Serie "Zwischen Algorithmus und Sehnsucht"

Warum wir an Romantik hängen

Themenbild: Ein Mann und eine Frau küssen sich.
Der moderne Großstädter will Romantik - und hat gleichzeitig Angst, die vielen anderen Möglichkeiten zu verpassen. © AFP / Foto: Martin Bureau
Der Autor Sven Hillenkamp im Gespräch mit Timo Grampes · 22.12.2014
Die romantische Liebe ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Doch sie bestimmt uns heute noch, allerdings unter verschärften Bedingungen: Ihre Sehnsucht kollidiert mit der flexiblen Arbeitswelt, Fernbeziehungen und den unendlichen Möglichkeiten, die das Internet bietet.
Eigentlich passt die romantische Liebe des 19. Jahrhunderts nicht mehr in unser 21., sagt der Autor und Journalist Sven Hillenkamp, der vor ein paar Jahren ein Buch darüber geschrieben hat: "Das Ende der Liebe". Trotzdem ketten wir uns an sie, wie Liebesschlösser an deutschen Brückenpfeilern. Wir wollen an die Liebe glauben. Und wir hören nicht auf, von ihr zu erzählen. Weil sie uns die Illusion von "dem Einen" oder "der Einen" vorgaukelt, wo in Wirklichkeit die unendlichen Möglichkeiten lauern, die wir alle entdecken wollen.
Liebe ist zur Norm geworden
Was haben die Herren Schlegel, Novalis und Co. nur angerichtet, als sie die Idee von diesem alles beherrschenden Gefühl, das Stand, Macht und Einflussgefälle überwindet, in der Philosophie und in der Literatur etablierten! Laut Sven Hillenkamp hat sich das, was in der Epoche der Romantik eine literarische Fiktion war, im 21. Jahrhundert strukturell verwirklicht: Liebesbeziehungen seien zur Norm geworden, doch die unendlichen Möglichkeiten der Partnersuche stellten den heutigen Menschen vor ein Dilemma: "Wir fangen an zu suchen, wir wollen wählen, wir vergleichen mit dieser Hydra in unserem Kopf. Und dem wird kein normaler Mensch mehr gerecht."
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