"Sehr spektakuläre, imposante Bilder"

Von Vanja Budde |
Auf dem Darss in Mecklenburg-Vorpommern traten beim diesjährigen Naturfilm-Festival ein Dutzend Produktionen gegeneinander an. Den Jury-Preis erhielt "Das Kornfeld – Dschungel für einen Sommer" von Jan Haft. Der hatte sechs Spezialkameras im Einsatz. Seine Geräuschemacher haben Sonderschichten eingelegt.
Am Weststrand des Darss’ brechen sich die Ostseewellen auf schneeweißem Sand, über den Bodden fliegen in der Dämmerung tausende Kraniche zu ihren Schlafplätzen und im Darsser Forst röhren die Hirsche.

Gleichzeitig wuseln in den überfüllten Vorführsälen des Filmfestivals Erdmännchen und Pfeifhasen über die Leinwand. Haie kämpfen ums Überleben und Kragenbären kauern in Baumwipfeln. Und dann ist da noch dieses gruselige Tier:

" "In der Tiefe lauert ein unheimliches Wesen! Mit seinen hoch entwickelten Sinnesorganen, einer Art Sonarsystem, lokalisiert er die Bewegungen seiner Opfer auf weite Strecken. Und ein Dackel ist ein Opfer für diesen Räuber, der länger als zwei Meter ist und das breiteste Maul aller Süßwasserfische hat."

Der "Wels als Monster im Badesee", einer der wenigen Kandidaten für den Deutschen Naturfilmpreis, der nicht hauptsächlich auf die überwältigende Schönheit brillanter Natur-Bilder setzte. Der Film ging denn auch leer aus. Gewonnen hat dieser hier:

" "Das Kornfeld – nur eine Fläche, auf der Nahrungsmittel produziert werden? Oder ein Land voller Geheimnisse?"

Regisseur Jan Haft hatte für "Das Kornfeld – Dschungel für einen Sommer" bis zu sechs Spezialkameras im Einsatz und die Geräuschemacher haben Sonderschichten eingelegt.

Extreme Nahaufnahmen lassen Spinnen gigantisch wirken und jede Pore eines glänzenden Regenwurms erkennen. Vom Wind verwehter Blütenstaub eines Wiesengrases wirkt in Zeitlupe wie ein magischer Elfenschleier. Heldin von "Das Kornfeld" ist ein allein erziehendes Feldhamster-Weibchen, dessen halb verglaster Bau im Studio nachgebaut wurde.

" "Die meiste Zeit aber verbringen die halbstarken Hamsterchen mit Schlafen und – wahrscheinlich – mit Träumen."

Der Festival-Sieger ist ein typischer Vertreter gleich zweier Trends im deutschen Naturfilm: Heimische Themen und aufwändige Ausrüstung.
"Das Publikum verlangt ja immer mehr nach hoch brillanten Aufnahmen."

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Sagt Jury-Mitglied Vivian Vogel, als Kamera- und Tonfrau oft bei Tierfilmen dabei.

"Man hat heutzutage immer größere Fernseher zu Hause und schätzt natürlich auch ein exzellentes Bild. Und gerade beim "Kornfeld" sind es sehr spektakuläre, imposante Bilder, sehr effektvolle Bilder, die den Zuschauer fesseln und die einem auch ein Umfeld näher bringen, was man zwar vor der Haustür hat, was man aber dann mal auf eine andere Art und Weise sehen kann."

Das Naturfilmfestival wurde vor fünf Jahren zum 15-jährigen Bestehen des Nationalparks "Vorpommersche Boddenlandschaft" ins Leben gerufen. Es will die ganze Bandbreite des Tierfilms zeigen - vom ungetrübten Schwelgen bis zur aufrüttelnden Reportage. Das Schwelgen stand auch in diesem Jahr im Vordergrund. Die Vorauswahl aus etwa 40 Einreichungen spiegelt damit getreu das Genre wider:

"Der Tierfilm, zumindest in Deutschland, hat sich ein bisschen weg bewegt vom politischen Film."

Der Hamburger Filmemacher Thoralf Grospitz lauert zusammen mit seinem Partner Jens Westphalen seit fast 20 Jahren seltenen Tieren auf.

"Irgendwann hieß es, das langweilt, wenn ihr jedes Mal sagt, alles ist gefährdet und hier sind die Letzten ihrer Art. Der Zuschauer will es nicht mehr hören. Jetzt ist der Tierfilm relativ unkritisch."

Auch, weil mit modernster Kameratechnik und Hunderten von Drehtagen extrem aufwändig und teuer. 250.000 Euro und mehr Produktionskosten sind nur über möglichst internationale Kooperationen zu stemmen. Da wollen die Sender Quote sehen – und zur Primetime möglichst eine zweistellige.

"Seit 1300 Jahren gibt es die Kormoranfischerei am Nagara-Fluss. Die ‚Usho’ geben ihr Wissen nur an ihre Nachkommen weiter und so bleibt die Tradition innerhalb der Familie."

Eigens komponierte Musik und Christian Brückner als Sprecher: Grospitz und Westphalen waren beim Festival mit "Wildes Japan" dabei.

Ihren opulenten Bildern in HD-Qualität sieht man die Mühsal der monatelangen Dreharbeiten nicht an. "Wildes Japan" ist ein Kunstwerk, das auf den Raubbau an der Natur nur am Rande eingeht.

"Solche Filme gibt’s ja auch, zum Beispiel die das Thema Walfang in Japan beleuchten. Aber hier war es eindeutig so, dass wir uns auf das schöne Japan konzentriert haben, und die Leute für Tiere und Natur begeistern wollten. Und ich glaube auch, dass es auch eine Form von Naturschutz ist, wenn man das Schöne zeigt."