Schulsport trotz Corona und Teil-Lockdown

Mit Frischluft und Blick auf den CO2-Monitor

04:39 Minuten
Schülerinnen und Schüler stehen beim Sportunterricht in einer Reihe, alle auf einem Bein stehend.
"Wir haben jetzt noch die Bewegungsfreiheit", erklärt Sportlehrer Marco Guhl. (Symbolfoto) © imago / wolterfoto
Von Fritz Schütte · 08.11.2020
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Bei geöffneten Fenstern: Im Teil-Lockdown müssen Schülerinnen und Schüler einer Berliner Grundschule nicht auf den Sportunterricht verzichten. Solange die Corona-Ampel noch Gelb zeigt, ist auch kein Mindestabstand erforderlich.
Erste Stunde. Die Klasse 6a der Schliemann-Grundschule in Berlin-Neukölln hat Sport.
"Beachtet, bitte, die Personenzahl in den Umkleidekabinen!" Sportlehrer Marco Guhl zählt vorsichtshalber mit: "Denkt daran, dass das Fenster auf ist!"
Semrah, Louise und Charlene müssen warten. Einen Corona-Fall hatte die Schule bisher zu verzeichnen. "Also, nicht bei uns, sondern bei der 6c", erzählt eine der Schülerinnen. "Deswegen war auch eine Woche vor den Ferien diese Klasse in Quarantäne. Aber wir hatten halt keine Schule."

"Die Fenster sind jetzt ständig auf"

Marco Guhl wirft einen prüfenden Blick auf den schuleigenen CO2-Monitor.
"Wir haben jetzt 422 parts per million CO2, der Referenzwert, der uns zeigen soll, wann gelüftet werden muss", erklärt er. "In unserer Sporthalle sind die Fenster jetzt ständig auf. Dadurch ist dieser Wert, den wir jetzt hier haben, extrem dicht an dem, der auch draußen gemessen werden würde."
Die Schülerinnen und Schüler fischen sich Volleybälle aus dem Korb. Solange die Corona-Ampel nicht umschaltet, müssen sie keinen Mindestabstand einhalten.
"Jetzt sind wir aktuell in Gelb", erzählt Marco Guhl. "Wir haben jetzt noch die Bewegungsfreiheit im Klassenverband auch im normalen Unterricht, wo es auch diese Abstände nicht gibt."
Volleyball ist schon okay, findet er. Ohne Corona könnte der Unterricht noch aufregender sein: "Ein klassischer Unterrichtsinhalt in der Klassenstufe 6 ist für mich zum Beispiel Akrobatik. Das geht leider nicht."

Manche müssen vorsichtiger sein

Im Volleyball ist sowieso kein Körperkontakt vorgesehen, aber es geht auch niemand übervorsichtig zu Werke. Keine Angst vor Corona?
"Es geht so", antwortet ein Schüler. "Aber ich muss mehr aufpassen, weil ich Risikopatient bin. Ich trage die Maske im Unterricht. Das mache ich die ganze Zeit – durchgehend."
Außer im Sportunterricht. Nino trägt das Trikot seines Lieblingsvereins. Früher hat er Fußball gespielt. "Vor vier Jahren bin ich an Krebs erkrankt, und dann konnte ich nicht mehr wegen der Ausdauer. Ich habe dann wenigstens letztes Jahr noch mal mein Abschlussfußballcamp gemacht. Aber ich mag Dortmund sehr gerne."
"Das ist jetzt nicht so eine große Einschränkung. Es macht schon noch Spaß alles", sagt eine der Schülerinnen. Carla ist froh, dass der Sportunterricht nicht gestrichen ist. Auch wenn es bei offenen Fenstern frisch wird in der Halle.

Quälerei oder Selbsterfahrung?

Für die zweite Stunde steht Dauerlauf auf dem Programm, besser gesagt: Biathlon. "Nur, dass nicht geschossen wird, sondern Liegestütze gemacht werden", erklärt der Sportlehrer. "Das heißt, wer gelaufen ist, kommt rein macht fünf Liegestütze und läuft wieder los."
Zwei Holzkästen Marke Eigenbau mit Taste stehen bereit: "Ihr könnt hier das Liegestützometer nehmen. Wer möchte das mal machen? Sinan, komm mal her. Gelb ist für die Nase. Los geht's!"
Quälerei oder Selbsterfahrung? Es kommt immer darauf an, wie man es den Kindern verkauft.

Hoffen, dass die Corona-Ampel nicht umspringt

"Wir haben schon immer das Ausdauerlaufen in den Vordergrund gestellt, weil es für die Kinder so ein kleines Abenteuer mit sich selbst ist", sagt Marco Guhl. "Und jetzt in der Pandemiesituation war das sozusagen ein Automatismus, der weiter ablaufen konnte, weil die Kinder mit Abstand laufen und selbst, wenn sie in der Gruppe nebeneinander laufen, an der frischen Luft sind."
"Also, ganz am Anfang habe ich das zum Beispiel noch nicht geschafft", erzählt eine Schülerin. "Aber, wenn man sich daran gewöhnt und die Lauftechnik hat, wird das dann irgendwann wie zu einer Gewohnheit."
Die 6a der Schliemann-Grundschule hofft, dass die Corona-Ampel nicht umspringt. Dann ist eventuell nicht mal mehr Dauerlauf erlaubt.
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