Schleswig-Holstein

Warum die Wahl mal wieder knapp ausgehen dürfte

Wahlplakate für Torsten Albig (SPD,l) und Daniel Günther (CDU,r), die Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein, stehen am 10.04.2017 in Boostedt (Schleswig-Holstein) am Straßenrand. Am 07.05.2017 sind die Bürger im Norden aufgerufen ihre Stimmen zur Landtagswahl abzugeben.
Wahlplakate für Torsten Albig (SPD,l) und Daniel Günther (CDU,r), die Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein, stehen am 10.04.2017 in Boostedt (Schleswig-Holstein) am Straßenrand. © dpa/Carsten Rehder
Von Johannes Kulms · 04.05.2017
Schleswig-Holstein ist ein kleines Bundesland. Mit besonderen Windverhältnissen – meteorologisch wie politisch. Aus dem lange dahinplätschernden Wahlkampf ist ein spannendes Rennen geworden. SPD und CDU liegen nah beieinander, und ebenso wie die Grünen könnte die FDP zum Königsmacher werden.
Es gibt Dinge, die scheinen im hohen Norden ziemlich klar. Zum Beispiel dass hier viel Wind weht – besonders stark an der Westküste. Wind, den man sehr gut nutzen kann, sofern man die entsprechende Vorrichtung aufgestellt hat. So wie Wilhelm Borcherding.
"Die Anlage ist 131 Meter hoch, hat einen Rotordurchmesser von 92 Meter. Und wir können damit circa 1500 Haushalte versorgen, rein rechnerisch."
Borcherding ist Landwirt in Süderdeich, einer 500-Einwohner-Gemeinde im Kreis Dithmarschen, nur wenige Kilometer entfernt von der Nordsee. Dithmarschen ist eine Hochburg der Windkraft – und Hochburg der CDU. Auch Borcherding hat sein ganzes Leben lang CDU gewählt, klare Sache!

Streitpunkt Windanlagen

Doch dieses Jahr soll es anders werden: Der 56-Jährige will erstmals sein Kreuz bei den Grünen machen. Denn die CDU hat im Wahlkampf Position bezogen gegen die neue Regionalplanung der amtierenden Landesregierung. Die soll regeln, wo und unter welchen Bedingungen künftig noch Windanlagen im Land errichtet werden dürfen.
Borcherding ist Windmüller, rund 80 Prozent seines Einkommens bestreitet der 56-Jährige mit den Einnahmen aus den mächtigen Anlagen. In Süderdeich gibt es derzeit 23 Windkraftanlagen. Nach den Mindestabständen, die die Staatskanzlei plant müssten, 13 dieser 23 Anlagen bald weichen, rechnet Borcherding bei der Fahrt in seinem Elektroauto vor. Doch wenn es der CDU gelänge, noch größere Abstände durchzusetzen, käme es noch ganz anders.
"Die möchten ja gerne 500 Meter zu Häusern und 1200 Metern zu Siedlungen haben, dann bleiben von diesen 23 sage und schreibe eine über…"
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig in einer Gesprächssituation
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD).© picture alliance / dpa / Carsten Rehder
Schleswig-Holstein ist ein kleines Bundesland. Mit besonderen Windverhältnissen – meteorologisch wie politisch. Die SPD ist hier weiter links als andere Landesverbände. Und die CDU konservativer als in anderen Bundesländern. Wenn nun ein Stammwähler wie Wilhelm Borcherding seiner Partei den Rücken kehrt, bedeutet dies, dass auch die politischen Lager nicht mehr so eindeutig verortet sind wie früher?
Klar ist: Ob die Forderung nach größeren Mindestabständen nun realistisch ist oder nicht: Die CDU bietet damit eine Alternative zu den Parteien der Küstenkoalition von Ministerpräsident Torsten Albig, der bei dem Thema politisch nicht viel gewinnen, aber einiges verlieren kann. Und die CDU hat womöglich auch dadurch den Wahlkampf noch mal etwas spannender gemacht.

