Sigrid Maurer kämpft gegen sexuelle Belästigung im Netz

"Es ist notwendig, solche Leute manchmal an den Pranger zu stellen"

14:09 Minuten
Die ehemalige Grüne Nationalratsabgeordnete Sigrid Maurer bei einer Pressekonferenz zum Thema Hass im Netz in Wien am 15.10.2018
"Ich habe absolut kein Mitleid mit dem mutmaßlichen Verfasser dieser Nachrichten", sagt Sigrid Maurer auf der re:publica 2019. © imago / Eibner Europa
Sigrid Maurer im Gespräch mit Christine Watty · 07.05.2019
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"Kleine, dreckige Bitch" stand in der Nachricht, die Sigrid Maurer in ihrem Postfach fand. Statt sie zu ignorieren, postete sie einen Screenshot. Der mutmaßliche Täter verklagte sie und ein Gericht gab ihm Recht. Nun wird der Fall neu geprüft.
Auf ihrem Weg zur Arbeit musste Sigrid Maurer täglich an einer Wiener Kneipe vorbei. Dann landete eines Tages diese Nachricht in ihrem Facebook-Postfach: "Hallo! Du bist heute an meinem Geschäft vorbeigegangen und hast auf meinen Schwanz geguckt, als wolltest du ihn essen." Für Maurer war klar, der Account gehörte dem Wirt. Statt zu schweigen, entschied sie sich, die Nachricht mit dem Namen des Mannes zu veröffentlichen.
"Ich habe das deshalb gemacht, weil ich keine rechtliche Handhabe dagegen hatte", erklärt Sigrid Maurer. "Es war meine einzige Möglichkeit mich dagegen zu wehren." Ihr sei es darum gegangen ein Exempel zu statuieren.
Im Netz und in der österreichischen Gesellschaft sorgte Maurers Post für Aufsehen und entfachte eine Diskussion über sexuelle Belästigung im Internet.

Verklagt wegen übler Nachrede

"Die Unterstützung ist so extrem breit, dass ich das Gefühl habe, eine gewisse Verantwortung zu tragen, das für all die anderen Betroffenen durchzufighten", sagt Sigrid Maurer.
Während die einen Maurers Mut bewunderten, verklagte der Wirt sie wegen übler Nachrede. Er habe behauptet, die Nachricht nicht geschrieben zu haben, erklärt Maurer. Andere Personen hätten Zugang zu seinem Computer und Facebook-Account gehabt.
Das Gericht urteilte, dass Sigrid Maurer gegen ihre journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen habe: "Der Richter meint, ich hätte nachfragen müssen, ob er es wirklich selber war."

Maurer will ein Exempel statuieren

Der Fall wird nun erneut geprüft. Sigrid Maurer ist zuversichtlich, dass sie freigesprochen wird. Einige Menschen hätten von ihr verlangt, mit dem Wirt ein Bier zu trinken und sich mit ihm auszusprechen.
"Für die Versöhnung und die Belehrung und die Aufklärung und das Verzeihen sind dann auch immer die Frauen zuständig – und das sehe ich überhaupt nicht ein. Es wird gerichtlich geklärt."
Von dem Urteil erhofft sich Sigrid Maurer auch eine rechtliche Handhabung für ähnliche Fälle sexueller Belästigung.
"Das letzte Jahr und die Debatte bestätigt mir umso mehr, dass die Diskussion notwendig war. Und dass es auch notwendig ist, solche Leute manchmal an den Pranger zu stellen. Sonst ändert sich nie etwas."
(mwl)
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