Schauspielkunst vom Feinsten

Von Roger Cahn · 04.02.2009
Peter Zadek wurde in Zürich der rote Teppich ausgelegt: Er durfte Stück wie Schauspieler auswählen. Und trotzdem wurde es kein packender Abend. Das liegt primär am Stück, aber auch an einer eher schleppenden, auf Reflexion und Tiefsinn ausgerichteten Inszenierung.
Bernard Shaw ist zwar ein Meister der geistreichen Sätze, Giftpfeile und Pointen, dazwischen aber heißt’s: Warten auf den nächsten Geistesblitz. Das verlangt Tempo, damit die Wartezeit nicht zu lange wird. Kommt dazu, dass der Plot reichlich konstruiert wirkt. Kopftheater, in dem die Menschen zu Schachfiguren degradiert werden, die nach festen Spielregeln zu laufen haben.

Peter Zadek vertraut der Brisanz des Textes: eine Komödie über Moral und Heuchelei im kapitalistischen Zeitalter. Der skrupellose Waffenfabrikant beherrscht nicht nur seine Familie sondern das ganze Land. Mit Geld kauft er selbst die gut meinenden Geister der Heilsarmee, allen voran seine Tochter Barbara. Und am Ende sind alle davon überzeugt, dass mit Geld ja auch viele guten Taten und Werke vollbracht werden können. An Aktualität hat das Stück in 100 Jahren nur wenig eingebüsst.

Die Kulinarik des Abends bieten die Schauspieler, die Crème de la Crème des deutschen Theaters: Robert Hunger-Bühler gibt den Waffenfabrikanten als Wolf im Schafspelz, seine von ihm getrennte Frau spielt Nicole Heesters als exzentrische Schreckschraube. Tochter Barbara und deren Verlobter, der Altphilologe Adolphus Cusins, bekommen von Shaw zu wenig Material, um ihren Wandel vom Paulus zum Saulus – von der Heilsarmee zum Kapitalismus – glaubwürdig zu vollziehen. Julia Jentsch und August Diehl sind dabei stets bemüht um Zwischentöne, damit die Komödie nicht ins Schwankhafte abdriftet. Schliesslich setzt auch Jutta Lampe als Heilsarmee-Generalin der Aufführung ein kleines Glanzlicht auf. Sie nimmt nach kurzem Zögern das Geld jener Menschen an, gegen die sie eigentlich zu kämpfen vorgibt: die Kriegstreiber und Schnapsproduzenten.

Fazit: Auch mit einer Star-Besetzung kann ein schwaches Stück nicht gerettet werden. Nicht einmal von Peter Zadek.

Major Barbara
Schauspielhaus Zürich
Regie: Peter Zadek