Schifffahrt

"Jedes Meer riecht anders"

Ein Containerschiff auf auf hoher See
Jedes Gewässer hat einen unterschiedlichen Charakter © picture alliance / dpa / Alejandro Bolivar
Michael Behmerburg im Gespräch mit Nana Brink · 04.08.2014
Mit seinem Containerschiff "Shanghai Express" ist Kapitän Michael Behmerburg gerade auf dem Indischen Ozean in Richtung Europa unterwegs. Atlantik, Pazifik oder Mittelmeer – er erklärt, welches Meer ihn am meisten fasziniert.
Nana Brink: Es gibt die einen, die fahren in den Ferien in die Berge, und die anderen müssen unbedingt ans Wasser, an einen See oder besser noch ans Meer. Und sie erzählen dann von Sonne, Sand, Wellen, dem Tosen der Brandung, kurz, das Meer ist ihr ganz persönlicher Sehnsuchtsort – vielleicht gehören Sie ja auch zu ihnen –, und deshalb widmen wir uns in unserer Sommerserie dem Meer und denen, die es erkunden, besingen oder schlicht dort arbeiten.
Brink: Michael Behmerburg ist Kapitän des Containerschiffs Shanghai Express auf dem Weg von Singapur zurück nach Europa. Schönen guten Tag, Herr Behmerburg!
Michael Behmerburg: Hallo, Frau Brink!
Brink: Wo erwischen wir Sie denn gerade?
Behmerburg: Wir sind im Indischen Ozean auf dem Weg zurück nach Europa, und wir sind jetzt ein Stückchen nördlich von der Insel Sokotra am Horn von Afrika, kurz vor dem Golf von Aden.
Brink: Der Shanghai Express, so heißt ja Ihr Schiff, ist eines der zehn größten Schiffe von Hapag Lloyd, wie groß wirklich?
Behmerburg: Wir sind 366 Meter lang, 48 Meter breit vorn und haben eine Containerkapazität von 13.220 Fuß Einheitsunits.
Brink: Das muss man jetzt ein bisschen übersetzen, das Fachchinesisch. Also in Containern gesprochen, können Sie es erzählen?
Behmerburg: Das ist ein 20-Fuß-Container, das sind die, die man auf der Autobahn sieht, es gibt die 40, das sind die langen, und 20 sind die kurzen, und wir können gerechnet 13.200 von den kurzen Containern mitnehmen.
Brink: Also schon ziemlich, ziemlich großes Schiff. Sie haben gerade beschrieben, wo Sie sind, ist das die ganz normale Route, die Sie fahren?
Behmerburg: Das ist die ganz normale Route. Wir sind in einem Ostasiendienst, einem Liniendienst, tätig, und fahren regelmäßig in einem Elf-Wochen-Rhythmus von Europa nach Asien, China, Nord- und Südkorea und wieder zurück.
Brink: Mit wie viel Leuten, wie groß ist die Besatzung?
Behmerburg: Wir haben momentan 26 Personen an Bord. Die Schiffsführung ist europäisch, das heißt, wir haben sieben Deutsche an Bord, einen polnischen Mitarbeiter und die Mannschaftsdienstgrade und die Unteroffiziere sind philippinische Besatzung.
Auch ein Kapitän nimmt sich Zeit aufs Meer zu schauen
Brink: Jetzt haben Sie bestimmt als Kapitän eines so großen Schiffes mit viel Verantwortung sehr viel zu tun, haben Sie überhaupt noch Zeit, aufs Meer zu gucken?
Behmerburg: Es wird immer weniger, weil man doch immer vorm Rechner und im Büro verbringt, aber natürlich hat man diese Zeit immer noch. Das Schöne ist ja, dass wir überall trotzdem noch Fenster in unseren Schiffen haben, und man guckt dann doch immer aufs Meer raus, und genießt das auch teilweise, wenn man wirklich sehr schönes Wetter hat. Momentan haben wir nicht ganz so schönes, wir haben hier diesen klassischen Monsun, der hier zu dieser Jahreszeit normal ist, und es schaukelt und rüttelt alles auch ein bisschen. Also momentan ist es nicht ganz so komfortabel.
Brink: Also ist richtiges Wetter, wo man normalerweise seekrank wird – aber Sie natürlich nicht mehr.
Behmerburg: Gott sei Dank nicht, nein. Sagen wir, diese ganz großen Schiffe, die bewegen sich nicht mehr ganz so stark, die ruckeln eigentlich immer mehr, das ist eher so eine unangenehme Bewegung, die die machen, die dazu führt, dass man eben nicht ganz so ruhig schläft auch. Aber es ist nicht mehr weit, und wenn wir dann in den Schutz von Afrika gekommen sind, dann wird es auch – ich schätze mal heute Abend – wird es dann auch wieder ruhiger und dann fängt die schöne Zeit wieder an.
