Schleswig-Holstein

Wilder Westen im hohen Norden

Ein Wolf blickt aus seinem Gehege im Wildpark Eekholt, Schleswig-Holstein, den Fotografen an.
Schon wild: Ein Wolf im Park Eekholt, Schleswig-Holstein. © dpa / picture alliance / Carsten Rehder
Von Hartwig Tegeler · 04.02.2015
Was haben die amerikanische Prärie und die schleswig-holsteinische Landschaft gemein? Unser Autor Hartwig Tegeler hat eine Idee.
Viel, viel zu tief, die Böden hier. Das geht so was von auf die Sehnen. Und denn dieses fette Gras. Da kommt ganz schnell die Rehe. Nee, da kommen nicht die Rehe, die Kollegen mit dem weißen Punkt auf'm Pöschi, nee, da kommt die Rehe, ne Scheiß-Stoffwechselkrankheit inne Hufen. Kannst bei hops gehen. Und wat stellen se uns denn hier auch hin.
Du kannst mich Knud, den Holsteiner, nennen, aber genetisch, historisch und kulturell: Genetisch ist meine Heimat die Steppe. In Amerika. Nee, nich die Spanier haben uns nach Amerika gebracht. Wat ist das für'n Blödsinn. Wir stammen aus Amerika und dann, nee, nicht nach Schleswig-Holstein, sonnern nach Asien und Europa, über die Beringstraße, als die noch ne Straße war. Gut, wir sind in unsere Heimat büschen ausgestorben, und denn kam tatsächlich Cortez oder wie hieß der Spanier, und hat uns reimportiert. Aber ursprünglich: Gene, Steppe von Nordamerika; das isses trocken, pieselt's nicht dauernd wie hier in Husum, und gehst den ganzen Tag spazieren auf trockenem Boden, hier mal ein Grashalm, da einer, denn hast du deine 20 oder 50 Kilometer auf'm Zähler, bist satt, dat Fell glänzt, und die Pübbies glotzen dir auf die strammen Muskeln. Aber hier. Stehst auf der Stelle, frisst dir ne Wampe an, und denn darfst Sporrt machen. Dressur nennen se das.
Alter, Alter, öde. Nee, früher, als wir noch im land of the free and home of the brave waren, kleiner Scherz, die Bleichgesichter gab's damals noch nicht, möööglicherweise aber schon die Jungs mit den Federn im Haar. Wie auch immer, damals jedenfalls, da hatte 'n strammer Kerl wie ich noch ein Gefühl von Freiheit. Wind durch die Mähne, der Weg war frei bis zum und hinter den Horizont und immer weiter. Und vor dir die Damen, die mit Walla-Walla-Mähne und keckem Augenaufschlag. Na ja und so weiter. Weisst schon.
Aber hier? Mann, wenn du mal über die Prärie geblickt hast, und hier in die sogenannte Weite, die schleswig-holsteinische, guckst? Kannst dich schlapp wiehern. Guckst nach Süden. Harburger Berge. Im Norden Dänemark. Und im Westen und Osten: Da ham se Erdwälle mit Rasen aufgeschüttet, wo die kleinen Kollegen mit den Naturpullovern das Land platt treten. Wegen Hans Blank. Was sagst du, Pübbie? Blanker Hans? Ja, von mir aus. Nee, was Weite betrifft, da bin ich von meinem Ur-, Ur-, Ur-, Ur-, ich kürz mal ab: Ur-Opa inne nordamerikanische Prärie anderes gewöhnt.
Also, ich sach mal, wenn sich hinter Sylt ne Art neue Beringsstraße auftun würde - in Zeiten des Klimawandels is' ja viel möglich - und du kämst - Konjunktiv - dann zu Fuß nach Nordamerika: Also, Pübbie und ich, wir würden eher heute als morgen abhauen. Hinter uns könnse gerne wieder abschließen. Das Leben eines Holsteiners auf holsteinischen Wiesen ist doch, sorry, aber das ist doch Verarsche. Aber, wie sagt der Buddha: Life is only pain. But pain is only Illusion. Leben ist Schmerz, aber Schmerz ist ja nur Einbildung.
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