Schauspielerin statt Ärztin oder Diplomatin

Von Kim Kindermann · 05.02.2007
Zunächst wollte Astrid Posner Ärztin werden, dann Diplomatin. Und später interessierte sie sich fürs Tanzen. Was lag da näher für sie, als einen Beruf zu wählen, in dem sie immer wieder in neue Rollen schlüpfen kann? Deshalb ist Astrid Posner Schauspielerin geworden.
Im Film wirkt sie älter als in Wirklichkeit. Auch erscheint sie größer, als sie tatsächlich ist. Und von der dargestellten zynisch-bitteren Art wie hier im Film "Liebe der Lieblosen" ist, wenn man der 32-Jährigen begegnet, nichts, aber auch gar nichts zu spüren.

Astrid Posner hat schulterlange blonde Haare, strahlend blaue ausdruckstarke Augen. Ihr Gesicht ist schmal. Schön im klassischen Sinn ist sie nicht, trotzdem: Astrid Posner hat das gewisse Etwas. Warum, ist schwer zu sagen. Vielleicht ist es ihre offene Art, über sich selbst zu sprechen. Vielleicht aber auch ihre Körpersprache, die von ihrer langen Zeit als Tänzerin erzählt. Über das Tanzen ist sie zum Schauspielen gekommen.

"Ich habe damals schon getanzt, als ich sehr klein war, habe Ballettstunden gehabt, Jazz gemacht und darüber erste Aufführungen gemacht, so Tanztheater, und darüber bin ich erst auf den Trichter gekommen, weil mich es mich selbst so gerührt hat, wir haben ein halbes Jahr geprobt und ich erinnere mich, ne Mutter von einem Freund von mir, die hat geweint, und dann dachte ich, oh toll, damit kann man ja was bewegen, was zeigen..."

17 Jahre ist sie gerade mal alt, als ihr diese Erkenntnis kommt. Eigentlich wollte die Tochter aus gutem Hause - beide Eltern sind Professoren, die Mutter für Kommunikationswissenschaft, der Vater für Linguistik - Ärztin oder Diplomatin werden. Doch nachdem sie spürt, was sie mit ihrem Tanz für Emotionen auslösen kann, steht für sie fest: Die Bühne ist ihr Metier.

"Ich bin so eins von drei Kindern, das Mittelkind, was da so aus der Art geschlagen ist und sich gedacht hat: jetzt mach ich mal was mit Kunst."

Nach dem Abitur geht sie an die Hochschule der Künste in Rotterdam. Verlässt Berlin, um in Holland Schauspiel, Tanz und Gesang zu studieren. Anders als ihre Geschwister, die sich in die Familientradition einreihen und eine akademische Laufbahn einschlagen, bricht Astrid Posner aus:

"Es für mich ein sehr großer Teil nach Holland zu gehen, weil ich dachte, wenn ich nicht mehr hier bin, dann habe ich alle Freiheiten wirklich zu suchen und zu gucken, was ich wirklich will und mache das nicht aus Rücksicht auf irgendwen. Ja, so als Mittelkind ist man immer bemüht, dass alle sich wohl fühlen, da ist es schwer bei sich zu bleiben. Ich hatte ganz stark das Gefühl, es gibt sehr viele Erwartungen an mich und ich kann mich nicht davon frei bewegen.

Sieben Jahre bleibt sie in Holland. Spielt Theater und tanzt auf allen wichtigen Bühnen. Sie hat Erfolg. Trotzdem: in all diesen Jahren fehlt etwas. Die Familie. Die alten Freunde.

"Ich war dann wirklich in so einer Situation, wo das alles so im Fluss war und alles gut lief und ich tolle Rollen gespielt habe, aber eigentlich war ich nicht in dem Land, wo ich sein wollte."

Ende 1999 schließlich kommt sie nach Berlin zurück. Es ist die Zeit, als ihre Eltern sich scheiden lassen.

"Das war für uns jetzt nicht überraschend in dem Sinne, dass wir gedacht haben, heile Welt und unsere Eltern passen so wahnsinnig gut zusammen. Also meine Eltern haben sich schon sehr geliebt, aber die passten jetzt nicht so wahnsinnig gut zusammen, dass das für den Rest ihres Lebens gehalten hätte. Die haben unterschiedliche Ausrichtungen."
Ebenso gelassen nimmt die 32-jährige Berlinerin den berufliche Wechsel: Denn trotzt ihres Erfolges in Holland, ist sie hierzulande unbekannt, große Rollen bleiben anfangs aus. Es ist fast so, als schöpfe sie in dieser Zeit neue Kraft. Dass sie möglicherweise scheitern könne, glaubt Astrid Posner nicht. Dafür sagt sie, sei sie viel zu neugierig.

"Diese Neugierde bewahrt mich aber vor so vorschnellen Urteilen und starren Haltungen, dass man sagt, ich mach nicht dies, ich mach nicht das und ich will nur jenes. Sondern ich habe so eine natürliche Neugierde und auch so eine Intuition irgendwie, was jetzt passen könnte und was mich interessiert und was man machen kann und das ist ein schöner Ratgeber, wenn man nicht ständig alles intellektuell durchforstet, sondern intuitiv rangehen kann."

Und genau das macht Astrid Posner stark. Auch als Schauspielerin.

"Ich mochte an den Theaterrollen immer so dieses gebrochene. Ja, das ist diese Diskrepanz, die finde ich eigentlich immer am spannendsten."

"Liebe der Lieblosen" ist nur eine der mittlerweile über 40 Film- und Fernsehrollen, in denen sie mitgespielt hat. Zeit für Privates bleibt da kaum noch – zumal ihr langjähriger Freund, Daniel Aichinger - auch er ein Schauspieler - in Köln lebt und arbeitet. Aber Astrid Posner wäre nicht Astrid Posner, wenn sie nicht auch dieser Situation etwas Positives abgewinnen würde.

"Ich finde es schön, wenn die Dinge weiter gehen. Also, ich bin nicht so ein Fan von Festhalten und alles muss bleiben wie es ist."