"Die Regierung vor uns hatte eine Ein-Stimmen-Mehrheit"

Albig weiß das. Er sitzt an diesem Mittag – windgeschützt – in seinem Büro in der Staatskanzlei. Durch das Fenster geht der Blick hinaus auf die Kieler Förde, doch der Ministerpräsident hat gerade andere Sorgen…
"Das ist in Schleswig-Holstein immer so, dass Sie knappe Entscheidungen haben. Das war letztes Mal so mit einer hauchdünnen Ein-Stimmen-Mehrheit, die Regierung vor uns hatte eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Schleswig-Holstein ist ein Land, das knapp entscheidet. Und jede Wahl der letzten Jahre – und das wird auch bei dieser so sein – sind oft Foto-Finishs."
Tatsächlich hat Daniel Günther, der junge und angriffslustige Herausforderer von der CDU in den letzten Wochen in den Umfragen Schritt für Schritt aufgeholt. In der letzten Aprilwoche landete die Union gar erstmals wieder in diesem Jahr vor der SPD. Hat er seinen Kontrahenten von der CDU unterschätzt? Nein, sagt Albig.
"Ich unterschätze die CDU überhaupt nie, weil das ist eigentlich ein Land, in dem die CDU immer die Wahlen gewinnen müssten, wenn sie gut aufgestellt sind, weil es ein konservatives Land ist. Und wir als Sozialdemokraten oder als Progressive immer hart kämpfen müssen, um das hinzubekommen."
Daniel Günther, der schleswig-holsteinische Herausforderer von der CDU
Daniel Günther, der schleswig-holsteinische Herausforderer von der CDU© picture alliance / dpa / Carsten Rehder
Sicher ist: Aus dem lange dahinplätschernden Wahlkampf ist ein spannendes Rennen geworden. Wie die Landtagswahl am 7. Mai ausgehen wird, ist vollkommen offen.
Dabei sah es lange nach einer ziemlich klaren Sache aus: Nämlich danach, dass Torsten Albig gute Chancen hat, im Amt zu bleiben. Schließlich ist eine echte Wechselstimmung nicht zu spüren im Land zwischen den Meeren.
2012 nahm die sogenannte Küstenkoalition unter Albigs Führung ihre Arbeit auf. Ein Novum: Denn noch nie zuvor ist Schleswig-Holstein regiert worden von einem Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband, kurz SSW – der Partei der dänischen und friesischen Minderheit. Fünf Jahre lang hat die Küstenkoalition mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit – anders als manch Skeptiker glaubte – nicht nur durchgehalten, sondern auch sehr geräuschlos regiert.
Bei der CDU ging es in dieser Zeit jedoch alles andere als geräuschlos zu: Die Partei wechselte binnen fünf Jahren vier Mal den Vorsitzenden, zuletzt vergangenen Herbst, als überraschend der Sylter Bundestagsabgeordnete Ingbert Liebing vom Landesvorsitz und der Spitzenkandidatur zurücktrat.

CDU kommt in Umfragen immer weiter nach vorn

Als Nachfolger wurde der 43-jährige Daniel Günther auserkoren, der bis dahin die Fraktion im Landtag geführt hatte:
"Mein Wahlziel ist, dass wir die 35 Prozent überschreiten, denn das 'n Ergebnis, wo wir wirklich danach auch in Regierungsverantwortung kommen."
Günther ist es bei seinen zahllosen Wahlkampfauftritten im ganzen Land gelungen, seinen Bekanntheitsgrad schrittweise zu erhöhen und die CDU in den Umfragen immer weiter nach vorne zu bringen.
Dabei verläuft der Wahlkampf ohne echte Aufregerthemen. Gestritten wird neben der Windkraft vor allem über Krippenplätze, Infrastruktur und Schulfragen. Günther klingt fast ein wenig neidisch, wenn er unterwegs in einer schwarzen Limousine im Nordwesten Hamburgs auf die finanzielle Lage der Landesregierung zu sprechen kommt. Die war in den letzten Jahren für das finanziell chronisch klamme Bundesland im Norden alles andere als gewöhnlich.
"Sie haben sicherlich vielen Menschen nicht persönlich wehtun müssen, weil sie eine Haushaltslage gehabt haben, die wünscht sich keine Opposition für ihre politische Arbeit. Aber die ist natürlich für Schleswig-Holstein wünschenswert."

