Serie: Frauen im Bauhaus – Die vergessenen Architektinnen

Architektur: "Von Anfang bis Schluss Männersache"

Ein Schwarz-Weiß-Porträt des Architekten Walter Gropius
Unter dem Direktor Walter Gropius war wie bei seinen Nachfolgern Meyer und van der Rohe die Architektur am Bauhaus Männersache, so Bauhistorikerin Isabel Bauer © imago / United Archives International
Isabel Bauer im Gespräch mit Vladimir Balzer · 10.01.2019
Es hat sie gegeben die Architektinnen am Bauhaus, aber sie standen nie im großen Rampenlicht. Unter ihnen waren Ursula Schneider und Hilde Reiss. Dennoch haben sie sich in der Architektur behauptet. Am Ende sogar mit einem kleinen Erfolg.
Zentral sei der eigentliche Architekturunterricht erst 1927 eingesetzt worden. Das sei einer der Gründe dafür gewesen, dass die Architektinnen am Bauhaus eher unbekannt geblieben sind, meint die Bauhistorikerin Isabel Bauer. Und "zum anderen war Architektur zwar schon im Gründungsmanifest zentral aber eigentlich von Anfang bis Schluss Männersache unter allen drei Direktoren." Von Walter Gropius über Hannes Meyer bis Mies van der Rohe.

Trotz Diplom noch ein Bauhaus-Studium

Dennoch haben sich einige durchsetzen können. Ursula Schneider, Jahrgang 1885, beispielsweise kam schon mit einem Diplom ans Bauhaus. "Das ist also ein Beispiel von einer Frau, die sich von einem erneuten Studium am Bauhaus – trotz Kleinkind, das sie da mitgenommen hat – noch mal eine Erweiterung ihrer professionellen Chancen versprochen hat", so Bauer.
Ursula Schneider suchte ihre Chancen und hatte zum Beispiel beim Wettbewerb von Velhagen und Klasing "Das Eigenhaus der Neuen Zeit, der Neuen Welt" einen Entwurf eingereicht. "Den wir aber bis heute nicht kennen." In der Regel habe sie aber in Büros gearbeitet und Bauleitungen übernommen, sagt Bauer. 1935 baute sie sich dann ein Haus für die eigene Familie in Berlin-Niederschönhausen. "Was aber nun so gar nicht an das Bauhaus erinnert zu der Zeit, zu der sie dort studierte, sondern eher an die frühen Weimaraner Entwürfe."

Flucht vor den Nazis nach New York

Eine weitere Bauhaus-Architektin war Hilde Reiss. 1909 geboren, kehrte sie nach ihrem Diplom am Bauhaus 1932 nach Berlin zurück, wo sie sowohl für ihren Onkel, als auch für einen anderen Architekten arbeitete. Wegen Druckens von Flugblättern gegen die Nazis verfolgt, flüchtete sie nach New York, wo ihr Vater als Journalist arbeitete. Dort konnte sie für "sehr moderne Architekten" tätig werden oder für Designer wie Norman Bel Geddes, erklärt die Bauhistorikerin.
Ihre erste Chance etwas zu bauen, habe sie 1936 bekommen, so Bauer. Ein Privathaus nördlich von New York in Pleasantville, "was wirklich auch sehr deutlich die Einflüsse des Bauhauses zeigt." Als dieses dann in den 1970er-Jahren zum Verkauf gestanden habe, hätte es aber "als viel zu modern und deshalb quasi als unverkäuflich" gegolten.

"Immer eine ausgesprochen prekäre Situation"

Später konnte sich Reiss in Kalifornien mit geliehenem Geld 1952 selbständig machen - "mit dem House of Today, einem ich sag jetzt mal avantgardistischen Einrichtungsgeschäft in Palo Alto." Und auch wenn es ab da für Reiss eine "finanzielle Erfolgsgeschichte" gewesen sei, sei es vorher doch "immer eine ausgesprochen prekäre Situation" gewesen, so Bauer.
(kpa)
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