Sara Pennypacker: "Mein Freund Pax"

Tierisch berührende Freundschaft

Das Buchvover von "Mein Freund Pax" montiert vor einen Stacheldrahtzaun.
Sara Pennypacker schafft es, die Beobachtungen und Gefühle des Fuchses klar und schnörkellos zu erzählen. Der Krieg bleibt dabei nicht abstrakt, sondern wird schrecklich konkret. © Sauerländer Verlag / picture alliance / dpa / Vassil Donev / Collage: Deutschlandradio
Von Sylvia Schwab · 23.05.2017
Peter hat den Fuchswelpen Pax vor dem sicheren Tod gerettet und aufgezogen – seitdem sind die beiden unzertrennlich. Aber dann kommt der Krieg und reißt die beiden auseinander. Ein packender Abenteuerroman für Kinder ab zehn Jahren.
Pax ist ein Fuchs und Peters bester Freund. Vor fünf Jahren hat der Zwölfjährige den kleinen Findling vor dem Verhungern gerettet, seitdem sind die beiden unzertrennlich. Doch jetzt müssen sie sich trennen, denn Peters Vater muss in den Krieg, die Mutter ist gestorben und der Junge soll beim lieblosen Großvater leben.
Schon in der ersten Nacht läuft Peter vom Opa weg, um den ausgesetzten Pax vor den Gefahren der Wildnis zu retten. 300 Kilometer liegen vor ihm, er schlägt sich ein paar Tage tapfer durch, bis er sich den Fuß bricht und von einer einsam lebenden Frau gefunden wird. Die misstrauische Vola hat ihr Bein als Soldatin verloren. Langsam nähern sich die beiden an, fassen Vertrauen, erzählen sich ihre Geschichten und helfen sich gegenseitig, einen Weg aus ihrem Unglück zu finden. Als Peter dann endlich nach einer mühsamen Wanderung auf Krücken Pax wieder findet, hat der sich in diesen Wochen genauso verändert wie er selbst. Beide sind erwachsen geworden und gehen ab jetzt ihren eigenen Weg.
Was Peter und Pax erleben, wird abwechselnd aus der Perspektive des Jungen und des Fuchses erzählt. Diese Vermenschlichung eines Tieres ist ein großes Wagnis und könnte kitschig oder albern wirken. Doch die Autorin schafft es, die Gedanken und Gefühle, die Hoffnungen und Beobachtungen des Fuchses so klar und schnörkellos zu erzählen, dass man sie ihr – oder ihm – abnimmt. Pax’ Ängste und Leid, die Fürsorge einer Fuchsfamilie, die Zuneigung zu den neuen Gefährten, sogar die sprachlose Kommunikation mit ihnen wirken glaubwürdig und total interessant. Pax’ Abenteuer sind genauso spannend wie Peters Erlebnisse.

Ein modernes Märchen über Vertrauen, Mut und Freundschaft

Sara Pennypacker hat keine realistische Geschichte geschrieben, sondern eine existenzielle. Eine Geschichte ohne genaue Zeit- und Ortsangaben, die immer und überall spielen kann. Eine Art modernes Märchen, in dem es um die großen Dinge des Lebens geht, um Freundschaft und Vertrauen, um Krieg und Frieden – nicht umsonst heißt der Fuchs Pax -, um Mut und Gefahr, um Hilfsbereitschaft und die Verantwortung, die man trägt, wenn man liebt. Eine Verantwortung, die das Loslassen einschließt. Der Krieg bleibt dabei nicht abstrakt, sondern wird schrecklich konkret in Szenen, in denen Minen hochgehen. Und in grausamen Verletzungen. Nicht nur Vola hat ihr Bein verloren, auch ein junger Fuchs wird fast zerrissen. Und Peters verletztes Bein kann man als Resultat eines Familienkrieges verstehen. Denn der Vater hat Peter belogen: er ist freiwillig in den Krieg gezogen.
"Pax" spielt fast nur draußen, in der Natur. Und die ist nicht freundlich, sondern kalt und gefährlich. Beide, Pax und Peter, müssen lernen, sich zurechtzufinden, und dafür findet Sara Pennypacker eine sinnlich dichte Sprache. Eine Sprache, die uns Gerüche und Geräusche, Empfindungen und Beobachtungen unmittelbar miterleben lässt, die unseren Spür-Sinn schärft und unsere Wahr-Nehmung. "Pax" hat das Zeug zum Klassiker, wie die Möwe Jonathan, der glückliche Löwe oder der kleine Esel Benjamin.

Sarah Pennypacker: "Mein Freund Pax"
Übersetzt dem Amerikanischen von Birgit Kollmann
Mit Illustrationen von Jon Klassen
Fischer/Sauerländer Verlag, Frankfurt 2017
302 Seiten, 16,99 Euro, Empfohlen ab 10 Jahren

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