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YouTube-Stars ApeCrime
"Wenn Du nicht ständig etwas bringst, stirbst Du"

Sie sind die Unterhaltungshelden für TV-Verweigerer: ApeCrime begeistern ihre Community auf YouTube mit Comedy und Musik und treten jetzt auch wieder bei den VideoDays in Köln auf. Im Interview verraten Andre Schiebler und Cengiz Dogrul von ApeCrime ihr Erfolgsrezept.

14.08.2014
    Jan Christoph Meyer (von links), Cengiz Dogrul und Andre Schiebler von ApeCrime posieren in der LanxessArena in Köln vor der Kamera
    Das Musik- und Comedy-Trio ApeCrime: Jan Christoph Meyer (von links), Cengiz Dogrul und Andre Schiebler (picture alliance/ dpa/ Horst Galuschka)
    Im Fernsehen schauen sie sich höchstens mal einen Film an, erzählen Andre Schiebler und Cengiz Dogrul von ApeCrime im Corso-Gespräch. Ansonsten hat das TV-Programm nicht viel zu bieten, finden die beiden YouTuber. Das Rad haben auch sie nicht neu erfunden, räumen sie ein. Aber die Musikvideos und Comedyclips auf ihrem YouTube-Kanal kann das Publikum schauen, wann es will und Zeit hat. Noch ein Unterschied zum herkömmlichen Fernsehen: "Wir interagieren mit dem Publikum, die Leute können Vorschläge für Videos machen, wir gehen darauf ein."
    Verdient YouTube besser an ApeCrime als die Jungs selbst? "Es ist ein fairer Share", sagt Andre Schiebler.

    Das Interview in voller Länge:
    Sigrid Fischer: Früher waren vielleicht Stefan Raab und noch früher Schmidt-Feuerstein für die Anarchie im Fernsehen zuständig, heute sind Y-Titty, LeFloid, Lancifer oder ApeCrime die Unterhaltungshelden für die TV-Verweigerer. Sie betreiben gewissermaßen ihren eigenen Channel im Internet, machen Comedy, parodieren oder singen auch eigene Songs, spielen Quizspiele, sowas wie Montagsmaler sieht man da, verwirren Passanten auf der Straße und – vor allen Dingen – filmen sich dabei. Und zu sehen ist das Ganze dann auf einer sehr häufig genutzten Videoplattform. Deshalb nennt man sie dann auch alle zusammen die Youtuber. Am Samstag treten mehrere von ihnen gegeneinander an bei den VideoDays in Köln. Und zwei sitzen jetzt bei mir im Studio, und zwar André Schiebler und Cengiz Drogrul von ApeCrime. Hallo, guten Tag!
    André Schiebler: Schönen guten Tag!
    Cengiz Drogrul: Hallo!
    Fischer: Ihr seid jetzt schuld daran, dass die jungen Menschen nicht mehr Fernsehen gucken. Sehe ich das richtig? Was ist so schlimm am Fernsehen?
    Schiebler: Na ja, vielleicht sind nicht wir schuld daran, sondern generell das Fernsehen.
    Drogrul: Ja.
    Schiebler: Also wenn ich Fernsehen schaue - mich stören viele Sachen daran. Zum Ersten: Ich kann nicht gucken, wann ich was möchte, ich muss mich nach einem Sendeplan richten. Das Internet bringt viele Vorteile mit sich.
    Drogrul: Ich glaube auch nicht, dass das Nachmittagsprogramm des Fernsehens viele Jugendliche anspricht. Also wenn ich überhaupt irgendwann mal fernsehen sollte, dann gucke ich immer nur abends die Filme an.
    "Ich kann es schauen, wann ich möchte und wann ich gerade Zeit habe"
    Fischer: Wenn ich mir natürlich Euren Kanal angucke, der ja irgendwie auch ein Fernsehprogramm ist – also so ganz weg vom Fernsehen ist es ja nicht: Also ihr spielt so Quizsendungen da, sitzt auf eurem Sofa zum Beispiel oder Ihr nehmt Leute auf der Straße hops. Die Klickzahlen sind gewissermaßen die Einschaltquoten. Und freitags und, ich glaube, sonntags gibt es die neuen ApeCrimes. Da warte ich ja dann genauso drauf wie auf den neuen "Tatort" auch, oder?
