Sächsisch als subtile Waffe der Widerständigen

Von Ulrike Gropp · 17.08.2006
In der DDR kam es erst zu staatlicher Zensur, danach zu Subvention und Förderung. Heute stehen die Künstler vor einem alternden Publikum. Das politische Kabarett "Academixer" im Leipziger Rokoko-Palais hat in den 40 Jahren seines Bestehens schon so einiges durchgemacht.
Das Restaurant im Innenhof eines Rokoko-Palais im Stadtzentrum von Leipzig unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von anderen Lokalen, die ihre Gäste an einem Sommerabend wie heute im Freien bewirten. Wären da nicht alle Sitzplätze in Richtung einer, bisher noch unbeleuchteten, einfachen Holzbühne ausgerichtet...

Die Scheinwerfer gehen an, drei Musiker legen los und schon stürmen die beiden Academixerinnen Anke Geissler und Carolin Fischer auf die Bühne. "Ein völlig zerknittertes Kabarettprogramm" haben sie angekündigt, ihre Auseinandersetzung mit der alternden Gesellschaft. Demographische Fragen und das dankbare Thema "Generationenkonflikt" gehören längst zum Themenkanon des politischen Kabaretts in Deutschland.

"Jung sein heißt glücklich sein.- Den ganzen Tag lang. - Jugend ist, wenn man früh aufsteht – und nichts tut einem weh! Wenn man jenseits der 40 aufsteht und nichts tut einem weh, dann ist man doood!"

Es ist eine witzige Aufführung, schnell, wortgenau, die Pointen sitzen. Beide Darstellerinnen ziehen alle Register zwischen Kalauer und komplizierten Wortspielereien.

Im Publikum sitzen heute Abend etwa 130 Damen und Herren. Ein Mittelwert, wie Klaus Kitzing erläutert. Er ist der Geschäftsführer der seit 1993 in Form einer gemeinnützigen GmbH organisierten Academixer. Wie die anderen drei innerstädtischen Leipziger Kabaretts, der "Funzel", der "Pfeffermühle" und dem "Sanftwut" hat auch Kitzing seinem Haus vor einigen Jahren einen harten Konsolidierungskurs auferlegen müssen. Denn die jüngere Generation lacht heute lieber bei den modischen Late-Night-Formaten in Studentenclubs als im Live-Kabarett; und häufig ziehen die Jüngeren den brüllenden Humor alberner Fernsehsketche dem textlastigen und eher hintersinnigen Genre des politischen Kabaretts vor. Klaus Kitzing:
"Aber ich glaube, auch alle Tendenzen haben ihre Zeit und ich denke, dass sich Comedy irgendwann, mindesten das, was über die Medien kommuniziert wird, erschöpft hat. Ich glaube, dass irgendwann auch ein hohes Potential an 30 bis 40-Jährigen da ist, die sich auch mal ein bisschen intelligenter mit der Materie Satire auseinandersetzen will."

Fest angestellte Academixer sind, bei 82.000 Besuchern pro Jahr und immerhin 560 Aufführungen, nur noch 10 Personen, die ausschließlich im nichtkünstlerischen Bereich arbeiten: Musiker, Kabarettisten und Regisseure sind Freiberufler. Bietet die einstige Kabarettstadt Leipzig noch Perspektiven?

Der 19-jährige Jung-Kabarettist Patrick Passér, der kürzlich einen Nachwuchswettbewerb gewann und deshalb bei der Jubiläumsgala der Academixer auftreten wird, sieht die Zukunft des politischen Live-Kabaretts mit gemischten Gefühlen.

"Ich glaube schon, dass das politische Kabarett Zukunft hat. Aber ich glaube auch, dass es zu einer Vermischung der einzelnen Genres kommt. Weil die Kabaretts davon abhängig sind, Geld einzunehmen, und da wird das Kabarett einen Schritt zugehen müssen auf sein Publikum. Also das ist nur noch eine intellektuelle Oberschicht, die da in den Kabaretts sitzt, und die füllt nicht mehr die Säle."

