Schutzkonzept für Künstler

"Anti-Rassismus-Klausel" sorgt für Irritation

10:30 Minuten
Eine schwarze Sängerin auf einer Bühne
Manche Theater tun sich schwer mit der Vorstellung, dass es an ihren Häusern Rassismus und Sexismus geben könnte. © Photo by Mean Shadows on Unsplash
Sonja Laaser im Gespräch mit Janis El-Bira  · 06.04.2019
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Das Vertragsrecht als Mittel gegen Rassismus: Wenn Kulturbetriebe ihre Künstlerinnen und Künstler nicht schützen, sollen diese kündigen können. Die Dramaturgin Sonja Laaser setzt sich für eine "Anti-Rassismus-Klausel" ein.
Um einen besonderen juristischen Schutz für die Mitarbeiter an Theatern geht es der Regisseurin Julia Wissert und der Rechtsanwältin und Dramaturgin Sonja Laaser.
Sie entwickelten im Januar diesen Jahres eine Anti-Rassismus-Klausel, mit der sich Künstlerinnen und Künstler präventiv gegen rassistische Übergriffe an deutschen Kulturbetrieben absichern können: Sobald ein rassistischer Vorfall gemeldet wird, verpflichtet sich das Theater darin, eine Schulung oder einen Workshop durchzuführen. Tut es das nicht, steht dem Rassismusopfer eine einseitige Vertragskündigung zu.

Theater als rassismusfreier Raum?

Gute Idee, könnte man meinen, fanden aber nicht alle – und vor allem nicht alle Theater. Im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur betont Sonja Laaser:
"Womit ich nicht gerechnet habe, ist: Die Kulturinstitutionen scheinen davon auszugehen, dass es eigentlich bei ihnen so eine Art rassismusfreien Raum gibt. Und so etwas bei ihnen nicht vorkommt. Und diese Reaktion empfinde ich als relativ naiv."
Einen möglichen Grund für die in Kulturbetrieben ausgelöste Irritation sieht Laaser in der Selbstwahrnehmung der Institutionen:
"Weil – da würde ich sagen ist die grundsätzliche Haltung eigentlich schon so, dass davon ausgegangen wird, dass die Gesellschaft strukturell rassistisch ist. Und nur die Institutionen selber sich davon ausnehmen."

Verantwortung übernehmen - auch in der Kultur

Es gebe so einen "Mythos", dass die Kunst etwas "Reines" sei - und somit frei von Rassismus und Sexismus. Kulturinstitutionen würden gesellschaftliche Zustände kritisch reflektieren, und somit könnte es den Verantwortlichen schwer fallen sich einzugestehen, dass es so etwas wie "einen blinden Fleck" gibt, mit dem man sich dann beschäftigen müsste - "das scheint irgendwie Angst zu machen", meint Laaser.
Entsprechend plädiert sie für einen angstfreien Umgang mit der Anti-Rassismus-Klausel, welche für die Juristin keine Pauschalverdächtigung der Theaterbetriebe darstellt. Sie fordert: "Die Kulturinstitutionen sollten über ein Lippenbekenntnis hinaus sagen: Wir übernehmen Verantwortung und stellen uns diesem Thema."
Inzwischen haben unter anderem das Schauspielhaus Bochum und das Staatstheater Hannover die Klausel in ihre Verträge aufgenommen. Sonja Laaser hofft, dass viele Theater diesem Beispiel folgen werden – allerdings mehr noch, dass es die Klausel auf absehbare Zeit einfach nicht mehr brauchen wird.
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