Sängerin Ester Rada

Eigener Glaube, eigener Sound

Die Sängerin Ester Rada bei einem Auftritt in Salzburg bei "Jazz & the City".
Die Sängerin Ester Rada bei einem Auftritt in Salzburg bei "Jazz & the City". © Imago / Manfred Siebinger
Von Martin Risel  · 10.09.2015
In ihrer israelischen Heimat kennt man sie bisher vor allem als Schauspielerin, aber ihre eigentliche Liebe gehört der Musik: Ester Rada spielt eine aufregende Mischung aus Soul, Funk und Ethno-Jazz und legt nun ein großartiges Debutalbum hin.
Was ist Deutschland doch für ein armes Land im Vergleich zu Äthiopien, sprachlich auf jeden Fall. In dem ostafrikanischen Staat werden über 80 verschiedene Sprachen mit mehr als 200 Dialekten gesprochen.
Eine äthiopische Liebesgeschichte erzählt Ester Rada in diesem Song. Ihre Eltern haben ihr nicht nur die Sprache, sondern auch die ganze Kultur von deren Heimatland - und von deren Glauben - nahe gebracht. Musikalisch gab's für das Kind also...
"... zunächst nur sehr traditionelle äthiopische und religiöse jüdische Klänge. Später hab ich dann über MTV säkulare Musik kennengelernt: Soul und R and B und sowas. Erst als ich älter war, hab ich die äthiopische Musik wieder entdeckt und erkannt, dass sie Groove hat und vieles, was ich liebe."
Geboren ist Ester Rada im palästinensischen Westjordanland, 1985, ein Jahr nachdem ihre Eltern als verfolgte Juden aus Äthiopien emigrierten – so wie mehr als 90.000 ähnliche Schicksale seit der Staatsgründung Israels (die Zahl erscheint mir zu niedrig). Aufgewachsen ist sie in einer religiösen Siedlung in dem von Israel besetzten Gebiet - und in einer musikalischen Familie. Der Vater promotet äthiopische Musik in Israel, vom großen Bruder kriegt sie mit 13 die erste Gitarre, erlernt sie autodidaktisch, schreibt die ersten Songs. Während des Militärdienstes spielt und singt Ester Rada in einer Armeeband, auch auf Tournee durch die jüdischen Gemeinden in den USA. Und begegnet da wieder dem Sound, den sie einst bei MTV lieben gelernt – und erst jetzt auf ihrem Debüt-Album selbst verwirklicht hat: Soul und Funk.
"Ich hab immer Musik gemacht, aber lange nur zuhause für mich allein. Nach der Armee hab ich viel als Schauspielerin für Theater, Film und Fernsehen gearbeitet. Und erst 2014 mit den Aufnahmen für mein Debüt-Album bin ich zu meiner wahren Liebe, der Musik zurück gekehrt."
In Israel ist sie als Schauspielerin bekannt
In Israel kennt man Ester Rada bisher nur als Schauspielerin. Deren Karriere eher zufällig beginnt: Zu einem Musical-Casting geht sie einfach mal so ohne Ausbildung hin, bekommt die Rolle - und danach immer weitere. Die Initialzündung für die Rückkehr vom Schauspiel zur Musik kommt vor sieben Jahren, als sie Mulatu Astatke live erlebt, den inzwischen über 70-jährigen "Vater des Ethio-Jazz".
"Von Mulatu Astatke hab ich diese Idee, äthiopische Musik zu mischen mit den anderen Stilen, die ich liebe. Als ich sein Konzert in Israel gesehen habe, war das Jazz, aber hat mich an Zuhause erinnert. Und von da an wollte ich das nutzen, was er macht. "
Solche brodelnden Beats bilden die Basis für die besten Songs auf Ester Radas atemberaubenden Debüt-Album. Mit tighten Grooves und knackigen Bläsern hat Israels Underground-Star-Produzent Kutiman das Beste aus einer Riege talentierter israelischer Musiker herausgeholt. Und Ester Radas Songideen zu internationaler Reife gebracht. In ihrer starken Soulstimme spiegeln sich ihre Vorbilder wieder - von Nina Simone über Aretha Franklin bis zu Erykah Badu. Aber die 30-jährige hat eben noch diesen eigenständigen Touch hin zum Ethio-Jazz, der sie so einmalig macht.
Und auch wenn sie gern in Israel, inzwischen in Jaffa, lebt – auch zum Glauben in ihrem Heimatland und ihrer Familie hat sie ihre eigene Auffassung:
"Ich glaube an meinen Gott: Die Liebe. Aber an keine Religion, die trennt (die Menschen) nur. Glaube ist es etwas anderes, an etwas Gutes oder Großes. Aber ich glaube nicht, dass Gott so groß ist. "
Mehr zum Thema