"Sie sind mutig, weil ihr Leben nichts wert ist"

Von Ulrike Klausmann · 28.05.2012
Armut und Chaos allein können den rasanten Aufstieg der somalischen Piraterie nicht erklären. Es handelt sich um organisiertes Verbrechen, das vom Clansystem begünstigt wird. Von den Lösegeldern profitieren hauptsächlich anonyme Hintermänner. Der Blick auf die Geschichte zeigt, dass Kaperei und Piratenbekämpfung immer wieder politisch instrumentalisiert wurden.
Im April 2010 wurde das deutsche Containerschiff Taipan von somalischen Piraten überfallen. Durch die Besonnenheit des Kapitäns und den schnellen Zugriff eines niederländischen Marinebootes von der europäischen Antipiratenmission ATALANTA konnte die Entführung verhindert werden.

In Hamburg wurde der Prozess gegen die Seeräuber eröffnet. Der Jüngste war 16, als er das Schiff enterte. Seine Lebensgeschichte wirft ein Licht auf die Zustände im von Bürgerkrieg und Hunger zermürbten Land am Horn von Afrika.

Doch Armut und Chaos allein können den rasanten Aufstieg der somalischen Piraterie nicht erklären. Es handelt sich um organisiertes Verbrechen, das vom Clansystem begünstigt wird. Von den Lösegeldern in Millionenhöhe profitieren hauptsächlich anonyme Hintermänner in Nairobi, Dubai, London oder anderswo.

Auch die Helden der berühmten ‘Piratenrunde’, die im 17. und 18. Jahrhundert die Meere unsicher machten, waren keine Sozialrebellen, wie sie in Büchern, Balladen und Filmen oft dargestellt werden, sondern überwiegend kühl kalkulierende Geschäftsleute, die dem Kolonialismus und der Vormachtstellung europäischer Handelsmächte in der Welt den Weg bereiteten.

Der Blick auf die Geschichte zeigt, dass Kaperei und Piratenbekämpfung immer wieder politisch instrumentalisiert wurden.