Freitag, 19. April 2024

Archiv

Edathy
Neue Vorwürfe in Kinderporno-Affäre

Es war ein ungewöhnliches Vorgehen heute in Berlin von Sebastian Edathy: Noch vor seinem Auftritt im Untersuchungsausschuss gab er eine Pressekonferenz. Er bezeichnete es als "falsch", die umstrittenen Filme bestellt zu haben, gleichzeitig erhob er schwere Vorwürfe gegen SPD-Kollegen und Ex-BKA-Chef Ziercke.

Von Frank Capellan | 18.12.2014
    Sebastian Edathy in der Bundespressekonferenz.
    Sebastian Edathy in der Bundespressekonferenz. (afp / Tobias Schwarz)
    Nach zwei Stunden platzt ihm der Kragen. Sebastian Edathy wird zunehmend ungehalten. Er mag nicht mehr antworten: "Einfach mal den rechtsstaatlich vorgesehenen Ablauf abwarten. Where is the fucking problem?"
    Doch Edathy selbst ist es, der den normalen Ablauf ändert. Ein Beschuldigter, der vorab eine Pressekonferenz gibt, das hat Seltenheitswert und wird zum Spektakel: "Ich habe einen hohen Preis bezahlt, für das, was ich gemacht habe."
    Edathy das Opfer, das in Nordafrika untertauchte, weil es um sein Leben fürchtet. Über die Kinder, die auf Filmen und Bildern zu sehen sind, die er gekauft hat, spricht er selten und meist auf Nachfrage.
    "Es gibt auch nicht, wie ich gelesen habe, eine Kategorie 1 und Kategorie 2 bei solchen Filmen. Das eine ist eindeutig strafbar und das andere im Graubereich. Nein, es gibt legal und nicht-legal. Das war sicherlich falsch, diese Filme zu bestellen, das will ich gerne einräumen. Aber es war legal."
    Punkt! Dass es bisher sehr wohl eine - äußerst umstrittene - Unterscheidung von Kindernacktfotos nach sexuell aufreizenden Darstellungen und vermeintlich harmlosen Bildern gab, dass einst der Innenpolitiker Edathy an dieser gesetzlichen Unterscheidung mitgewirkt hat, dazu sagt er nichts.
    Edathy bemüht sich, sachlich und ruhig zu bleiben
    "Ich bin von Selbstmitleid weit entfernt. Aber ich gehe mal davon es, es wird hier viele Leute geben, für die ist soziales Umfeld wichtig, für die ist wichtig, dass sie ein Zuhause haben und für die ist eine berufliche Tätigkeit wichtig. Ich hab das alles nicht mehr. Es ist weg!"
    Edathy, der Mann, der alles verloren hat, der von der Gesellschaft verachtet, von den Medien getrieben und den eigenen Parteifreunden sofort fallengelassen wurde, das ist das Bild, das der 45-Jährige von sich zeichnet. Er müht sich, sachlich und ruhig zu bleiben, lässig fläzt er sich hin und wieder auf dem Drehstuhl des Pressesaales. Seinen Hass auf die Meute vor ihm aber kann er nicht verbergen - die Wut auf die, die wissen wollen, warum er Videos kauft, für die Kinder missbraucht worden sind.
    "Ich weiß nicht, kennen Sie sich da nicht aus? Kennen Sie die Filme, über die wir reden? Wissen Sie, wovon Sie schreiben oder senden?"
    Worüber wir reden - die Antwort darauf bleibt er schuldig, verweist auf ein drohendes Verfahren, deutet zugleich an, die Anklage könnte möglicherweise gegen Geldbuße fallen gelassen werden. Ein Rachefeldzug sei das nicht, betont er, doch genau so kommt es an, als er über die SPD-Spitze spricht. Abgeordnetenkollege Michael Hartmann war sein Vertrauter, ihm offenbarte er sich. Nun aber belastet Edathy ihn schwer. Hartmann habe ihn informiert und damit wohl auch gewarnt:
    "Also Herr Hartmann sagte mir, er ist nicht informiert worden von Gabriel, Steinmeier oder Oppermann. Er sei direkt aus dem Bereich BKA, von der Spitze informiert worden, habe dann von sich aus aber das Gespräch gesucht mit den Herren Oppermann und Steinmeier."
    Verdacht der Strafvereitelung
    Damit gerät neben Hartmann auch der damalige BKA-Chef Jörg Ziercke in die Schusslinie. Beide konnten gut miteinander. Ziercke ist SPD-Mitglied. Hat er brisante Informationen weitergegeben? Der Verdacht der Strafvereitelung steht im Raum.
    Dass Edathys Laptop und Hartmanns Handy verloren gegangen sind, macht die Sache zusätzlich mysteriös. Dazu nur Ausweichendes: ehe Edathy in den Untersuchungsausschuss eilt und fordert, er müsse "zwischen Pressekonferenz und Ausschuss auch nochmal zwei Zigaretten rauchen dürfen."
    Ungeschoren lässt er den SPD-Fraktionschef nicht. An Eides Staat erklärt Edathy, Oppermann habe gelogen, als er im Februar seine Sicht der Dinge per schriftlicher Erklärung öffentlich machte. Oppermann hatte stets behauptet, weder mit Hartmann noch mit Edathy über die Ermittlungen gesprochen zu haben.