Selbst-Optimierung mit Audio-Apps

Supereffizient mit dem richtigen Soundtrack?

25:28 Minuten
Ein Mann sitzt in einem Büro an seinem Laptop und hat Kopfhörer auf.
Vogelgezwitscher statt telefonierender Kollegen: Spezielle Playlists sollen störende Umgebungsgeräusche übertönen. © Unsplash / Austin Distel
Moderation: Shanli Anwar · 14.08.2019
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Bauarbeiten, laute Nachbarn, Regen. Manche Geräusche treiben uns zur Weißglut – oder sorgen für maximale Entspannung. Einige Anbieter haben deshalb Apps entwickelt, die angeblich für jede Lebenslage den passenden Soundtrack anbieten. Was macht das mit uns?
Produktivität steigern, optimal entspannen, um wieder fit zu sein fürs produktive Arbeiten - so in etwa geht eine Schleife, für die verschiedenste Anbieter mit Apps und Playlists auf YouTube, Spotify und so weiter Angebote liefern.
Playlists zur Optimierung von Arbeitsleistung und Chill out gibt es en masse. Ambitionierte Anbieter im Premium-Segment untermauern das mit Studien und wissenschaftlich anmutenden Erkenntnissen. Die App Endel für von einer KI generierte Entspannungsmusik erhielt neulich als erste ihrer Art einen "Plattenvertrag" mit Warner Music.
Eine junge Frau hört mit Kopfhörern Audios über ihr Handy.
Aufmunternde Songs bei Liebeskummern? Manchmal versuchen Playlist-Anbieter, die Stimmung der Nutzer zu beeinflussen. © Unsplash / Siddharth Bhogra
Dass Musik Wirkungen hat, weiß jeder. Aber nicht jeder weiß, welche Musik Massen von Menschen wann wo hören. Spotify weiß das. Musikdienstleister sammeln Daten und verfügen so über emotionsbezogene Datenmassen, mit denen Werbe-, Marketing- und Marken-Industrie zielgerichtet bedient werden können: detailliert vermessene Massenpsychologie. Wie sehen diese musikalischen Mood-Angebote genau aus? Was versprechen und was halten sie? Warum besteht Bedarf nach kuratierter Psychomusik? Und wer profitiert wie von den musikbezogenen Verhaltensinformationen, die die Anbieter erfassen?

Musik-Apps zur mentalen Optimierung:
Blätterrascheln statt Bauarbeiten

(von Paul Paulun)
Bauarbeiten, laute Nachbarn, bellende Hunde – manche Geräusche können nerven. Einige Firmen haben deshalb Apps entwickelt, die störende Umgebungsgeräusche durch positiv belegte Klänge zu übertönen: zum Beispiel durch Blätterrascheln, Regen, Filmmusik oder das Knistern eines Lagerfeuers.

Stimmungsgestaltung mit Sounds:
Wie die Industrie mit Playlists unser Verhalten ändern will

(Holger Schulze im Gespräch mit Shanli Anwar)
Meeresrauschen im Großraumbüro oder das beruhigende Blubbern einer Kaffeemaschine können störende Umgebungsgeräusche "maskieren" - und helfen, uns konzentriert einer Aufgabe zuzuwenden. Doch können bestimmte Soundtracks, wie sie beispielsweise die App Brain.fm anbietet, auch unsere Hirnfunktion verstärken und uns effizienter arbeiten lassen? "Da bin ich sehr skeptisch", sagt Holger Schulze, Professor für Musikwissenschaft und Spezialist für "Sound Studies". "Ich glaube, dass hier das wissenschaftliche Werbemittel stärker ist als der tatsächliche Effekt und natürlich auch viel Placebo dabei ist." Es sei eigentlich trivial, dass man in einer angenehmen Arbeitsatmosphäre auch besser arbeiten könne.
Welche Geräusche als angenehm und welche als Lärm wahrgenommen werden, ist kulturell und historisch geprägt. Um möglichst viele Nutzerdaten zu sammeln und zu analysieren, versuche Spotify uns die Musik zu servieren, von der das Unternehmen annimmt, wir bräuchten sie gerade. Denn, so Holger Schulze: "Je länger wir diese App mit uns herumtragen, um so mehr Daten lassen sich auswerten."

Spotify monetarisiert musikalisches Verhalten:
Bierwerbung zur Barbecue-Playlist

(von Esther Schelander)
Barbecue-Playlisten und aufmunternde Musik bei Liebeskummer - Spotify will den Userinnen und Usern für jede Lebenslage die passende Playlist anbieten und so weltweit einer der wichtigsten Anbieter für digitale Werbeanzeigen werden. Informationen wie - chillt gerade, hat Liebeskummer, pendelt in die Arbeit - sind für Werbeunternehmen enorm attraktiv. Der Konzern analysiert die Daten von aktuell 217 Millionen Usern und verkauft sie an Markenunternehmen.
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