Schauspiel-Intendant Lars-Ole Walburg

Ganz klar Nachholbedarf bei Geschlechterparität

10:11 Minuten
Lars-Ole Walburg spricht in der Cumberlandschen Galerie des Schauspielhauses Hannover während einer Pressekonferenz.
Lars-Ole Walburg blickt 2018/19 auf die erfolgreichste Auslastung seiner Intendanz - und geht. © picture alliance / dpa / Jochen Lübke
Lars-Ole Walburg im Gespräch mit André Mumot · 25.05.2019
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In Hannover wird bald alles Anders: Lars-Ole Walburg räumt seinen Chefsessel am Staatsschauspiel für Sonja Anders. Der Theaterbetrieb brauche mehr Frauen, sagt er. Aber die Art, wie darüber aktuell diskutiert wird, hält er für kontraproduktiv.
Die Spielzeit ist fast vorbei, das Intendanten-Karussell dreht sich und wird immer mehr zum Intendantinnen-Karussell. Diese Woche wurde bekannt, dass die Nachfolgerin von Kay Voges am Schauspiel Dortmund nun tatsächlich Julia Wissert heißen wird.
Und auch das Schauspiel Hannover wird insgesamt weiblicher. Ab der nächsten Spielzeit übernimmt Sonja Anders, derzeit Chefdramaturgin und stellvertretende Intendantin am Deutschen Theater Berlin. In dieser Woche gab es die letzte Premiere unter der alten Leitung: Martin Mosebachs "Rotkäppchen und er Wolf" – mit dem gesamten Ensemble auf der Bühne.

Kritik an der Art, wie das Gender Gap diskutiert wird

Der nach zehn Jahren aus dem Amt scheidende Intendant Lars-Ole Walburg spricht in Deutschlandfunk Kultur darüber, wie sich das Ende dieser Ära anfühlt:
"Das ist jetzt tatsächlich schon seit ein paar Wochen ein Gefühl des Abschieds, der sich natürlich auch ein bisschen traurig anfühlt, weil da an diesem Haus natürlich sehr viele Mitarbeiter ihre Arbeit tun, die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Und wenn man jetzt tatsächlich vor Augen hat, dass das alles auseinandergeht, dann schwingt da natürlich auch Trauer mit."
Sonja Anders, designierte Schauspiel-Intendantin im Staatstheater Hannover, schaut im Saal des Schauspielhauses zwischen Vorhängen durch.
Auftritt Sonja Anders: Sie übernimmt in der kommenden Spielzeit den Intendantinnensessel.© Christophe Gateau/dpa / picture alliance
Die spürbare Entwicklung, die Leitung von Theatern heute möglichst in Frauenhand zu geben, und die damit einhergehenden Diskussionen betrachtet Walburg durchaus skeptisch, bezeichnet sie aber auch als notwendig.
"Ich empfinde sie tatsächlich im Augenblick in einer Form als etwas hysterisch, und sie ist, glaube ich, nicht angebracht, um den notwendig zu diskutierenden Problemfeldern dann wirklich auf den Leib zu rücken. Ich glaube, dass der Gap zwischen Frauen und Männern sich eher vertieft, so wie die Diskussion im Augenblick geführt wird, als dass es tatsächlich Lösungsansätze gibt, die daraus entstehen. Im Theaterbetrieb – auch im Kulturbetrieb insgesamt – ist da ganz klar ein Nachholbedarf von Frauen zu konstatieren, das muss auch geschehen, im Augenblick ist es aber tatsächlich so, dass die Kulturpolitik natürlich fast reflexhaft so reagiert."

2018/19 erfolgreichste Auslastung seiner Intendanz

Lars-Ole Walburg kann mit der letzten Spielzeit auf die erfolgreichste Auslastung seiner Zeit in Hannover zurückblicken.
"Das war auch letztendlich immer so meine innere Marke", sagt er, "dass ich gedacht habe, es muss Jahr für Jahr besser werden, es muss bergauf gehen, und deswegen ist es natürlich auch schön, dass wir die Zeit jetzt hier beenden können zu einem Zeitpunkt, wo es wirklich am schönsten ist."
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