leyen, solche Hektik zu machen. Wir haben 20 Millionen Rentner und zehn Millionen Menschen, die kurz davor stehen. Das ist natürlich eine große Gruppe. Im Moment ist Altersarmut kein großes Problem in Deutschland. Altersarmut ist unter den Alten genauso verbreitet wie unter den Jungen. Die Sorge ist die: Was passiert in den nächsten 20 Jahren? Aber da sage ich: Was immer auch passiert: Man darf keine Panik machen. Im Umlagesystem sind alle Reformen enthalten, zum Beispiel die Komponente zur Erhöhung von Niedrigrenten. Man muss da sachlich rangehen, fundiert. Das muss nicht heute entschieden werden."

Dagegen hält es der rentenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Wolfgang Strengmann-Kuhn, für richtig, dass von der Leyen das Thema angeht:

"Das, was sie aber selber vorschlägt, ist keine ausreichende Lösung. Und wie sie drangeht, ist gelinde gesagt hochproblematisch und unglaublich bürokratisch. Was wir brauchen, ist ein transparentes Mindestniveau in der Rente, was zu einer Akzeptanz des Rentensystems führt."

Sein Vorschlag: Eine "Bürgerversicherung", in die alle einzahlen, auch Selbständige und Beamte:

"Alle Menschen, die mindestens 30 Jahre Mitglied der Rentenversicherung waren, sollen eine Garantierente in Höhe von mindestens 850 Euro erhalten. Die Garantierente soll aus Steuermitteln finanziert werden. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Es kann nicht sein, dass der Schutz vor Armut allein von den Mitgliedern der Rentenversicherung finanziert wird."

"Wie wollen Sie das finanzieren, in den Zeiten, wo wir immer weniger Junge und immer mehr Alte haben?" entgegnet der Finanzwissenschaftler Reinhold Schnabel:

"Die Rente ist sicher im Umlageverfahren, wenn Leute wie Strengmann-Kuhn die Rente ändern, ist sie es nicht mehr. So werden die Leistungen der Menschen, die eingezahlt haben, missachtet."

"Sind die fetten Jahre vorbei? – Die Zukunft der Rente"
Darüber diskutiert Dieter Kassel gemeinsam mit Reinhold Schnabel und Wolfgang Strengmann-Kuhn. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen im Internet:
Über Prof. Dr. Reinhold Schnabel
Über Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn