Schlager

Die ewige Spottfigur

Der deutsche Sänger Heino streckt die Daumen nach oben und posiert in einem T-Shirt mit der Aufschrift "75 Jetzt erst recht".
Wirklich ein Rocker? Heino bei der Vorstellung seines letzten Albums. © dpa / picture alliance / Horst Ossinger
Von Martin Risel · 13.12.2013
Während der Apartheid ist Heino durch Südafrika getourt. Mit Liedern wie "Das Polenmädchen oder "Schwarzbraun ist die Haselnuss" bediente er national-konservative Klischees. Doch inzwischen covert er auch Rocksongs.
"Die deutsche Antwort auf Mick Jagger: Heino! – Wahnsinn! Hör ma, grüß Dich Heino, du alter Schlagerrapper. Kannst ja mal vorbeikommen auf’n Joint oder so."
Aber das ist nicht so Heinos Droge, er singt lieber von …
"Karamba, Karacho, ein Whisky ..."
Genau ist es nicht überliefert, aber wahrscheinlich noch ohne schwarze Brille kommt der blonde Zahnarzt-Sohn Heinz-Georg Kramm heute vor 75 Jahren in Düsseldorf zur Welt. Lernt Bäcker und lässt sich das Singen nicht verbieten:
"1965, wie ich zum ersten Mal gesungen habe, da bin ich belächelt worden, beschimpft. Und da hat man gesagt: Der is blond, hat blaue Augen, singt Volkslieder und züchtet Schäferhunde. Da hat man schon Angst bekommen. Aber ich habe mich nicht beirren lassen.“
Auch nicht, in den 70er-Jahren das Deutschlandlied aufzunehmen, inklusive erster Strophe. Und nicht nur mit seiner schwarz-braunen Haselnuss bemüht Heino gern national-konservative Klischees, tourt während der Apartheid durch Südafrika, trotz internationalem Boykott.
Und denkt offenbar bis heute: Der Erfolg heiligt alle Mittel.
"Ich habe ich der Zwischenzeit 50 Millionen Tonträger verkauft und bin stolz, dass ich heute noch hier vor Ihnen stehen kann."
Im Februar dann Heinos, na ja, Rockalbum "Mit freundlichen Grüßen", das erste Nummer-eins-Album seiner fast 50-jährigen Karriere.
Zuvor lehnen alle großen Labels diese Cover-Songs deutscher Rockmusiker ab. Also wird "Das verbotene Album", wie es im Untertitel heißt, mithilfe einer Mega-Medien-Kampagne von Pro7, Sat 1 und Bild-Zeitung in die Charts gehievt. Dabei ist "das Meisterstück von Marketingmann und Heino-Manager Jan Mewes", wie es Tim Renner in seinem neuen Buch nennt, nichts Verbotenes, kein Skandal. Ein moralischer vielleicht, aber diese Art von Moral ist Heino fremd. Betroffen etwa die Sportfreunde Stiller:
"Vom künstlerischen, vom kreativen Ansatz her, gemessen an dieser Aufmerksamkeit, die er bekommen hat, find ich’s eben nicht spannend."
Lästern über Rammstein
Der Gipfel der Respektlosigkeit dann, als er zusammen mit Rammstein beim weltgrößten Metal-Festival in Wacken auftritt – und sich anschließend brüstet:
"Wenn ich jetzt zum Beispiel Rammstein singe oder diese meiste Musik, die begibt sich in einer Oktave. Das ist nicht groß. Aber den Enzian, wenn ich den singe, der begibt sich über zwei Oktaven."
Und diese musikalische Meisterleistung, die haben sogar seine ärgsten Feinde geschafft: Die Toten Hosen zusammen mit dem Kreuzberger Sänger, der sich laut Gerichtsurteil nicht mehr "Der wahre Heino" nennen darf:
"Blau blüht der Enzian"
"Schwarzbraun ist die Haselnuss"
Heino mit  Sonnebrille.
Vor seiner Rocker-Zeit: Heino im Schlagergewand.© AP
Ob Otto oder die Toten Hosen, Heino wird nie müde, sich zur Spottfigur zu machen. Zum Beispiel als der wahre Experte zum Thema Rauchverbot:
"Ein Verbot finde ich nicht richtig, wenn noch nicht festgestellt worden ist, ob Rauchen schädlich ist."
So, so – oder eben so:
"Ich finde, der hat ne sehr zwiespältige Biografie, als in den 80ern in Südafrika vor dem Apartheid-Regime, da ist er aufgetreten und hat das nie so richtig zur Sprache gebracht wie ein Gunter Gabriel: Hey, ich hab früher mal Scheiße gemacht und würd’s jetzt anders machen. Das hat er nie gemacht."
Wird er wohl auch nicht mehr machen, jetzt mit 75:
"Man kann ja mit 75, wenn man’s richtig macht, nicht mehr viel verkehrt machen."
Soso, noch mal langsam, zum Mitschreiben:
"Man kann ja mit 75, wenn man’s richtig macht, nicht mehr viel verkehrt machen. Ich hab früher schon gesagt, vor 50 Jahren als ich anfing. Da hat man mich belächelt und beschimpft: Man kann das Radio abdrehen, Fernseher ausdrehen – all das ist möglich."
Yoooh, Heino, is möglich, aber:
"Willst du, dass wir sterben?"
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