Sicheres Bauen, sicheres Bewahren

Von Claudia Sanders · 24.06.2009
Knapp drei Monate nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs haben Experten auf einer Tagung beraten, welche Bauvorschriften zukünftig für Archivbauten gelten sollen. Auf der Tagesordnung fehlte jedoch die wichtige Frage, wie zukünftig die Bauaufsicht geführt werden soll. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers beantwortete sie nur indirekt.
Jürgen Rüttgers: "Ich erinnere mich daran, als ob es gestern gewesen wäre."

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist immer noch sichtlich berührt. Als das Kölner Stadtarchiv Anfang März in einer Erspalte versank und nur Trümmer und Qualmwolken übrig blieben, hielten nicht nur in Köln die Menschen den Atem an. Zwei Menschen starben damals. Und es sah so aus, als ob die wertvollen Dokumente und Unterlagen dese Archivs verloren schienen

Jürgen Rüttgers: "Unter den Trümmern des Archivs war nicht nur das Gedächtnis der Stadt Köln, sondern des Rheinlandes und darüber hinaus begraben."

80 Prozent der Dokumente konnten immerhin bis jetzt gerettet werden. Mit einem aufwändigen Verfahren werden die Dokumente und Unterlagen gesäubert und getrocknet, indem sie erst eingefroren werden. Wie lange das insgesamt noch dauert, wusste allerdings bei der heutigen Expertentagung in Köln noch keiner abschließend zu beantworten. Die Fachleute, die auch aus dem Ausland angereist waren, zerbrachen sich in erster Linie darüber den Kopf, wie historisches Material in Zukunft gelagert und verpackt sein sollte, damit eine Katastrophe ähnlichen Ausmaßes verhindert werden kann.

Kein Tagesordnungspunkt, aber ein nicht weniger wichtiges Thema ist die Frage, welche baurechtlichen Dinge beachtet werden müssen. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers fasst die Stimmung im Land zusammen:

"Die Bürgerinnen und Bürger haben Angst, sie fragen sich, sind Großbauten, die vor meiner Haustüre stattfinden, sicher?"

Denn eines ist mittlerweile unstrittig, wie Jürgen Rüttgers vor den versammelten Experten erklärte: Beim Bau der Kölner U-Bahn sei einiges "gewaltig schief gelaufen":

"Die Bauaufsicht muss auf den Prüfstand und zwar in Gänze. Die Themen liegen auf der Hand: Stimmt das Verfahren? Sind die Aufgaben richtig zugeordnet? Ist an den richtigen Stellen Personal vorhanden damit dieses Aufgaben wirkungsvoll und verantwortungsvoll wahrgenommen werden?"

Bundes- und Landesgesetze regeln, wer die Bauaufsicht bei solchen Projekten führt. Im konkreten Fall ist das die Düsseldorfer Bezirksregierung, die mit keiner Handvoll Personal so für gesamt Nordrhein-Westfalen zuständig ist. Die Bezirksregierung wiederum darf - auch das ganz legal - die Bauaufsicht delegieren. Beim Bau der Kölner U-Bahn waren die privatwirtschaftlichen Verkehrsbetriebe KVB also gleich zweifach aktiv: Als Ausführende und als Bauaufsicht. Drei Wochen nach dem Kölner Unglück lag dazu der erste Antrag im Landtag vor, von Bündnis90/Die Grünen, mit der Überschrift "Landesregierung muss gegen organisierte Verantwortungslosigkeit beim U-Bahn-Bau vorgehen. "

Auch Ministerpräsident Jürgen Rüttgers scheint nun die Notwendigkeit zum Handeln zu sehen:

"Bauaufsicht und Baudurchführung müssen nach meiner Ansicht voneinander getrennt werden. Und wenn in der Bauaufsicht zusätzliches Personal erforderlich ist, dann müssen wir das sicherstellen."

Allerdings schränkt er auch gleich ein:

"Ich sage ausdrücklich: Es ist ein persönlicher Eindruck."

Die Ergebnisse des heutigen Expertentreffens sollen morgen vorgestellt werden. In der kommenden Wochen befasst sich der Kölner Rat dann mit der Frage, wo ein neues Stadtarchiv entstehen könnte. Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma verweist schon einmal darauf, von wem die Stadt dann Hilfe benötigt:

"Das geht nicht ohne die große Unterstützung des Landes und des Bundes und wir müssen auch auf die Unterstützung der EU hoffen."

Wie die genauen baurechtlichen Vorschriften dann aussehen sollen, das wird die Politiker auf Landesebene aber wohl noch eine geraume Zeit beschäftigen.