    Drogrul: Ja, eigentlich schon.
    Schiebler: Ja klar. Klar kommt dann immer wieder neuer Content und wir haben das Rad jetzt auch mit den vielen Formaten nicht neu erfunden. Aber wie gesagt, ich kann es schauen, wann ich möchte und wann ich gerade Zeit habe.
    Fischer: Ihr seid ja richtige Stars der Szene, ihr habt mit euren Abonnenten und Klickzahlen mehr Fans wahrscheinlich als so mancher Popstar, Showstar. Merkt ihr das nur an den Klickzahlen oder fühlt man sich auch irgendwie so?
    Drogrul: Also als richtiger Star oder so was würden wir uns jetzt nicht bezeichnen. Aber man merkt schon, wenn man in der Stadt unterwegs ist, dass einem viele Leute hinterher laufen und Autogramme, Fotos et cetera wollen.
    Schiebler: Klar, wenn man da an seinem Rechner sitzt, dann sind das irgendwo Zahlen. Zum Beispiel, wir haben jetzt 1,5 Millionen Abonnenten, da denkt man, krass viel, aber was das wirklich heißt, weiß man gar nicht. Und wie der Cengiz gerade schon sagte: Wenn man dann man durch die Stadt geht und man will eigentlich nur gerade ein paar Klamotten shoppen und plötzlich stehen zehn Leute um einen rum und wollen irgendwie Fotos und Autogramme, das ist natürlich dann was Neues. Und da wird man dann auch ein bisschen wach und denkt so, wow, ist ja doch schon ein bisschen größer, als man denkt.
    Interaktion mit dem Publikum
    Drogrul: Wahrscheinlich ist der Unterschied zwischen richtigen Stars und uns auch: Wir sind so ein bisschen greifbarer. Ich weiß jetzt nicht, wie das bei den anderen Stars ist, ob die Leute haben, die für die einkaufen, aber uns können die halt immer in der Stadt treffen et cetera.
    Schiebler: Und der größte Unterschied, denke ich, ist auch, dass wir mit unserem Publikum sehr stark interagieren.
    Drogrul: Genau.
    Schiebler: Wir chatten, wir gehen auf die ein, bei uns können die Leute sogar auch – das geht beim Fernsehen auch nicht so leicht – Einfluss auf die Formate nehmen, auf die Videos. Die können Vorschläge machen: Das und das war vielleicht nicht so gut, probiert doch das und das, das ist cool. Und dann gehen wir auch drauf ein und sagen: Hey, danke schön an den und den, da kam der Vorschlag, und ja, das setzen wir mal einfach um.
    Fischer: Wisst ihr selber, was das ist eigentlich, was die Leute toll an dem finden, was ihr macht?
    Schiebler: Also ich glaube, das ist das Wichtigste sowieso an der ganzen Youtube-Szene: Wir sind, wie wir sind. Wir verstellen uns nicht. Wir reden nicht anders vor der Kamera, als wir es privat tun. Und ich denke, das merkt man dann auch. Dann scheint der Humor einfach Anklang zu finden und man merkt, dass wir das mit Herz machen, mit Leidenschaft, und dem schaut man wohl dann gerne zu.
    Das Wichtigste auf YouTube ist Regelmäßigkeit
    Drogrul: Und das Wichtigste an Youtube ist sowieso Regelmäßigkeit. Also wenn du nicht regelmäßig irgendwas bringst, dann stirbst du.
    Fischer: Das Prinzip ist immer, wenn ich das verstehe, eigentlich: Ihr stellt euch da hin, Ihr macht da was, und andere gucken Euch dabei zu. Wie bei diesem Gronkh auch, der spielt ein Videospiel und die anderen gucken zu. Und Ihr macht Quatsch, sage ich jetzt mal, und die gucken Euch zu, oder?
    Schiebler: Also so leicht ist das natürlich auch nicht. Wir produzieren sehr hochwertig. Also wir haben, klar, Formate mit weniger Aufwand, aber wir können halt einfach auch so produzieren, dass man Highlights ganz locker im Fernsehen senden könnte von der Qualität her.
    Drogrul: Wird das ja teilweise auch.
    Schiebler: Ja, klar. Unsere Musikvideos laufen zum Beispiel auch auf Viva, MTV, das ist überhaupt kein Problem von der Qualität und von der Produktion her, das da zu senden. Von daher ist es nicht so, jeder stellt sich vor die Kamera, der jetzt irgendwie einen interessanten Charakter hat. Sondern man muss natürlich was können.
