Schwimmunterricht an Berliner Grundschulen

Mehr als ein Seepferdchen

Ein Junge sitzt auf einem Sprungbrett.
"Manche Kinder haben einfach Höhenangst." © picture alliance / ZB / Sebastian Kahnert
Von Caroline Kuban · 09.07.2017
Schwimmen kann lebensrettend sein und hält gesund. Eigentlich kann man damit gar nicht früh genug beginnen, doch es gibt auch immer wieder Kinder, die nicht einmal ein Seepferdchen schaffen. An zwei Berliner Schulen arbeitet man dagegen an.
Dienstag Vormittag im städtischen Hallenbad Berlin-Charlottenburg. Sylvia Stäck, Sportlehrerin der Julius Cauer-Grundschule übt mit ihren Schülern Kopfsprung mit anschließendem Abtauchen. Mit Begeisterung holen die Drittklässler Ringe vom Boden des Schwimmbeckens. Alle sind voll bei der Sache. So auch die achtjährige Kan-Yen.
"Ich tauche sehr gern, aber schwimmen kann ich auch sehr gut, aber schwimmen mag ich nicht so gern. Manchmal verlern ich's, dann lern ich's wieder, und manchmal mag ich's einfach nicht. Na ich geh nur sehr selten mit meinen Eltern schwimmen."

Eltern gehen mit ihren Kindern nicht mehr schwimmen

Genau das ist häufig das Problem. Immer weniger Eltern gehen mit ihren Kindern in ihrer Freizeit ins Hallenbad. Das hat verschiedene Gründe. In einem guten Jahrgang kann zwar etwa ein Drittel Ihrer 60 bis 70 Schüler bereits schwimmen, wenn der Schwimmunterricht beginnt, sagt Sylvia Stäck. Ein Drittel sind starke Nichtschwimmer, die nicht ängstlich sind und schnell lernen.

"Aber die Gruppe, um die wir uns am meisten kümmern an der Schule sind tatsächlich die, die wenig Wassererfahrung haben, wasserscheu sind, und da gibt’s leider auch immer wieder Kinder, die am Ende eines Schuljahres nicht mal ein Seepferdchen schaffen. Manchmal ist es einfach, dass ein Kind Wasserangst hat und da wünscht ich mir, dass man die vielleicht im nächsten Jahr nochmal mitnehmen könnte. Denn am Ende merkt man: die kriegen Lust, die haben Spass am Wasser, und da müsste man eigentlich weiter machen."
Schüler der 5. Klasse der IGS-Schule List schwimmen am 14.06.2017 im Annabad in Hannover.
Ein paar Bahnen ziehen können? Für viele Kinder in Deutschland ist das nicht selbstverständlich.© dpa / picture alliance / Silas Stein

Im Gespräch plädiert Michael Fahlenblock, Präsident des Deutschen Sportlehrerverbands, dafür, dass Eltern, Schulen und Vereine den Kindern das Schwimmen beibringen sollten:
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Zumal in einigen Familien nicht deutscher Herkunftssprache das Schwimmen, zum Teil auch aus religiösen Gründen, keine große Bedeutung hat. Dazu kommen die Kosten. Einen Schwimmbad-Besuch kann sich nicht jede Familie leisten, erklärt die Sportlehrerin.

Situation im Schwimmunterricht verbessern

"Familienticket 11.50, aber da zählen glaub ich nur ein oder zwei Kinder zu, jedes weitere Kind zahlt drauf. Dann müssen sie entsprechende Betreuungspersonen haben, ich habe selbst drei Kinder, und alleine war ich mit denen natürlich nicht im Schwimmbad."
Flexibleren Umgang mit Schwimmzeiten für schwächere Kinder und mehr Lehrerstunden für den Sportunterricht würde sich Sylvia Stäck wünschen, um die Situation im Schwimmunterricht zu verbessern. Und: Alternativen für die Anforderungen des Schwimmabzeichens. Zum Beispiel für den Sprung vom Drei-Meter-Brett.
"Manche Kinder haben einfach Höhenangst. Da schlottern die Knie, die trauen sich kaum, das Geländer geht nur zweieinhalb Meter, die letzten Meter ohne Geländer, da merkt man schon, was die für weiche Knie haben. Da wünscht ich mir, dass man für so ein Schwimmabzeichen Ersatzleistung vollbringen könnte. Das wäre schön für solche Kinder, die können schwimmen, die können tauchen, aber trauen sich einfach nicht auf drei Meter hoch."

Nach dem Seepferdchen kommt das Bronzeabzeichen.

Schwimmen kann lebensrettend sein

Schwimmtraining der Waldgrundschule-Berlin. Drei Gruppen mit jeweils drei Kindern schwimmen Staffel quer durchs Becken. Ganz vorn dabei ist die neunjährige Viktoria.
"Macht Spaß, und es gefällt mir die Sportart. Ich schwimm auch fünfmal die Woche im Verein. Am schönsten ist, dass wir immer schwimmen und dass fast niemand fehlt immer beim Schwimmunterricht, und es macht Spaß."
An der sportbetonten Waldgrundschule ist die Situation eine grundsätzlich andere. Schwimmen wird bereits ab der ersten Klasse angeboten, dann wieder in der dritten. Zusätzlich können die Kinder einmal die Woche nachmittags eine Schwimm-AG besuchen. Ziel ist die Motivation zum lebenslangen Sporttreiben. Das Konzept geht auf, sagt Sport- und Schwimmlehrerin Sabine Biegelmeier.
"In der dritten Klasse haben wir nur ein Seepferdchen überhaupt, alle anderen sind Schwimmer. Bei 75 Schülern haben wir über 50 nur Silber- und Goldabzeichen, das heißt, die können auch gut schwimmen. Wir schaffen da eine ganz gesunde Breite, und wie wir wissen kann Schwimmen lebensrettend sein."

Hören Sie dazu auch die gesamte Sendung:
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