Sara Paretsky: "Altlasten"

Ein Krimi wie ein Kommentar zur Nachrichtenlage

02:44 Minuten
Buchcover zu Sara Paretskys "Altlasten"
Auch um eine Lungenkrankheit geht es in Sara Paretskys "Altlasten" - das Buch ist im Original allerdings schon im Jahr 2017 erschienen. © Argument Verlag , Ariadne / Deutschlandradio
Von Sonja Hartl · 12.06.2020
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Rassismus, tödliche Viren und Raketensilos: Sarah Paretsky "Altlasten" ist ein aktueller und zugleich zeitloser Kommentar zu den derzeitigen Zuständen in den USA – und ein Kriminalroman mit einem festen moralischen Standpunkt.
Ihre roten Schuhe hat sie vorsichtshalber eingepackt: Sara Paretskys Detektivin V. I. Warshawski ist in "Altlasten" auf der Suche nach dem Filmemacher Auguste Veridan und der alternden Schauspielerin Emerald Ferring, die aus Chicago verschwunden sind und nach Lawrence in Kansas reisen wollten. Dort ist Ferring aufgewachsen, dort wollte sie Veridan für seinen Dokumentarfilm über ihr Leben von ihrer Kindheit und Jugend erzählen. Seither hat sie niemand mehr gesehen – und schon bald stolpert V. I. Warshawski über die ersten Leichen.
"Altlasten" ist bereits 2017 im Original erschienen – und gleichermaßen zeitlos wie aktuell: Es geht um gefährliche Viren, die eine Lungenerkrankung auslösen können, immerwährenden Rassismus, zunehmenden dubiosen Einfluss von Gen-Biotec-Firmen und Grundstücksspekulationen. Die Zeiten, in denen Kansas noch ein unberührtes Fleckchen war, gab es ohnehin lediglich in Filmen. Mittlerweile sind auch Orte wie Lawrence gezwungen, sich mit ihrer – auch rassistischen – Geschichte auseinanderzusetzen.

Unverzichtbare Stimme in der Kriminalliteratur

Es ist viel zu lernen in diesem Roman: über die Verstrickungen von Wissenschaft und Militär, das Black Cinema und das Leben in Kleinstädten. Über systemischen Rassismus, Proteste und Raketensilos, die heute an Prepper verkauft werden. Zugleich ist viel Altvertrautes in Paretskys achtzehnten Roman mit V. I. Warshawski: An den Fall gerät sie zufällig durch ihre Nichte, die dann auch prompt in Lawrence auftaucht – und zusammen mit den vielen Runden mit Hund Peppy den finalen actionreichen Showdown leicht unnötig herauszögert.
Altvertraut ist aber auch die grundlegende und unerschütterliche feministische, politische und moralische Verankerung dieses komplexen Romans. Es gibt kaum eine Autorin, die es wie Paretsky versteht, politische Anliegen und Themen in einem spannenden Kriminalfall zu verpacken. Sie ist eine unverzichtbare Stimme in der Kriminalliteratur.

Sara Paretsky: "Altlasten"
Aus dem Amerikanischen von Else Laudan und Szelinski
Ariadne, Hamburg 2020
544 Seiten, 24 Euro

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