Sind die guten Kassenzahlen des Landes reines Glück?

"Ja, das ist eine glückliche Koalition mit einer glücklichen Finanzministerin in einem Land, in dem die glücklichsten Menschen wohnen."
Monika Heinold ist 58 Jahre und gelernte Erzieherin. Seit 2012 ist die Grünen-Politikerin Finanzministerin von Schleswig-Holstein. Als alleinige Spitzenkandidatin der Öko-Partei ist auch sie viel im Land unterwegs, gerade hat sie einen Rundgang durch das Lübecker Theater gemacht. Natürlich war auch da das Geld ein Thema. Sind die guten Kassenzahlen des Landes am Ende reines Glück, so wie die Opposition den Anschein erwecken will? Heinold schüttelt den Kopf.
"Wir haben die beste Haushaltssituation seit Jahrzehnten, das kann nicht nur mit Glück zusammenhängen, weil wir auch in den letzten Jahrzehnten gute Situationen hatten. Das hat was mit den handelnden Akteuren zu tun."
Monika Heinold (Grüne), Finanzministerin Schleswig-Holsteins und Spitzenkandidatin zur Landtagswahl, und Robert Habeck (Grüne), Umweltminister Schleswig-Holsteins, enthüllen am 08.03.2017 in Kiel (Schleswig-Holstein) ein Großplakat zur Landtagswahl mit der Aufschrift "Mit Biss für Bio und bezahlbar" . Foto: Markus Scholz/dpa | Verwendung weltweit
Monika Heinold (Grüne), Finanzministerin Schleswig-Holsteins (l.), präsentiert ihr Landtagswahlplakat© dpa
Doch klar ist: Die niedrigen Zinsen und die sprudelnden Steuereinnahmen der letzten Jahre spielen der obersten Schatzmeisterin des Landes in die Hände. 2,3 Milliarden Euro mehr als erwartet konnte Heinold seit 2012 an Einnahmen verbuchen. 2016 verzeichnete Schleswig-Holstein einen Haushaltsüberschuss von 565 Millionen Euro.
Das war unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung von Peter-Harry Carstensen noch anders: Die Koalition aus CDU und FDP ist vor allem mit ihrer Kürzungspolitik in Erinnerung geblieben – ob tausende Stellen im Landesdienst oder Zuschüsse für Frauenhäuser und die Schulen der dänischen Minderheit – überall im Land wurde ordentlich gestrichen. Viele dieser Kürzungen hat die Küstenkoalition wieder zurückgenommen und sich großzügig gezeigt bei der Ausstattung von Polizisten und der Bezahlung von Grundschullehrern. Damit sei es schwer, die Landesregierung anzugreifen, so der Politikwissenschaftler Wilhelm Knelangen von der Uni Kiel
"Sie haben sich relativ wenige offensichtliche Gegner in diesem Land geschaffen. Und ich glaube auch, dass ist der Grund dafür, warum wir derzeit kein prominentes erkennbares Wahlkampfthema haben, also ein Thema, das polarisiert, wo man sagt, also wenn ich das eine will, muss ich die Partei wählen, wenn ich das andere will, die andere."