Ob es sich beim heutigen Publikum um eine intellektuelle Oberschicht handelt, wagt die Autorin nicht zu beurteilen. Sicher ist nur, dass die meisten Gäste über 55 sind.

Treue, einheimische Kabarettgänger, die das großzügige Kellertheater in einem Messepalast der Innenstadt noch aus der Vor-Wende-Zeit kennen, machen in aller Regel einen Großteil der Kundschaft aus. Nicht wenige Besucher am heutigen Abend sind als Touristen erkennbar. Sie kommen sowohl aus den alten als auch aus den neuen Bundesländern. Ein Besuch in einem politischen Kabarett gehört für diejenigen, die die Hochzeit des Genres in den 70er und 80er Jahren schon bewusst miterlebt haben, noch immer dazu, zu einer Städtetour nach Leipzig.

Neben den "Grauen", so die respektlose Anrede von der Bühne herab, sitzen auch einige Damen und Herren im Publikum, die zur Generation der Kabarettistinnen gehören.

Es hat sich herumgesprochen, dass die Academixer in diesem Jahr ein rundes Bühnenjubiläum begehen und da gibt es auch für die Nachgeborenen die Gelegenheit, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Und die begann vor 40 Jahren, mit einem ersten Auftritt am 10.September 1966, als sich ein Studentenkabarett der Karl-Marx-Universität nach dem Verbot der Vorgänger-Truppe erneut aufmachte, um sich an der Realität und den Mächtigen zu messen.

"Akademisch mixend stell'n wir uns Ihnen vor", so besingen sie seitdem in ihrem Begrüßungslied den eigenen Namen. Die Academixer sind ein Begriff, ein Marken-Name in der Welt des politischen Kabaretts. Ihre Bekanntheit reichte einst, trotz der deutschen Teilung, weit über die Grenzen Leipzigs, Sachsens und sogar der DDR hinaus, weil sie einige Tourneen in das deutschsprachige westliche Ausland machen durften.

Mit den Academixern verbunden waren und sind Namen wie Bernd Lutz Lange und Gunter Böhnke, die mittlerweile als Solisten auftreten, Jürgen Hart, der inzwischen verstorbene Gründer, Manon Straché, Karin Hart und andere. Sowie der Kabarettist und Regisseur Christian Becher, der den Namen Academixer erläutert:

"Das ist eine Konstruktion aus akademisch und mixen, also so ein Gemisch von so verschiedenen Sachen, die man während der Vorführung so auf der Bühne bietet, so Lieder, Spielszenen, und das war damals auch einfach so üblich, sich originelle oder pseudooriginelle Namen zuzulegen."

Die Leipziger Academixer verkörpern die Geschichte des politischen Kabaretts in der DDR zwischen Anpassung und Widerborstigkeit. Sie sind einen Mittelweg gegangen, den man, aus der sicheren Perspektive der Gegenwart, leicht kritisieren kann. Andererseits haben sie sich, zumindest nach Kenntnis der Autorin, nicht an die Macht angebiedert. Ein ganz und gar typisches DDR-Schicksal also.

Die Academixer stehen für eine Tradition des deutschen politischen Kabaretts, die, trotz der Unterbrechung durch den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg, bis in die goldenen zwanziger Jahre und in die politischen Auseinandersetzungen der Weimarer Republik zurückreicht.

"Sie müssen wissen, Kabarett entsteht nicht, es schleicht sich an."

So heißt es in einem Buch über die Geschichte des Kabaretts in Leipzig, das der Kabarettist Hanskarl Hoernig und der Journalist Harald Pfeifer im Jahr 1996 veröffentlicht haben. In Leipzig hatte sich das Kabarett in Gestalt der satirischen Zeitschriften "Der Drache" und "Die Pille" angeschlichen. Aber vor 85 Jahren, am 1. Februar 1921, da war es soweit: Mit einem Satz kam das Kabarett in der Stadt an und zwar in einem "Retorte" geheißenen Spielort in der Nähe des heutigen Zoos. Aus der boomenden Handels- und Industriestadt an der Pleiße wurde in kurzer Zeit eine Kabaretthochburg, wie München und Berlin.

