Schweine als Organspender

Tierzucht für den Operationssaal

08:53 Minuten
Im brandenburgischen Landkreis Dahme Spree werden Schweine im Stall eines Schweinemastbetriebs gehalten. Ein Schwein schaut durch die Gitterstäbe.
Werden Schweine künftig zu Lebensrettern für Transplantationspatienten? © imago images/Marius Schwarz
Eckhardt Wolf im Gespräch mit Dieter Kassel · 07.08.2019
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Schweine könnten künftig nicht nur für den Teller, sondern auch als Organspender gezüchtet werden und so tausenden nieren- und herzkranken Menschen das Leben retten. Transplantationforscher Eckhardt Wolf hält das für ethisch vertretbar.
Eckhardt Wolf, Professor für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie an der Universität München, wurde vor zwanzig Jahren durch das Klonkalb Uschi bekannt. Der Xenotransplantationsforscher untersucht derzeit mithilfe von Versuchen an Schweinen und Pavianen, ob und wie man Tiere zu Organspendern für den Menschen machen kann. So gibt es etwa bei Schweineherzen Ähnlichkeiten zum menschlichen Organ, die solche Gedankenspiele zulassen.
Die Zahl der Patienten, die dringend ein Spenderorgan brauchen, steht derzeit in einem krassen Missverhältnis zur vergleichsweise geringen Zahl an Menschen, die sich bereit erklären, ihre Organe im Falle ihres Todes zur Verfügung zu stellen. Daran haben bisher auch viele Kampagnen für den Organspenderausweis nichts geändert.

Organe aus dem 3D-Drucker

Wolf will nun Schweine genetisch so verändern, dass ihre Organe vom menschlichen Immunsystem nicht mehr abgestoßen werden. Die Alternative dazu: Gezüchtete Organe aus der Petrischale oder ihre Produktion mit dem 3D-Drucker. Das ist laut Wolf aber noch Zukunftsmusik:
"Ich glaube nicht, dass das, was etwa Herzen oder Nieren anbelangt, in einem absehbaren Zeitraum möglich sein wird", sagt er: "Es gab vor kurzem Berichte aus Israel, dass man ein komplettes Herz, das ungefähr so groß war wie eine Kirsche, durch 3D-Druck hergestellt hat. Letztlich stimmte wahrscheinlich die Gewebezusammensetzung tatsächlich mit einem Herzen überein. Aber es war überhaupt nicht funktionell – es hat nicht geschlagen."
Eine Alternative zu sogenannten invivo-Organen: Das Foto zeigt eine Niere aus dem 3-D-Drucker. Präsentiert von dem Forscher Anthony Atala im Labor der US-amerikanischen Wake Forest University. 
Eine Alternative zu sogenannten invivo-Organen: Niere aus dem 3-D-Drucker. Doch noch ist das nicht realistisch.© picture alliance/dpa/AP/Allen Breed

Das Tier darf nicht leiden

Deshalb werde man bei der Organtransplantation auf absehbare Zeit auf Organe angewiesen sein, die invivo – im lebenden Tier – gewachsen seien. Tierleid für die Forschung, Tiertod für die Organspende - beides zum Wohl von kranken Menschen. Eine ethisch schwierige Abwägung:
"Ich bin der Meinung, dass, wenn es gelänge, einen schwerkranken Patienten zu retten, es durchaus gerechtfertigt ist, dafür ein Schwein zu opfern. Man muss dabei natürlich dafür sorgen, dass das Tier nicht leidet", betont Wolf.
Letztlich würden jährlich möglicherweise mehrere hundert Schweine benötigt, sollte sich die Transplantation von Schweineherzen tatsächlich als Option erweisen. Wolf: "Um das mal gegenüberzustellen: In Deutschland werden pro Jahr ungefähr 50 Millionen Schweine für die Lebensmittelgewinnung geschlachtet."
(mkn)
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