Landesregierung gelingt bei den Finanzen ein Spagat

Der Landesregierung sei bei den Finanzen durchaus ein Spagat gelungen, allen voran Monika Heinold mit ihrem Beharren auf der "schwarzen Null" und der Schuldenbremse. Doch seien umgekehrt auch die Vorwürfe der Opposition nicht ganz unberechtigt: CDU und FDP sind der Ansicht, dass die Küstenkoalition zu wenig Vorsorge betreibe für "schlechtere Zeiten".
"Nämlich erstens: Was passiert, wenn die Steuereinnahmen versiegen? Wir haben aber Verpflichtungen, die diese Landesregierung auch eingegangen ist und die auch in der Zukunft wirksam werden. Und 'ne andere Frage ist selbstverständlich auch 'ne Frage der Bank!"
Mit "der Bank" meint Knelangen das größte gemeinsame Sorgenkind der beiden Nachbarländer Hamburg und Schleswig-Holstein. Allein auf die Steuerzahler in Schleswig-Holstein dürften wegen der maroden landeseigenen HSH-Nordbank Beträge von 5-8 Milliarden Euro zukommen. Dass die laute Empörung im Wahlkampf ausbleibt, könnte daran liegen, dass in Kiel und Hamburg Politiker aus vielen unterschiedlichen Parteien an wichtigen Entscheidungen beteiligt waren.
Deutlich stärker als Wahlkampfthema zieht da das Thema Bildung. Finanzierung der Kinderbetreuung, Unterrichtsversorgung, Lehrerausbildung – all das sind Fragen, über die die Parteien im Wahlkampf viel streiten. Am meisten Aufsehen erregt hat jedoch der Vorstoß der CDU, zum G9 zurückzukehren, also zum Abitur nach 13 Jahren. Dabei war es die CDU gewesen, die 2008 in einer großen Koalition mit der SPD das Abitur nach 12 Jahren eingeführt hatte.

Sinneswandel der CDU in Sachen Abitur nach 12 Jahren

Wenn Spitzenkandidat Daniel Günther mit seiner etwas Disco-ähnlich wirkenden "Wahlkampfarena" durch die Städte tingelt, erklärt er den Sinneswandel so:
"Vor zehn Jahren hatten wir auch mal eine Wehrpflicht, vor zehn Jahren hatten wir noch keinen Bachelor und keinen Master und vor zehn Jahren mag es noch richtig gewesen sein, das Argument aus der Wirtschaft, dass unsere Hochschulabsolventen zu alt sind. Das Problem hör ich heute von niemandem mehr."
Die FDP hält von dem Vorschlag nicht viel. Gerne würde die CDU mit den im hohen Norden schon lange starken Liberalen wieder eine Regierung bilden. Ebenso wie die Grünen könnte die FDP nach dem 7. Mai zum Königsmacher werden. Zu verdanken hat die Partei dies vor allem ihrem auch bundesweit berühmten wie berüchtigten Spitzenkandidaten Wolfgang Kubicki:
"Zunächst finde ich es wunderbar, dass Medien sich dafür interessieren, was ich zu sagen habe, was Lindner zu sagen hat, wie sollten wir sonst unsere Botschaften transportieren, wir können bedauerlicherweise nun mal nicht 80 Millionen Menschen besuchen, deshalb brauchen wir Medien."
Wolfgang Kubicki sieht etwas müde aus, wie er da in einem Café in seinem Wohnort Strande sitzt, ein paar Kilometer nördlich von Kiel.
Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki
Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki© dpa / picture-alliance / Carsten Rehder
Der 65-Jährige ist im Dauereinsatz, will die FDP erst in Schleswig-Holstein zu einem ordentlichen Ergebnis führen – die Umfragen prophezeien ihm 8 bis 10 Prozent. Im September will Kubicki die Liberalen in den Deutsche Bundestag hieven. Sollte das gelingen, würde der gebürtige Braunschweiger nach 25 Jahren die Schleswig-Holsteinische Landespolitik verlassen. Doch bevor es soweit ist, blinkt Kubicki noch einmal – in beide Richtungen:
"Wenn die Regierungskoalition ihre Mehrheit verliert, ist die Tendenz eher bei mir Jamaika. Aber ich kann auch die Ampel nicht ausschließen"
"Wir haben keine allgemeinen Flyer mehr? Dann kann André ja noch mal los und welche holen…"