Doch die Kabaretts von damals, sie existieren nicht mehr. Die Neugründungen in der DDR tanzten von Anfang an auf dem Drahtseil. Und gaben sich trotzdem, wie Jürgen Hart, der Gründer der Academixer, ganz selbstbewusst:

"Für mich hat's vor dem Schaufenster der Buchhandlung ... Treffe ich neulich den Genossen Fischer gibt’s auch nicht mehr, ist auch nicht schade drum, und der sagt: Wollen Sie mal Kabarett machen? Ich weiß aber nicht, ob das gut geht! – Das macht nichts, wenn das nichts wird!"

"Satire und Macht – Film, Zeitung, Kabarett in der DDR" heißt die jüngst erschienene Monographie von Sylvia Klötzer, in der die Wissenschaftlerin die Entstehung einer satirischen Kultur von den Jahren der Staatsgründung bis zum Fall der Mauer beschreibt.

"Auch in der frühen DDR", schreibt Klötzer, "war offensichtlich, dass sich die SED selbst keiner satirischen Kritik stellte, noch dafür eine Notwendigkeit sah. Letzteres änderte sich schnell. In der Krise der frühen 50er Jahre war entscheidend, dass sich die Partei durch populäre Medien und Genres dringend Zuspruch in der Bevölkerung verschaffen musste."

So kam es zu Neugründungen wie der Berliner "Distel" im Jahre 1953 oder 1954 der "Leipziger Pfeffermühle", die jedoch bald an die "natürlichen" Grenzen in einem totalitären System stießen.

Mitte der 50er Jahre: Während SED und DDR als Themen des Kabaretts tabu sind, wird "von oben" eine satirische Auseinandersetzung mit dem politischen System der Bundesrepublik verordnet. Die so genannte "Westnummer" hält ihren Einzug in die Welt der anspruchsvollen Unterhaltung, mehr oder minder platte Propagandastücke im Schwarz-Weiß des Kalten Krieges, die jedoch beim Publikum nur bedingt ankommen.

Nach dem 17. Juni 1953 und der Demonstration totaler Parteiherrschaft wird es in der Kulturpolitik notwendig, eine gewisse "Liberalität" zu signalisieren. Der Versuch, "Dampf aus dem Kessel" zu lassen, bringt den Kabarettisten vorläufig Tauwetter. Doch bald folgen "Restriktionen und Resignationen", wie die Kabarettforscherin Sylvia Klötzer schreibt.

Das Jahr 1961 steht neben dem Mauerbau noch für ein anderes Ereignis in der Leipziger Kabarett-Szene, das Wellen schlägt: Die Verhaftung des populären Studentenkabaretts "Rat der Spötter". Die Prozesse enden mit Gefängnisstrafen, unter anderem für den damaligen Kabarettisten und Schauspieler, und späteren Tatort-Kommissar, Peter Sodann.

Und doch begann das Kabarett in der DDR zu leben und, wenn auch in Maßen, zu blühen. Christian Becher hatte als Schüler in der Nähe von Chemnitz, damals Karl Marx Stadt, politisches Kabarett kennengelernt, allerdings ausschließlich vor dem Radiogerät: Der verbotene Westfunk strahlte regelmäßig Aufführungen der Münchner Lach- und Schießgesellschaft aus. Als Becher, der eigentlich Schauspieler werden wollte, sich aber von seinen Eltern zu einem Handelsstudium überreden ließ, nach Leipzig kam, gründete er, wie zum Ausgleich, ein eigenes Studentenkabarett. Als diese Gruppe auseinander ging, bewarb er sich bei einer Truppe, die sich Academixer nannte und wurde genommen.

Begleiter, der sich entfaltenden Kunstfertigkeit der Academixer, waren von Anbeginn an die Genossen aus der Hauptabteilung Kultur der Universität.

Christian Becher: "Zu unseren Anfangszeiten war es üblich, dass die Textbücher eingereicht werden mussten, die wurden dann gestrichen und kamen dann zurück und das durfte dann gespielt werden. Und der Hart hat die Genossen davon überzeugt, dass das eine nicht sehr gute Variante ist, weil man einen Satz auf der Bühne so und so sagen kann."

Daraufhin wurden nicht mehr die Textbücher eingereicht und gestrichen, sondern die Zensoren kamen zwei Wochen vor der Premiere zu einer so genannten "Interessentenprobe" oder "Abnahme", dem politischen Testlauf, der in der DDR in fast allen Theateraufführungen obligatorisch war. Die Academixer empfanden diesen Wechsel von der Zensur des Textbuchs zur Zensur der Inszenierung schon fast als Sieg über das System. Und auch die "Genossen" wähnten sich auf der sicheren Seite.

Christian Becher: "Hart hatte ja recht, man kann einen Satz so und so sagen, und so haben wir den Satz zur Abnahme so gesagt und wenn wir dann gespielt haben, dann haben wir ihn eben so gesagt. Hart baute dann auch immer schon gewisse Stellen in das Textbuch ein, wo er, wenn er zu uns kam, dann sagte, 'hört, das streichen sie, dann zeigen sie, sie sind funktionsfähig, dann fällt das andere gar nicht auf, was wir machen.'"

Berühmt waren die Academixer seit ihren frühesten Jahren vor allem für ein, man würde heute sagen: "Format", das bis in die Gegenwart gerne genutzt wird: die "Kollegenszene". Häufig fand das Ganze in einem unanfechtbaren Setting statt: Am Arbeitsplatz der verherrlichten Werktätigen, meist in der Pause. Es treffen aufeinander eine schlagfertige Arbeiterin, ein opportunistischer Mitläufer, ein strammer Parteimann. Letzterer schneidet meist schlecht ab, aber auch die anderen kriegen ihr Fett weg. Weil sie alle so gar nicht dem Ideal des Sozialismus entsprechen, sondern "nur" der real existierenden DDR.

Aus dem Jahre 1969 ist eine Fernsehaufzeichnung erhalten, in der Günter Böhnke und Jürgen Hart zwei ganz besondere Herren in einer typischen "Kollegenszene" der Academixer spielen: zwei Universitätsprofessoren an der Karl-Marx-Universität zu Leipzig.

Das Archiv aus 40 Bühnenjahren mit immerhin fast 90 Programmen passt, moderne Speichermedien machen es möglich, auf ein paar Dutzend DVDs und CDs. Wer den beiden Academixer-Heroen Jürgen Hart und Gunter Böhnke heute zuschaut und zuhört, dem fällt als erstes die hohe schauspielerische, sprachliche und inszenatorische Qualität auf. Jedes Wort sitzt, die Körperhaltung ist ausgefeilt.

Politisches Kabarett, das war in den Gründungsjahren der Academixer, und ist es bis heute, die Kunst der kleinen Form, die manchmal verzerrend und verniedlichend "Kleinkunst" genannt wird. Aber es stimmt ja: im Gegensatz zu Oper, Film und beispielsweise der Bildhauerei braucht es tatsächlich nicht viel materielle Zutaten, um einen Saal zum Lachen und die Obrigkeit zum Kochen zu bringen: Eine kleine Bühne, zwei Stühle, ein paar Requisiten, und ein paar Kleider.

Zum Kabarett gehört vor allem aber auch die Musik. Das musikalische Niveau der Academixer war von Anfang an hoch. Und die Musiker, meist in Jazz-Trio-Besetzung, waren bis 1989 noch wichtiger als heute. Musik kann Macht "abbilden" und karikieren, auch wenn der Zensor die Worte verbietet. Marschmusik kann aus dem Takt geraten. Das Pathos proletarischer Gesänge kann ins Absurde verkehrt werden.

"Absurd" war auch das Hin und Her, das Auf und Ab, das Zuckerbrot und die Peitsche: Den Academixern erging es in den 70er wie anderen "Kulturschaffenden" auch: Sie wurden nicht nur zensiert, sondern auch subventioniert, gehätschelt und gefördert. Hart, Böhnke und Becher bekamen Halbtagesstellen an der Universität, bei Bedarf probenfrei und 1980 von der Stadt ein eigenes Theater.

