Schillernde Illusion

Von Johannes Halder · 05.07.2013
Sie prangen auf Banknoten, Ausweisen und Sicherungssystemen. Künstler sahen in Hologrammen ein ästhetisches Experimentierfeld. Das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe zeigt Beispiele aus seiner Sammlung.
Es ist tatsächlich noch immer verblüffend: Durch eine Glasscheibe an der Wand blickt man in eine Art Aquarium, in dem ein paar lebensgroße Taucherinnen einen alten Helm vom Meeresboden bergen. Die Szene wirkt täuschend echt und zum Greifen nah und ist doch nicht zu fassen. Denn hinter der Scheibe befindet sich nichts als ein Spiegel und ein Laser, der das hauchdünne Hologramm erzeugt.

Bernhard Serexhe, der Leiter des Medienmuseums am ZKM, ist selbst ganz fasziniert vom technischen Trick mit der tiefenräumlichen Illusion.

"Der 3D-Effekt ist absolut überraschend. Es könnte genauso sein, wenn in dieser Box, vor der wir stehen, tatsächlich Wasser und Taucherinnen vorhanden wären. Und wenn man sich hier von rechts nach links bewegt, kann man tatsächlich hinter die Pflanzen, hinter die Tau-cherinnen und hinter die Gegebenheiten schauen, so dass man wirklich einen sehr intensiven räumlichen Eindruck hat."

Kein Künstler, sondern eine amerikanische Firma namens Douglas hat 1979 dieses Werk geschaffen, das mit Kunst etwa so viel zu tun hat wie ein Klingelton mit Musik.

Serexhe: "Wir müssen auch ganz klar sagen: Die Holografie entsteht eigentlich in den 60er Jahren, hat in den 70er und Ende der 70er und Anfang der 80er-Jahre ihren künstlerischen Höhepunkt, und verschwindet dann wieder zu einem großen Teil aus der künstlerischen Aufmerksamkeit, weil zu diesem Zeitpunkt dann die digitalen Techniken in den Vordergrund treten."

Tatsächlich war die Holografie für die Kunst nur ein Übergangsmedium, wenn nicht ein Randphänomen. Zum Beispiel wegen der irisierenden Farbeffekte, die alles seltsam künstlich und gläsern wirken lassen, auch wenn die Technik sogar kleine, filmähnliche Bewegungsabläufe ermöglicht. Nur, was für welche: Eine Frau unter der Dusche, die sich, erschreckt vom kalten Wasserstrahl, die Haare wuschelt – das mag um 1980 zwar eine optische Sensation gewesen sein, doch verbindet sich damit weder ästhetischer Genuss noch geistige Erkenntnis, gibt auch der Kurator zu.

"Das Spektrum der Holografie hat immer schon von banal bis höchst künstlerisch gereicht, und genau dieses will die Ausstellung auch dokumentieren."

Eher Experiment als Kunst
So schnell wird Kunst Geschichte, und so schnell kann Kunstgeschichte furchtbar fade sein. Ein nackter Amor, der einen Pfeil abschießt; ein zerbrochenes Glas, das im Hologramm eine wundersame Rekonstruktion erfährt; ein grünsti-chiges Frauenporträt, das sich uns entgegenwölbt – die Schau ist voll von solchen Beispielen, denn die Holografen setzten meist auf billige, kommerziell verwertbare Sensationen und plattes Entertainment und deklarierten das als Kunst.

Serexhe: "Es gibt Pornografie, es gibt Totenköpfe, es gibt sehr viele springende Löwen und Tiger, die auf einen zuspringen, es gibt die banalsten Dinge: Würfel, Wappen, Waffen, alles was man sich da denken kann."

Im Grunde ist die Holografie eine Art Prothese für das Auge, eine Erweiterung der Sinne. Sie unterstützt das räumliche Sehen. Für Peter Weibel, den Chef des Karlsruher ZKM, ist sie gar ein magisches Medium, da sie es dem Menschen erlaube, sich über die normale Perspektive zu erheben. Aber, schränkt der Kurator ein:

"Es ist sehr viel experimentiert worden im Rahmen der Holografie. Und ich denke, da ist die Holografie auch zu verorten im Wesentlichen: im Experiment."

Der Gang durch die Karlsruher Schau ist durchaus unterhaltsam, doch im Grunde ein ernüchterndes Erlebnis. Es gibt dennoch einige wenige Lichtblicke. Dieter Jung zum Beispiel, Professor für Holografie an der Kölner Medienhochschule, schuf in den 1980-er Jahren faszinierende Farbräume und bewegte Farbflächen, die auch heute noch auf der Höhe der Zeit sind.

Wie der große Rest der Werke in die Sammlung des ZKM gefunden hat, erklärt sich vor allem daraus, dass die analoge Holografie ganz entscheidend die Ästhetik geprägt hat, die heute in digitalen 3D-Animationen eine Rolle spielt. Kunst oder nicht Kunst – Peter Weibel sieht das ohnehin entspannt:

"Es ist im klassischen Sinne keine Kunst, aber es geht darum, mit Hilfe dieser technischen Medien eine neue Kunst zu machen. Und ich glaube, es wird diese neue Kunst – gemessen an den alten Vorstellungen von Kunst – nicht Kunst sein. Und das ist ja auch eine der Aufgaben des ZKM, durch solche Ausstellungen einen wirklich legitimierbaren Übergang zu finden zwischen alter Kunst und der neuen Kunst."