Auf rund 12 Prozent kommen die Grünen in den Umfragen

Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck ist unterwegs im Kieler Stadtteil Südfriedhof und macht Haustürwahlkampf. Im Norden ist die Welt noch in Ordnung für die Öko-Partei, was auch Habeck zu verdanken ist. Auf rund 12 Prozent kommen die Grünen in den Umfragen, Werte von denen die Partei im Bund gerade nur träumen kann.
Entsprechend versuchen sich Habeck und seine Parteifreundin Monika Heinold abzugrenzen… Wahlkampfhilfe von Cem Özdemir oder Kathrin-Göring Eckhardt? Muss nicht unbedingt sein, macht der 47-Jährige deutlich im Treppenhaus eines Altbaus:
"Na ja, wir haben halt 'n Wahlkampf gemacht, wo wir jetzt nicht auf Menschen von außerhalb gesetzt haben, sondern unser eigenes Ding hier hochhalten. (…) Wir sind hier mit uns selbst ganz zufrieden und haben uns auf uns selbst konzentriert."
Der Umweltminister Schleswig-Holsteins, Robert Habeck, bei einer Pressekonferenz in Kiel
Der Umweltminister Schleswig-Holsteins, Robert Habeck, bei einer Pressekonferenz in Kiel© dpa / picture alliance / Markus Scholz
Im Januar hatte Habeck knapp die Urwahl um die Grünen-Spitzenkandidatur im Bund gegen Cem Özdemir verloren. Jüngste Spekulationen über einen bevorstehenden "Rettungssprung" nach Berlin, um dort für die Grünen das Ruder rumzureißen, weist der Flensburger zurück. Diese Woche hat Habeck nochmals erklärt, dass er Minister in Kiel bleiben will. Mal gucken, wie lange. Doch die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Sollte die von den Grünen bevorzugte Küstenkoalition am 7. Mai ihre Mehrheit verlieren, wäre auch eine sogenannte Jamaika-Koalition möglich. Zwar gilt ein solches Bündnis mit CDU und FDP nicht gerade als populär im grünen Landesverband, doch ausgeschlossen hat es niemand.
Am Ende wird es aber vor allem darauf ankommen, ob es zwei Parteien in den Landtag schaffen: Die AfD – und die Linke. Beides ist alles andere als sicher.
Die AfD hat im Norden einen schweren Stand, fällt vor allem durch Streitigkeiten auf. Erst diese Woche entschied das Landesschiedsgericht, dass der AfD-Vorstand in Schleswig-Holstein nicht rechtmäßig im Amt sei. Die Flüchtlingspolitik taugt für die Rechtspopulisten im Norden nur begrenzt als großes Aufregerthema. Und dann ist da die politische Klarheit der Schleswig-Holsteinischen Landespolitik: Weil sich die Parteien recht deutlich abgrenzen haben die Wähler klare Alternativen zur Alternative für Deutschland. Zumal es sich die dauer-streitenden Wolfgang Kubicki und Ralf Stegner zum gemeinsamen Ziel gesetzt haben, die AfD aus dem Parlament herauszuhalten.
Ralf Stegner (SPD), SPD-Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein
Ralf Stegner (SPD), SPD-Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein© picture alliance / dpa - Markus Scholz
Für den SPD-Fraktions- und Landeschef Stegner gibt es allerdings noch eine andere Partei, die er ungern im Landtag hätte. Über Die Linke sagt er:
"Kämen die in den Landtag, hätte ich das Gefühl, ich hätte selber versagt, denn die Sozialdemokratie arbeitet für Gerechtigkeit."
Was Stegner nicht sagen will: Sollte die Linke den Sprung über die 5-Prozent-Hürde schaffen, würde es richtig kompliziert für die SPD, um noch eine Mehrheit zu organisieren. Ministerpräsident Albig hatte im Januar gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärt, dass man angesichts des zu erwartenden knappen Wahlausgangs eine Koalition unter Beteiligung der Partei Die Linke nicht kategorisch ausschließen solle.
Spricht man Albig heute darauf an, entwickelt sich schnell ein Ping-Pong-Spiel
"Die Linke wird nicht ins Parlament kommen und deswegen muss ich mir darüber keinen Kopf machen."
"Schließen Sie eine Koalition mit der Linken definitiv aus?"
"Die Linke wird nicht im Parlament sein, also brauche ich auch nicht mit ihnen koalieren."
"Also schließen Sie es nicht aus."
"Die Linke wird nicht im Parlament sein, also werde ich mit ihr nicht koalieren."

