Serie "Gestalten!": E-Bikes

Die Generation der Hipster-Pedelecs rollt an

In Hamburg am Hafen fährt eine Familie mit ihren E-Bikes.
Das E-Bike ist drauf und dran, sich im Fahrrad-Lifestyle zu etablieren. © imago stock&people
Von Marietta Schwarz · 03.04.2018
E-Bikes sind praktisch, wenn mal die Puste ausgeht. Für viele Rad-Fans sind sie allerdings ein Graus: Reha-Fahrräder, die auch noch furchtbar aussehen. Aber stimmt das überhaupt noch? Marietta Schwarz hat bei der Berliner Fahrradschau das Design der neueren Bikes auf dem Markt überprüft.
Die Berliner Fahrradschau versteht sich als die "Haute Couture" der Fahrradkultur. Das ist natürlich eine lächerliche Bezeichnung, aber was sie wohl ausdrücken will ist, dass es hier ums Fahrradfahren als Lifestyle geht. Und das E-Bike ist drauf und dran, sich im Fahrrad-Lifestyle zu etablieren: Ein ganzes Messesegment ist ausschließlich der Elektro-Mobilität gewidmet.
Autorin: "Ich komme mit großen Vorurteilen, weil in meinem Kopf immer noch diese Generation ist: Akku wird irgendwie zwischen Sattelstrebe geklemmt hier irgendwo..."

Ein Rad für den Reha-Sport?

E-Bikes oder Pedelecs haben optisch ja das Problem, dass sie Zwitterwesen sind: Fahrräder, die Moped spielen: Voluminös, unförmig und schwer. Lange Zeit haftete ihnen das Image eines Reha-Fahrrads an, oder als Fortbewegungsmittel für diejenigen, die gerne sportlich wären.
Marie Schnur: "Das ist so der klassische Tiefeinsteiger, den wir haben" – "Tiefeinsteiger – ist auch bisschen für ältere Leute gemacht, oder? Sie lachen, ich meine es ernst!" – " Also wir haben natürlich vorrangig ein etwas älteres Publikum. Ich werde auch im Freundeskreis belächelt. Ach, E-Bike....!"
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Fahrrad oder Motorrad? E-Bikes haben etwas von beidem - und bekommen offenbar ein immer schickeres Design verpasst.© imago stock&people
Am Stand von HNF Nicolai, einer Firma aus Biesenthal in Brandenburg, führt Marie Schnur das Modell UD1 Unisex vor: Der Akku sitzt oben abnehmbar auf dem Unterrohr. Der Motor über dem Tretlager. Dem 25-Kilo-Fahrrad ein schlankes Aussehen zu geben, gelingt hier durch farbliche Absetzung nur bedingt. Wobei der Gestaltungswille deutlich erkennbar ist. Entschlossener finde ich da schon die sogenannte "Stadtmaschine" von HNF. In Mattschwarz strahlt sie Kraft und eine gewisse Aggression aus - der Akku ist ins armdicke Unterrohr integriert. Das ist die Lösung, an der viele Hersteller momentan arbeiten.

Immer raffiniertere Verstecke für die Akkus

Nebenan präsentiert sich der Antriebs-Hersteller Fazua mit Fahrradrahmen im Tarnlook. Auch hier dieses wahnsinnig dicke Unterrohr, das mit einem Türchen versehen ist: Klappe auf, und der Antrieb lässt sich zum Laden herausnehmen.
Lars Verstaen: "Man klickt dann mit einem Handgriff das Driveback – so heißt das bei uns – aus dem Unterrohr raus, und in dem Driveback ist dann zum einen der Motor und dann eben der Akku, der dann oben drauf sitzt."
Lars Verstaen von Fazua hält jetzt einen schwarzen Stab in der Hand, in den sind Akku-Einheit und Motor integriert, das ist das Besondere. Denn der Motor muss ja auch irgendwo am Fahrrad angebracht werden. Hier verschwindet auch er im Rahmen. Der dadurch aber ziemlich aufgebläht aussieht.
"Sieht immer so ein bisschen aus wie ein Schwangeren-Bauch, finde ich."
"Ja, richtig! Da muss sich noch einiges tun an der Batterie-Technologie, dass die kleiner werden."
Sagt Sander Prins vom niederländischen Hersteller Qwic. Diese Firma bietet Pedelec-Modelle an, bei denen das Akku-Paket als Quader unter dem Gepäckträger montiert ist. Ziemlich groß, aber mit ordentlich Reichweite. So bleibt der Rahmen schlank. Wäre ich Hollandrad-Fan und auf der Suche nach Motorantrieb, würde ich mich mit diesem Fahrrad nicht schämen.

Die Kundschaft wird jünger

An einigen Ständen – jenseits der E-Bikes – hört man, der Zenit der Haute-Couture-Fahrradschau sei überschritten. Der Markt für schicke Fahrräder scheint langsam gesättigt. Was sich auch daran zeigt, dass allerlei Zubehör-Schmieden anfangen, das minimalistische Single Speed Bike jetzt wieder mit Taschen und Extras zu beladen. Bescheuert. Anders bei den Pedelecs. Zur Zeit werden 600.000 bis 700.000 pro Jahr verkauft in Deutschland – und zwar vermehrt an jüngere Kundschaft.
"Das E-Bike soll ja im Prinzip kein Fahrrad ersetzen, sondern vielmehr ein Auto ersetzen."
Sagt Alex Kunde von Coboc. Alex steht vor einem schnittigen Single Speed Bike mit gebürstetem Alu-Rahmen und federleichtem Brooks-Sattel aus Kautschuk. Sprich: Vegan. Entwickelt wurde dieses E-Bike, das als solches kaum zu erkennen ist, von ehemaligen Fahrradkurieren mit Physikstudium.
"Ich sehe überhaupt keine Batterie! Ich vermute, die ist da innen drin, aber wie kommt die da raus?" – Alex Kunde: "Tauschen lässt sich der Akku im Servicefall über eine Rahmenöffnung, hier unten am Tretlager."

Ein Bike für knapp 4000 Euro

80 km weit kommt man mit einer Akku-Ladung. Danach hängt man das ganze Fahrrad an die Steckdose.
"Und Lademöglichkeiten gibt es im Wohnzimmer, auf der Terrasse, in der Garage, im Büro."
Die gibt es also auch: Hipster-Pedelecs, die so leicht und elegant sind, dass man sie stolz in die eigene Wohnung oder das Büro trägt. 13,7 kg wiegt das Coboc-Rad. Preis 3999 Euro. Draußen stehen lassen wäre auch zu gefährlich. Auf der Fahrradschau wurde auch ein neues Schloss aus Textil vorgestellt. Aber das ist eine andere Geschichte.
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