Serie "Wortewandel"

Intersektional

04:29 Minuten
Menschen, die höher in der Hierarchie stehen, lächeln auf unglücklichere Menschen hinunter.
In unserer Serie „Wortewandel – Sprache ohne Rassismus“ erklären Menschen, wie sie sich selbst bezeichnen und warum. © Imago / Ikon Images / Eva Bee
Eine Reihe von Noelle O'Brien-Coker · 06.07.2020
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Eine Frau kann rassistisch diskriminiert werden, und zugleich auch noch wegen ihres Geschlechts: Intersektionalität beschreibt die Überschneidung und Gleichzeitigkeit von verschiedenen Diskriminierungsformen. Der Begriff wird viel verwandt - aber auch kritisch gesehen.
Die Musikerin Gin Bali über die Frage, was intersektional für sie bedeutet:
"Gerade für mich als feministische Aktivistin ist Feminismus kein Feminismus, wenn er nicht intersektional ist. Intersektionale Aktivist*innen machen darauf aufmerksam, dass Diskriminierung nicht nur auf einer Ebene geschieht, sondern bei vielen Menschen auf vielen verschiedenen Ebenen. Menschen, die von Sexismus betroffen sind, können genauso auch von Rassismus und Klassismus betroffen sein und allen anderen Ismen."
Porträt von Gin Bali.
Gin Bali ist DJ, Produzentin, klassische Gitarristin und Veranstalterin in Wuppertal. Sie ist Gründerin und Leiterin des YAYA Künstlerinnen-Kollektivs und versteht sich als feministisch-intersektionale Aktivistin.© Noelle O'Brien-Coker
In dieser Folge der Serie "Wortewandel – Sprache ohne Rassismus" gibt es aber auch eine gewisse Skepsis in Bezug auf den dieses Mal verhandelten Begriff. Er werde geradezu inflationär verwendet, lautet eine Kritik.
Porträt von Miriam.
Miriam ist Studentin der Kultur- und Medienwissenschaften in Düsseldorf. In ihrer aktivistischen Arbeit beschäftigt sie sich vor allem mit der Repräsentation Schwarzer Menschen in Deutschland.© Noelle O'Brien-Coker
Die Studierende Miriam geht noch weiter:
"Der Gebrauch führt manchmal auch dazu, dass ich mich dann selber nicht mit diesem Begriff bezeichnen möchte. Ich will nicht in einen Topf geworfen werden mit Leuten, die das einfach so benutzen. Dann denke ich mir: Ich mache es lieber einfach und ich brauch dafür keine Begrifflichkeit. Was zum Beispiel da der Unterschied zum Schwarz-Sein für mich ist: Wenn ich mich als Schwarz bezeichne, ist es etwas, was Leute über mich sagen könnten, wo sie eine andere Begrifflichkeit verwenden würden. Bei Intersektionalität gibt’s nicht unbedingt eine andere Begrifflichkeit, da kann niemand kommen und sagen: Oh, du bist was auch immer ein negativer Begriff wäre oder das Gegenteil von intersektional. Ich sehe mich als Aktivistin und für mich ist es eine Kategorie der Arbeitsweise. Und ich brauche meine Arbeitsweise nicht kategorisiert, ich weiß, was ich machen möchte, und das reicht mir."
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