Für die Piraten wäre erneuter Einzug in Landtag ein Wunder

Bei einer anderen Partei scheint derweil schon alles klar. Auch wenn die Piraten es natürlich anders sehen. Nach den 8,2 Prozent 2012 wäre ein erneuter Einzug in den Landtag ein Wunder – ein riesiges Wunder. Die Partei gibt sich trotzig, aber auch humorvoll. "Totgesagte leben länger" lautet der Slogan mit dem die Piraten auf Plakaten werben. Der Landesvorsitzende Wolfgang Dudda hofft noch auf Rückenwind von fünf Bürgerinitiaitven, die die Partei unterstützen. Klar sei…
"… dass die fünf Prozent nicht für uns entscheidend sind als Partei für die politische Arbeit. Uns wird es weiterhin geben, auch nach der Wahl."
Küstenkoalition, Jamaika, Ampel, Große Koalition – nach dem 7. Mai scheint vieles möglich. Klar ist nur, dass nichts klar scheint. Dass es auf den letzten Metern mal wieder so knapp wird, hat aber auch mit dem Ministerpräsidenten selber zu tun.
Die Opposition lästert, dass in Wirklichkeit jemand anders das Land regiere. Der Politikwissenschaftler Wilhelm Knelangen sagte über Albig:
"Erst im letzten Jahr konnte man den Eindruck kriegen, dass er häufiger auch öffentlich auftritt, dass er auch als Verteidiger der Landespolitik in Erscheinung tritt. Ich glaube, ein strukturelles Problem dieser Regierung ist, dass wir keine klare Führungsverantwortung haben. Weil wer diese Regierung wirklich führt, ob es nämlich der Ministerpräsident ist oder ob es der Fraktions- und Parteivorsitzende Stegner ist, das ist aus meiner Sicht auch für die Öffentlichkeit nicht ganz klar."
Schleswig-Holsteins Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) in Rendsburg (Schleswig-Holstein) auf dem Programmparteitag des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW). Die Partei der dänischen Minderheit will nach der kommenden Landtagswahl am 07. Mai 2017 weiter mit der SPD und Bündnis90/Die Grünen im Kieler Landtag regieren. 
Schleswig-Holsteins Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW)© dpa / Axel Heimken
Anke Spoorendonk ist das einzige Regierungsmitglied des SSW – der Partei der dänischen und friesischen Minderheit. Schleswig-Holsteins Justiz- und Kulturministerin zeichnet ein anderes Bild:
"Für mich ist das 'ne große Freude, dass der Ministerpräsident seinen Ministerinnen und Ministern auch so viel Raum lässt für eigene Gestaltungsspielräume, das finde ich, ist keine Selbstverständlichkeit. Sein Führungsstil ist meiner Meinung nach sehr auf Augenhöhe und Beteiligung bedacht."
Und der Ministerpräsident? Sieht kein Problem darin, wenn möglicherweise andere Politiker bekannter und gefragter sind, zum Beispiel in den Medien:
"Menschen, die zu viel in Talkshows sind, die regieren zu wenig. Und ich hab‘ mich dazu entschieden, zu regieren."
Ob das auch bei den Leuten angekommen ist? Antwort dazu am Sonntagabend um 18:00 Uhr. Vielleicht sind sie dann wieder etwas klarer geworden, die politischen Verhältnisse zwischen den Meeren…
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