    Fischer: Was muss man können? Das interessiert mich jetzt.
    Schiebler: Also bei uns jetzt im Comedy-Bereich muss man natürlich ganz klassisch auch produzieren können, man muss wissen, was ist jetzt ein Achsensprung, wie nehme ich eine Szenerie vernünftig auf, wie leuchte ich aus – wie man halt, ich sage jetzt mal, einen Film oder so produziert. Das machen wir halt im abgespeckten Sinne auch, und das muss man halt können.
    Fischer: Habt ihr das gelernt? Also ich habe gelesen, Youtube bietet auch richtig für Leute wie euch so Seminare oder so Kurse an, wo man das lernen kann.
    Schiebler: Ja.
    Drogrul: Nein, also gelernt haben wir das nicht. Wir haben mal ein Semester lang Schauspielerei und Regie studiert, aber das haben wir eben für Youtube dann abgebrochen, weil wir gesehen haben: Wir haben nicht genug Zeit für unseren Traum. Und ja, wie gesagt, das haben wir dann abgebrochen.
    Schiebler: Aber wir haben auch noch einen vierten im Boot, den Cheng, das ist ein studierter Kameramann, und der ist super fit in allem.
    Fischer: Wie sieht es denn auf der anderen Seite aus? Also skriptet Ihr? Ich habe jetzt nicht so den Eindruck, dass da richtig ein Skript hinter steht und man sich pointiert irgendwie so Ideen macht.
    Schiebler: Also es kommt immer drauf an. Natürlich haben wir Sketche, die brauchen Vorbereitung. Dann muss überlegt werden: Wie setzen wir die Pointen? Wo ist jetzt was? Aber andere Formate wie, wir haben immer sonntags so eine Art Showformat, da hat man dann eine grobe Struktur drin und improvisiert dann komplett durch. Aber, ja, da kommt meistens sogar das Witzigere bei raus.
    Kurze Wege in der WG
    Fischer: Ihr wohnt ja auch noch zusammen, in einer WG.
    Drogrul: Genau.
    Fischer: Ist das vielleicht sogar wichtig dafür, dass das entstehen kann, oder würde das vielleicht gar nicht so gut gehen, wenn ihr einzeln wohnen würdet?
    Drogrul: Ja, auf jeden Fall. Also wir sehen uns seit ungefähr acht Jahren schon jeden Tag und das hat sich jetzt mittlerweile so gut entwickelt, dass wir aufeinander abgestimmt sind.
    Schiebler: Ja. Also ich denke schon, dass es auch sehr wichtig ist, wenn mal irgendwas ist mit Schnitt oder man hat ein kleines Problemchen, wo man jetzt erst so rumtelefonieren müsste, geht man halt schnell ins Nebenzimmer und klärt das schnell, bevor man jetzt sagt: Lass uns jetzt morgen 13 Uhr da und da treffen. Da gehst du schnell ins andere Zimmer rüber. Und das tut der Freundschaft natürlich auch super gut.
    Drogrul: Aber man muss natürlich auch sagen, das funktioniert halt nicht bei jedem. Da muss man schon sehr lange für befreundet sein.
    Schiebler: Ja.
    Fischer: Das glaube ich wohl, und hoffentlich bleibt es dabei! Wie geht das jetzt auf der Bühne? Also diese VideoDays morgen, übermorgen in Köln, da tretet ihr in der Lanxess-Arena auf - 15.000 verkaufte Karten, glaube ich.
    Schiebler: Ja, genau, 15.
    Pyrotechnik für die VideoDays in Köln
    Fischer: Wie stelle ich mir denn jetzt vor, diese Clipgeschichten auf die Bühne zu übertragen? Was macht ihr denn dann da?
    Schiebler: Wir erschrecken uns auch jedes Jahr wieder, wenn man dann da irgendwie vor der Bühne steht und dann sind da nicht Zahlen, sondern dann wirklich Leute, in dem Fall jetzt am Wochenende 15.000. Und da muss man natürlich auch eine gute Show bieten. Wir haben etliche tausend Euro jetzt in zum Beispiel Pyrotechnik gesteckt, dass man da wirklich auch ein paar geile Visuals hat, und da muss man natürlich auch gut performen.
