"schlammland gewalt" im DT Berlin

Gewaltorgie im Bierzelt

schlammland gewalt von Ferdinand Schmalz Regie: Josua Rösing Bühne / Kostüme: Mira König Musik: Sebastian Deufel Dramaturgie: Ulrich Beck, Joshua Wicke Auf dem Bild: Thorsten Hierse, Olga Wäscher, Caner Sunar, Sebastian Deufel (Live-Musik)
"schlammland gewalt" von Ferdinand Schmalz im DT Berlin: v.li.: Thorsten Hierse, Olga Wäscher, Sebastian Deufel, Caner Sunar in der Inszenierung von Josua Rösing © Arno Declair
Michael Laages im Gespräch mit Moderatorin Sigrid Brinkmann · 22.12.2017
In "schlammland gewalt" untersucht Bachmann-Preisträger Ferdinand Schmalz die Gewaltverhältnisse in der Provinz. In Berlin hat Josua Rösing den Prosatext jetzt auf die Bühne gebracht. Ein "schöner, kleiner, sehr konzentrierter Abend", meint unser Kritiker.
Dem Text zu "schlammland gewalt" habe Ferdinand Schmalz "einen Vor-Text vorangeschickt, der davon erzählt wie man in den Bergen, im Nebel, über dem Teufelstal, plötzlich nur noch im Kreis läuft, weil man den Weg nicht mehr findet.", so Kritiker Michael Laages.
Im zweiten Set erzähle er dann von einem Bierzelt, einem Dorffest bei dem sich quasi aus dem Nichts "eine ziemlich finstere Gewaltorgie, eine Art Schlächterei unter Freunden, Nachbarn und Bekannten" entwickele, bis schließlich eine Moränen-Lawine aus dem ersten Teil hinüberschwappe und das Dorf komplett wegfege.
"Ganz, ganz finster, was die Analyse von Soziographien bei Dorffesten betrifft", urteilt Laages, "(...) und damit natürlich ein Porträt der deutschen Provinz." Am Schluss gebe es aber ein "Sahnehäubchen", bei dem es plötzlich komisch werde.

Leichte, entspannte Sprache und Schrecken der Gewalt

Schmalz sei, so Laages, ein außerordentlich versierter Schreiber. Alles was er schreibe habe immer Versform, auch wenn diese wegen einer Pointe schon mal aufgelöst werde. Diese Verse benutze er sehr präzise, "ohne dass er es dabei nötig hätte, besonders derbe draufzuschlagen."
Dementsprechend sei dies keine "Gewaltorgie in Worten", sondern so wie es nun mal passiert, dass eine Lawine zu Tal geht, passiere es diesem Dorffest, dass es in diese Orgie der Gewalt ausbreche. Genau dieser Widerspruch zwischen "dem Ur-Schrecken, der in dieser Gesellschaft steckt und der vollkommen leichten, entspannten und sauber gedrechselten Sprache", zeichne die Texte von Ferdinand Schmalz aus.

Gefühl für die Musikalität des Textes

Regisseur Josua Rösing habe ein Gespür für den abstrakten Kern, der unter diesen Oberflächen stecke, so Laages weiter, deswegen habe er eine Art Papierlandschaft mit Zellophan-Verkleidungen als Szenerie entwickelt, in die sich zwei Figuren des Stückes "verpuppen" und dann "diese Dorfkatastrophe zelebrieren".
Limited Edition schlammland gewalt von Ferdinand Schmalz Regie: Josua Rösing Bühne / Kostüme: Mira König Musik: Sebastian Deufel Dramaturgie: Ulrich Beck, Joshua Wicke Auf dem Bild: Thorsten Hierse, Olga Wäscher, Sebastian Deufel, Caner Sunar Copyright Arno Declair
"schlammland gewalt" von Ferdinand Schmalz im DT Berlin: Olga Wäscher in der Inszenierung von Josua Rösing© Arno Declair
"Das ist ein schöner, kleiner, sehr konzentrierter Abend, der noch nicht wirklich ahnen lässt, wo der Text mal hinkommen wird, wenn er wirklich eine große Bühne erreichen soll.", meint Laages. Er gehe davon aus, dass das Stück ab nächsten Sommer auf irgendeinem Spielplan auftauchen werde, denn es sei "noch viel drin an szenischer Bearbeitung."
Gut gefallen habe ihm auch die Idee mit einem Live-Schlagzeuger, das sei "sehr klug gemacht". Regisseur Rösing habe offenbar "die Musikalität als Ausgangspunkt für die Erkundung dieses Textes genommen hat. Das ist zukunftsfähig.", urteilt Laages.
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