Schriftsteller Eugen Ruge

Probleme werden in der Krise sichtbarer

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Der Schriftsteller Eugen Ruge
Durch die Unterbrechung seiner aktuellen Lesereise könne er zurückschalten, um in Ruhe zu arbeiten, sagt Buchpreisträger Eugen Ruge. © imago images / Samantha Zucchi
Eugen Ruge im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 19.03.2020
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Seit vergangener Woche ist Eugen Ruge Stadtschreiber von Mainz. Der Buchpreis-Gewinner sagt, ein neues Buch müsse weniger mit dem Virus, dafür mehr mit der Veränderung der Gesellschaft durch Globalisierung und Digitalisierung zu tun haben.
In ihrer Begründung beschrieb die Mainzer Jury Eugen Ruge als einen Meister im Schildern von Familienbeziehungen, geschrieben in einer klaren Sprache mit souveränem Gespür für Dialoge und Tempo. Seit letzter Woche ist Ruge, der 2011 mit dem Deutschen Buchpreis für seinen Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts" geehrt wurde, der neue Stadtschreiber von Mainz.

Offenbarung von Problemen der Gesellschaft

In der aktuellen Krise interessiere ihn nicht so sehr die Oberfläche, sondern die Probleme, die wir immer schon gehabt hätten und die jetzt in der Coronakrise deutlich sichtbar würden, sagt Eugen Ruge. "Das es so wahnsinnig viel Leute gibt, die Scheinselbstständige sind oder irgendwie outgesourct. Oder die auf Honorarbasis irgendwo arbeiten, in Wirklichkeit eigentlich ständig arbeiten für einen kleinen Verlag oder sonst was.

Dass diese Menschen natürlich alle jetzt vor Problemen stehen, das liegt daran, dass die Situation insgesamt so ist. Der Coronavirus fördert das nur zutage."

Durch die Krise zur Ruhe kommen

Als Schriftsteller sehne er sich eher nach Ruhe und weniger danach zu reisen. Die durch die Krise bedingte Unterbrechung der Lesereise mit seinem aktuellen Buch "Metropol" nach 40 Veranstaltungen sei nicht ungünstig gewesen. "Es war eigentlich in gewisser Weise für mich ganz persönlich nicht die schlechteste Möglichkeit, jetzt einfach mal wieder zurückzuschalten und zu Hause in Ruhe zu arbeiten."
Zur Zeit lebt Ruge noch nicht in seiner Stadtschreiberwohnung in Mainz, sondern in Berlin mit seiner Frau. Dort lese er immer mehrere Bücher gleichzeitig. "Das sind im Augenblick gerade Ovids 'Metamorphosen' und zwei Sachbücher. Das eine ist von dem Journalisten Willi Winkler, 'Das braune Netz. Wie die Bundesrepublik von früheren Nazis zum Erfolg geführt wurde' – eine sehr interessante Lektüre. Und von Slavoj Žižek das letzte Buch von ihm. Ich lese eine ganze Menge durcheinander."

Veränderung durch die Globalisierung wird sichtbar

Die literarische Verarbeitung der jetzigen Situation müsse etwas damit zu haben, was das Coronavirus über die Gesellschaft offenbare: "Es hat natürlich mit dem Thema Globalisierung zu tun, mit Digitalisierung zu tun, hat mit Zeit zu tun. Ich würde sagen, darüber zu schreiben, kann ich mir schon vorstellen. Ich kann mir sogar vorstellen, dass ich das in gewisser Weise gerade sogar tue."
(mle)
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