Schau zum dänischen Künstler Asger Jorn

"Ein geradezu anarchistischer Ansatz"

Der dänische Künstler Asger Jorn sitzt vor dem Gemälde "Lettre à mon fils", 1957
Der dänische Künstler Asger Jorn vor dem Gemälde "Lettre à mon fils", 1957 © Gunni Busck
Dirk Luckow im Gespräch mit Gesa Ufer · 28.08.2018
Die Ölbilder des wohl bekanntesten dänischen Künstlers Asger Jorn sind derzeit in einer Ausstellung in Hamburg zu sehen. Jorn eröffne "einen ganz eigenen Kosmos des Schauens", sagt Kurator Dirk Luckow - und erklärt das mithilfe eines Vogelschisses.
Mit seinen knallbunten, kraftvoll-dynamischen Ölbildern wurde Asger Jorn (1914-73) zum wahrscheinlich bekanntesten Künstler Dänemarks. Anfangs hatten seine Werke noch große Ähnlichkeit zu den Bildern von Künstlern wie Miró oder Paul Klee. In einer Ausstellung zeichnen die Hamburger Deichtorhallen nicht nur die künstlerische Entwicklung des Ausnahmekünstlers nach – es geht auch um seine Freundschaften zu großen Denkern und Künstlern seiner Zeit, um seine politischen, antikapitalistischen Ideale und um seine Liebe zur nordischen Mythologie.
Asger Jorn eröffne "einen ganz eigenen Kosmos des Schauens", sagt der Kurator der Schau und Intendant der Hamburger Deichtorhallen, Dirk Luckow, im Deutschlandfunk Kultur. Es sei nicht einfach, ihn in eine Schublade zu stecken. Denn auf den ersten Blick wirkten seine Werke eher abstrakt, ungegenständlich. "Gleichzeitig hat Asger Jorn selbst über seine Kunst gesagt, dass er noch nie ein abstraktes Bild gemacht hätte", berichtet Luckow.

Künstlerisch und politisch im Untergrund tätig

Er sehe bei Jorn einen "sehr freien, sehr offenen, geradezu anarchistischen Ansatz", erläutert Luckow. "Ich erzähle das gerne so, dass man sich das bei Asger Jorn so vorstellen muss, dass seine Bilder wie ein Sandkasten hätten sein können. Und dann fliegt ein Vogel darüber und kackt da rein - und der Jorn guckt hin und denkt: Wow, sieht das gut aus, das möchte ich unbedingt integriert haben. Und dann kommt ein Kind und schmiert vielleicht noch mit seinem Finger da hinein. Das heißt, dass Jorn gar nicht mehr sich selbst als gestalterischen Mittelpunkt des Werkes ansieht, sondern, dass das Bild ihn findet."
Immer wieder ist im Zusammenhang mit Jorn die Rede von "schmutzigen Farben". Luckow nennt hier den Titel "Tristesse Blanche". "Das wirkt exzessiv-chaotisch, wie er da mit der Farbe umgeht." Luckow spricht auch von "antiästhetisch" und "gar nicht schön".
Während der deutschen Besatzung Dänemarks in den 40er-Jahren sei Jorn "künstlerisch, aber auch politisch agitativ im Untergrund tätig" gewesen. Ausdruck dessen war etwa, dass er das Magazin "Höllenpferd" (Helhesen) herausgab. "Er befand sich immer auf der kommunistischen Seite." Jorn habe einen unglaublichen Freiheitsdrang gehabt:
"Das kam ja schon in den 30er-Jahren zum Ausdruck, als er - ich sage mal so - aus der Enge Dänemarks mit seiner Kunstszene nach Paris mit dem Motorrad startete, um dort die große Welt der Kunst zu entdecken." Unter anderem sei er zur Zeit der Weltausstellung dort gewesen und habe "die gesamte Wucht und Dimension von Kunst in Paris 1937 erlebt, um das dann wiederum nach Dänemark mitzunehmen." Dort habe er etwa mit einer Druckmaschine unter dem Bett aus dem Untergrund heraus Widerstandskommentare veröffentlicht.
(abr)

Die Ausstellung "Asger Jorn - Without Boundaries" in den Hamburger Deichtorhallen ist noch bis 23. September 2018 zu sehen.