Selbstironische Kratzbürste und ein Dämon mit Hang zu Schokoriegeln

Vorgestellt von Anke Leweke · 15.10.2008
"Neulich in Belgien" zeigt auf augenzwinkernde Art die Geschichte einer Liebe zwischen einer nicht mehr ganz jungen, unfreiwillig alleinerziehenden Mutter und einem jüngeren Truckerfahrer, der sich als Charmeur alter Schule entpuppt. "Hellboy" ist ein skurriler Superheld, der der Hölle entstammt und mit seinem Image hadert.
"Neulich in Belgien"
Belgien 2008. Regie: Christophe van Rompaey. Mit: Barbara Sarafian, Jurgen Delnaet, Johan Heldenbergh. Farbe, 106 Min. FSK: ab 6 Jahre

"Verdammt. Wir haben vergessen, uns die Treuepunkte für das Toilettenpapier geben zu lassen." Ein Satz und eine Szene, und schon ist man mittendrin in einem anderen Leben. In einem Alltag, der alles andere als ungewöhnlich ist.

Zu Beginn von Christophe van Rompaeys Film, der in seiner Heimat Belgien ein großer Kritiker- und Kassenerfolg war, sieht man eine gestresste Frau mit Einkaufswagen und nervigen Kindern im Schlepptau beim Shoppen in einem neonbeleuchteten Supermarkt. Müde sieht ihr Gesicht aus, sorgsam studiert sie die Preise.

Matty ist Mitte vierzig, berufstätig, Mutter dreier Kinder, ihr Mann lebt seit mehreren Monaten mit einer Jüngeren zusammen und sie muss den Laden alleine schmeißen. Nicht zwangsläufig braucht das Kino große Bilder, um groß zu sein, manchmal reicht es auch, wenn ein Regisseur einfach bei seinen Figuren bleibt und sie bei der Bewältigung der so genannten Banalitäten des Alltags beobachtet.

Man lacht in diesem Film nicht über die Figuren, sondern mit ihnen. Mit einer gesunden Portion Selbstironie betrachtet Matty ihre vertrackte Situation und ist um keinen flotten Spruch verlegen. Das bekommt auch der Lastwagenfahrer Johnny zu spüren, der der Kratzbürste den Hof macht. "Neulich in Belgien" ist eine liebenswerte Komödie, um eine nicht mehr ganz junge Frau, die noch einmal die große Liebe ihres Lebens findet. Allzu gerne beobachten wir sie dabei.


Hellboy- Die Goldene Armee
USA 2008. Regie: Guillermo Del Toro Mit: Ron Perlman, Selma Blair, Doug Jones. Farbe, 120 Minuten. FSK: ab 12 Jahre

<im_47032>"Hellboy- Die Goldene Armee" (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_47032>In der letzten Zeit war immer wieder von Superhelden in der Krise die Rede. So musste sich Batman in seinem letzten Film "The Dark Knight" die Frage nach der Wahl der Waffen stellen. Welche Mittel sind gerade noch angemessen, wie viel Brutalität ist erlaubt? Wie weit darf man gehen, um den Gegner zu besiegen, ohne sich selbst mit ihnen gemein zu machen?

Doch das flexible und anpassungsfähige Superheldengenre hält einen neuen Typus bereit. Sie kennen sich aus in den Schattenwelten, sie kommen wie ihre Gegner von der dunklen Seite des Universums. Etwa Hellboy. Er durchschaut die Welt des Bösen, stammt er doch vom Satan ab. Aufgrund seiner Kenntnisse wird er vom FBI in der Abteilung Dämonenbekämpfung als Allzweckwaffe eingesetzt gegen paranormale Erscheinungen.

In seinem zweiten Leinwandabenteuer bekommt er es mit einem Prinzen aus vergangenen Zeiten zu tun, der mithilfe der Goldenen Armee der Menschheit den Krieg erklärt.

Die Handlung mag banal klingen, doch der Regisseur Guillermo del Toro kann wie kaum ein anderer Fantasyfiguren kreieren, die auch den Nicht-Fan des Genres beeindrucken. Sie lassen sie nicht in gut und böse einordnen. Sie können ihre Gestalt wechseln, es sind die letzten ihrer Art wie der grüne Waldgott, der mit seinen großen Ästen Manhattan zum Beben bringt. Oder sie sind klein und bösartig, und erinnern im Rudel an Piranhas zu Lande.

Und auch der Hellboy selbst ist eine eigenwillige Kreatur, er liebt Schokoladenriegel und kubanische Zigarren und betrinkt sich mit seinem Freund, dem Fischmenschen Abe Sabiens, nach getaner Arbeit.

Doch auch Hellboy muss eine Krise bewältigen. Er will von den Menschen bejubelt werden, doch stattdessen wird er wegen seines seltsamen Äußeren, seiner Teufelshörner und dem langen Schwanz, als Freak angesehen. Soll er der Beleidigungen zum Trotz, die Menschheit weiter retten?
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