Brink: Sie haben jetzt gerade beschrieben, dass Sie eigentlich gar nicht so viel Zeit haben, aufs Meer zu gucken, sondern eher zum Navigieren wahrscheinlich auf den Computer. Das Meer ist ja Ihr Arbeitsplatz, ist es aber dennoch auch noch etwas wie ein Sehnsuchtsort?
Behmerburg: Definitiv. Also ich sag mal, das Meer hat schon eine Wahnsinnsfaszination. Alleine diese Weite, wenn man wirklich sagt, man ist tagelang unterwegs und sieht teilweise keine anderen Fahrzeuge und hat wirklich diesen endlosen Blick. Das ist eigentlich das, was mir auch manchmal an Land fehlt, dass man mal aus dem Fenster gucken kann oder sich an Deck stellen kann und wirklich sagt, man hat ... es ist nichts im Weg. Man kann so weit gucken, wie man möchte.
Brink: Machen Sie das auch ganz bewusst?
Behmerburg: Definitiv, ja, doch, das macht man schon ganz bewusst. Unser Schiffsbetrieb ist so, dass ich eigentlich drei Offiziere habe, die oben auf Brücke sind und immer das Schiff fahren, und ich eigentlich nur da zwischendurch immer mal vorbeigehe, aber dann schon ganz bewusst, sodass man sich auch mal an Deck stellt und wirklich aufs Meer rausguckt. Doch, das macht man schon.
Es gibt viele verschiedene Arten von Meer
Brink: Meer ist ja nicht gleich Meer oder Meer ist gleich Meer, das würde ja der Meerverächter sagen – stimmt das, ist Meer gleich Meer?
Behmerburg: Nein, definitiv nicht, nein. Es ist wirklich ... Es gibt so viele Arten von Meer und so viele verschiedene Farben und die Luft ist anders, das Meer ist anders. Es ist schon nicht alles gleich. Aber man merkt schon teilweise, wo man ist. Also wir freuen uns jetzt drauf, wenn man wieder ins Mittelmeer kommt, weil das Mittelmeer auch ganz anders ist als jetzt der Indische Ozean zum Beispiel.
Brink: Beschreiben Sie doch mal den Unterschied, was ist denn unterschiedlich zwischen beiden?
Behmerburg: Die Temperaturen und es riecht wirklich anders. Man kommt ins Mittelmeer – wir fahren nächste Woche Freitag durch den Suezkanal, und wenn man dann auf der anderen Seite rauskommt, ist es wirklich, ja, vielleicht ist es auch nur ein Gefühl, weil man weiß, dass man dann wieder in europäischen Gefilden ist und näher an Europa und näher an zu Hause ist, aber es fühlt sich anders an. Es fühlt sich schön an.
Brink: Was ist das schönste Meer für Sie? Sie haben ja wahrscheinlich schon alle gesehen?
Behmerburg: Das ist schwer zu sagen. Ich würde sagen, Mittelmeer ist wirklich ... also Mittelmeer gefällt mir schon sehr gut, aber vielleicht auch, weil man eben mit Mittelmeer so viele schöne Sachen wie Italien, gutes Essen und Strand und Urlaub verbindet, vielleicht wird das auch dadurch ein bisschen, dass man das assoziiert damit. Jedes Meer hat seine Faszination, jedes Meer hat seine Punkte, die man vielleicht nicht ganz so schön findet. Wenn man sagt, man fährt über den Atlantik oder den Pazifik, das kann wunderschön sein, das kann aber auch, ja, durch Stürme oder im Winter teilweise starke Nebelfelder auch unangenehm sein, da zu fahren. Aber so richtig, dass ich sage, ich hab da so einen Favoriten, ich würde sagen das Mittelmeer, das Mittelmeer ist schon immer sehr schön.
Brink: Dann haben Sie uns auch verraten, dass Sie wahnsinnig gerne Motorrad fahren und auch im Sommer immer eine Bergtour machen. Braucht man das als Ausgleich für zu viel Wasser?
Behmerburg: Nein. Ich könnte mir auch, wenn es nicht so weit vom Mittelmeer wäre, würde ich auch regelmäßig eine Tour ans Mittelmeer machen. Nein, das Motorradfahren ist einfach ein Hobby, was ich mache, und dann macht Motorradfahren halt in den Bergen mehr Spaß, als auf dem flachen Land zu fahren, aber es ist jetzt nicht als Ausgleich zum Meer. Also ich könnte mir auch gut vorstellen, am Meer zu leben und jeden Morgen aus dem Fenster aufs Meer zu gucken. Ich glaube, man kriegt da nicht genug von.
Brink: Sagt Kapitän Michael Behmerburg. Schönen Dank und gute Fahrt, aber eigentlich müsste ich ja sagen, immer ne Handbreit Wasser unterm Kiel!
Behmerburg: Genau, aber da wir mit den großen Schiffen in Gebieten fahren, wo es eigentlich immer tief ist, haben wir die immer.
Brink: Gute Fahrt, tschüss!
Behmerburg: Vielen Dank!
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