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Griechenland
Noch Spielraum bei der Schuldenreduzierung

Der neue griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat rhetorisch wieder etwas abgerüstet. In Europa wirbt er jetzt für eine Abkehr vom strikten Sparkurs, der im Wesentlichen als ein deutscher Sparkurs erscheint. Aber die Zeit drängt - schon Ende des Monats könnte Griechenland Liquiditätsprobleme haben.

Von Brigitte Scholtes | 02.02.2015
    Alexis Tsipras bei einer Pressekonferenz an einem Rednerpult, im Hintergrund die griechische Fahne.
    Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras geht wieder auf die EU zu. (picture alliance / dpa / Orestis Panagiotou)
    Die griechische Regierung wirbt in Europa für ihren Kurswechsel: Die Zeit des harten Sparens soll vorbei sein, die Rückzahlung der Schulden soll neu geregelt werden. Das alles hören gerade Finanzfachleute nicht gern, wenn sie auch zugestehen, dass die Schuldenlast Griechenland zu erdrücken droht. So meint Edgar Walk, Chefvolkswirt von Metzler Asset Management:
    "Es ist allgemein akzeptiert, dass die Schulden in Griechenland zu hoch sind, dass sie reduziert werden müssen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten: Einen harten Schuldenschnitt oder einfach, dass man Griechenland Zinsen erlässt für eine lange Zeit. Ich denke, der zweite Weg ist der wahrscheinlichere, und dann kann auch niemand sagen, dass wir den Griechen Schulden erlassen hätten."
    IWF ist größter Kreditgeber
    Schon jetzt zahlt Griechenland insgesamt nur einen Zinssatz von 2,4 Prozent – bezogen auf seine gesamten Verbindlichkeiten. Die größten Kredite hat das Land vom IWF, von einzelnen Staaten wie etwa auch Deutschland als auch vom EFSF erhalten. Dabei sind die Zinsen, die es auf die IWF-Kredite zu leisten hat, mit 3,6 Prozent die höchsten. Für Kredite des größten Geldgebers, des EFSF, sind die eigentlichen Zinszahlungen jedoch schon gestundet auf zehn Jahre. Größtes Entlastungspotenzial sieht Daniel Lenz, Volkswirt der DZ-Bank, bei der Laufzeit:
    "Aus Barwertsicht gesprochen entspricht einer Laufzeit von einheitlich 50 Jahren, als ob man den Kreditnominalbetrag um 23 Prozent herabsetzen würde. Das ist also insofern recht wichtig, als dass die Kreditgeber, gerade insbesondere in Deutschland, Vorbehalte gegen eine Herabsetzung der Kreditnominalbeträge haben. Man könnte da Griechenland entgegenkommen, ohne dieses Politikum anzufassen."
    Die Gefahr eines Grexits steigt
    Allerdings dürfen die Verhandlungspartner sich dabei nicht allzu lange Zeit lassen. Denn Griechenland droht auf kurze Sicht, bis Ende des Monats schon, ein Liquiditätsproblem: Die Steuereinnahmen seien in den letzten Monaten drastisch eingebrochen - auch im Hinblick auf den wahrscheinlichen Ausgang der Wahl, und die Umsetzung der Wahlversprechen koste viel Geld, sagt Daniel Lenz:
    "So könnte das eine sehr ungünstige Mischung sein, die dazu führt, dass in einem ungünstigen Szenario schon relativ bald Griechenland keine ausreichende Liquidität mehr hat, um allen seinen Verpflichtungen nachzukommen und irgendwo dann sehen muss, wie sie diese Liquiditätsbrücke schließt."
    Staatsanleihen kann Griechenland zwar nicht begeben, aber es darf kurzfristige Schatzanweisungen ausgeben. Daniel Lenz von der DZ-Bank:
    "Da gibt es natürlich auch Limite, die die EZB akzeptiert. Wenn es jetzt wirklich nur darum ginge, nur ein paar Wochen zu überbrücken, bis man sich bei den Kreditverhandlungen näher kommt, dann wäre auch der Weg über größere Limite bei den Schatzanweisungen möglich. Aber dazu wäre es auch eben notwendig, dass die EZB dem zustimmt."
    Das sind die sogenannten ELAs, kurz für Emergency Liquidity Assistance, Notkreditprogramme also. Wenn die EZB aber diesen Geldhahn zudrehen würde, wäre Griechenland de facto gezwungen, aus der Währungsunion auszutreten, wissen die Finanzmärkte. Deshalb steige die Gefahr eines Grexit wieder. Wie groß diese Gefahr wird, das hängt vom Verlauf der Verhandlungen in den nächsten Wochen ab.