Shortlist Internationaler HKW-Literaturpreis

Geschichten aus einer Welt vor der Pandemie

09:07 Minuten
Ein Bücherstapel. Zu sehen sind die Buchrücken der Bücher, die es auf die Shortlist zum Internationalen Literaturpreis 2021 - Haus der Kulturen der Welt geschafft haben.
"Ein weites Themenspektrum rund um die Welt" – diese Bücher haben es auf die Shortlist geschafft. © HKW / Silke Briel
Verena Lueken im Gespräch mit Britta Bürger · 20.05.2021
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Sechs Bücher sind final für den "Internationalen Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt" nominiert. FAZ-Autorin und Jury-Mitglied Verena Lueken fand die Diskussion um die Werke "beglückend" und kann jedes einzelne davon wärmstens empfehlen.
Der "Internationale Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt" hat durch seinen doppelten Fokus in der deutschen Preislandschaft eine Sonderstellung: Es wird ein Werk der internationalen Gegenwartsliteratur ausgezeichnet – und das explizit in seiner deutschen Erstübersetzung. Damit wird sowohl das Original gewürdigt als auch die Vermittlungsleistung der literarischen Übersetzung.
Der Preis wird am 30. Juni im Haus der Kulturen der Welt zum 13. Mal verliehen. Die sechs Finalisten stehen nun fest.
Reise um die Welt in sechs Büchern
Die Texte führten rund um die Welt, nach China, Sibirien, New York, Kopenhagen, Mexikos Strände und Pariser Banlieues, erzählt FAZ-Autorin und Jury-Mitglied Verena Lueken. Außerordentlich findet sie, dass alle Autorinnen und Autoren über quasi-präpandemische Wirklichkeiten geschrieben hätten.
"Sie schreiben aus einer Welt zu uns, die in dieser Form gar nicht mehr da ist, niemand schreibt über Epidemien. Keines dieser Bücher kann ausdrücklich auf Relevanz oder Aktualität hin geschrieben sein." Lueken betont, dass sie das positiv meine: Sie habe sich manchmal gefragt, wie diese Bücher es schafften, sie trotzdem "derartig zu packen".

Ein starker Jahrgang und eine einmütige Jury

Das Themenspektrum sei weit. "Wetter" von Jenny Offill verhandele die drohende Klimakatstrophe. "Die jüngste Tochter" von Fatima Daas sei eine Coming-Out-Geschichte einer lesbischen Muslima in Paris, das Buch "Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen" von Ava Farmehri eine Abrechnung mit dem Mullah-Staat im Iran.
Nastassja Martin schreibt mit "An das Wilde glauben" über den Forschungsunfall einer Anthropologin in Sibirien; "Weiches Begräbnis" von Fang Fang) erzählt von den Verwerfungen der Bodenreform unter Mao. "Nach der Sonne" von Jonas Eika erzählt Geschichten von Habenichtsen und Wohlbetuchten, von Grenzen und Widerstand im Kapitalismus.
Bei der Auswahl der sechs Titel habe man in diesem Jahr erstaunlich wenig gestritten. Die Diskussionen seien "beglückend" gewesen: "Alle finden alle Bücher richtig toll." Das vorherrschende Gefühl sei eher gewesen, wie traurig es sei, andere Werke aussortieren zu müssen. "Wir hatten so viele großartige Bücher."

Shortlist Internationaler Literaturpreis - Haus der Kulturen der Welt
Leseproben aus den sechs Büchern gelesen von Niels Bormann, Zeynep Bozbay, Banafshe Hourmazdi, Tina Pfurr, Benjamin Radjaipour und Irina Sulaver mit dem Haus der Kulturen der Welt als Lesebühne.

(rja)
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