    Drogrul: Unsere Sketche übertragen wir natürlich nicht auf die Bühne. Wir sind jetzt keine Stand-up-Comedians.
    Fischer: Macht ihr dann eher eure Songs oder was?
    Drogrul: Genau, unsere Songs performen wir da dann.
    Fischer: Jetzt mal so eine Frage, die euch vielleicht nicht so gefällt, aber mich interessiert die: Wer verdient denn wohl mehr an euch, Google, Youtube oder ihr?
    Schiebler: Ist eigentlich ein fairer Share.
    Drogrul: Ja, ich glaube, ...
    Schiebler: Gleich.
    Drogrul: Ich habe jetzt keine genaue Zahl.
    Schiebler: Also das ist jetzt nicht so, dass Google jetzt sich 90 Prozent der Einnahmen nimmt und wir kriegen irgendwie zehn oder so, sondern das ist einfach ein fairer Share.
    Geben und Nehmen mit Google
    Fischer: Auf der anderen Seite, Google ist natürlich so ein Konzern, wie gesagt – die werden immer reicher und milliardenschwerer, zahlen kaum Steuern, da, wo sie sind. Das wäre so eine Sache, die würde mich so stören, wenn ich von denen so abhängig wäre. Stört euch das nicht?
    Schiebler: Ja, es ist ein Geben und Nehmen. Ich meine, wenn es jetzt keine professionellen Web-Videomacher geben würde, hätte Google oder beziehungsweise dann Youtube in dem Fall auch keinen guten Webcontent. Wo sollen die denn dann Werbung vorschalten, wenn jetzt nicht da ApeCrime oder Y-Titty oder LeFloid sind, die halt ein paar Millionen Klicks machen?
    Drogrul: Aber Google hat halt zu uns selbst auch gesagt: Macht euch nicht abhängig von Youtube beziehungsweise von uns, und hat auch eben gesagt, dass wir uns nach anderen Quellen orientieren sollen.
    Fischer: Was könnte das sein?
    Drogrul: Zum Beispiel unsere Musik. Da steht dann aber wieder Apple hinter. Also es steht überall irgendwo wer hinter.
    Schiebler: Ja, irgendwo ist ja jeder am Ende der Kette abhängig.
    Fischer: Ich wollte gerade sagen, und es ist ja auch oft da Product-Placement drin oder eure Laptop-Logos sind im Bild. Ich hoffe, ihr handelt das dann auch noch mal ordentlich aus.
    Schiebler: Manches, ja. Natürlich kann man jetzt nicht jede Brand, die man trägt, ... Wie der Cengiz, der sitzt hier gerade auch mit ganz neuen Klamotten, da sind halt Marken drauf – da kannst du nicht immer überall einen Zettel drüber kleben.
    Drogrul: Ja. Also überall, wo jetzt eine Marke bei uns zu sehen ist, das ist kein Product-Placement. Also so ist das jetzt nicht.
    Fischer: Wie ist das denn mit dem Fernsehen? Ihr habt eben gesagt, das Fernsehen spielt ja auch manchmal Spots von euch. Ihr müsst doch generell Angebote kriegen, die müssen doch ganz heiß drauf sein, Leute wie euch in ihre angeblich so jungen Programme zu kriegen?
    Schiebler: Ja, also wir hatten auch schon Angebote von Sendern, macht doch eine eigene Show bei uns, wir können da was zusammen machen. Aber wir sagen immer: Das Youtube-Ding, das ist halt immer unsere Lebensversicherung, das gehört uns. Wenn du beim Sender bist und da eine Sendung hast, dann bist du abhängig wieder komplett.
    Fischer: So, morgen, am Freitag, wollt ihr, ApeCrime, eine achtstündige Autogrammstunde abhalten.
    Schiebler: Ja, schauen wir mal.
    Fischer: In Köln. Dann schon mal viel Ausdauer dafür!
    Drogrul: Danke schön!
    Schiebler: Danke schön!
    Fischer: André Schiebler, Cengiz Drogrul, eure Fans wissen, wo sie euch finden.
    Schiebler: Ja, wir sitzen an den Außenringen der Lanxess-Arena.
    Fischer: Euch wünsche ich noch viel Erfolg!
    Drogrul: Tschüss, danke schön!
    Schiebler: Danke schön!
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