Gemessen an den heutigen Realitäten, 9600 Euro Projektförderung pro Jahr durch die Stadt Leipzig, waren dies, zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht, unbesorgte Zeiten. Und das Publikum liebte die kleinen Ausfluchten ins Gelächter, sei es mit oder ohne Hintersinn. Man stand, Kabarett war eine Mangelware, stundenlang an für Eintrittskarten.

Manche Zuschauer von damals haben auch nach 35 Jahren einzelne Szenen und Worte nicht vergessen. Die Leipzigerin Hochschullehrerin Iris Reuther erinnert sich beispielsweise an einen Academixer-Besuch im Alter von 15 Jahren, es war Anfang der 70er Jahre. Versorgungsengpässe waren in der DDR an der Tagesordnung.

"Ich erinnere mich an eine Szene, da spielte ein Mann eine Frau und der sprach immer von den zwei oder drei Waggons mit Dessertwein auf dem Leipziger Hauptbahnhof. Und meine Schwester und ich haben uns über diesen Begriff Dessertwein kaputtgelacht. Weil das so ein komisches Wort war."

Einerseits waren Worte auch damals "nichts als Worte". Andererseits jedoch war die Sprache, zumal im scheinbar harmlos daherkommenden Gewand des Sächsischen, die kostbare, sorgsam gepflegte und subtile Waffe der in Maßen Widerständigen.

Daran erinnert sich auch Marta Doehler-Bezahdi. Heute ist das politische Kabarett für sie, wie für viele Leipziger, nur noch ein Kulturangebot unter anderen. Vor der Wende gehörte die Stadtplanerin zu jenen Leipzigern, die leidenschaftlich gern ins Kabarett gingen.

"Diese Fähigkeit, etwas zwischen den Zeilen auszudrücken, haben Kabarettisten ja bis zur Perfektion entwickelt. Ich glaube, dass sie damit die Kommunikation in der DDR Gesellschaft beeinflusst haben. Das ging immer ein bisschen weiter und ein bisschen pointierter. Ob es wirklich sehr viel freier war, weiß ich gar nicht mehr, vermutlich gar nicht so sehr, die haben ja auch immer wie verrückt um ihre Worte und Sätze gerungen, das wusste man aber auch."

Academixer Christian Becher erinnert sich:

"Wir hatten ein Programm, das hieß 'Wir stehn uns noch bevor', wo ich mich noch heute frage: Wieso durften wir dieses Programm, das ist eines der schärfsten, die ich unter DDR-Bedingungen kenne, das ist der Test des Aufbaus des Kommunismus im Stadtzentrum Leipzigs und das klägliche Scheitern."

Der Fall der Mauer am 9.11. 89 überraschte die Academixer bei der Fernsehaufzeichnung eines Programms mit dem drohenden Titel "Wir stehen uns noch bevor", ausgerechnet sie, die Jahre zuvor ihre Fernsehtätigkeit eingestellt hatten, weil sie die Zensur nicht mehr mitmachen wollten.

"Wisst ihr was? Wir schließen einen Kompromiss mit der Regierung. Mit welcher?"

Dass mit der Wende auch für die Kabarettisten eine Zeit begann, in der das Haltbarkeitsdatum ihrer politischen Texte fast so schnell ablief wie die Restlaufzeit der staatlichen Instanzen der DDR, konnten die Academixer und ihr Publikum damals nur ahnen.

"Sind wir denn nun gescheitert oder gescheiter? – Ja!"

Ein neueres Lexikon der Politikwissenschaften hält schwarz auf weiß fest, dass politisches Kabarett, "wie alles Karnevalistische und Theatralische, der Welt des Politischen auf mehreren Ebenen artverwandt ist".

Ob es damit zusammenhängt, dass Kabarettisten wie den Academixern der Stoff niemals ausgehen wird? Weil sie der Welt der Politik viel näher und verwandter sind, als sie dies selber ahnen?

"Wir sind verpflichtet, eine Gegendarstellung zur Kenntnis zu geben. Die im Programm der Academixer aufgestellte Behauptung, Deutschland wäre halbseitig gelähmt, wurde unzulässigerweise in die Nähe der Bundesregierung gerückt. Hiermit erklären wir ausdrücklich, dass genau das Gegenteil der Fall ist."
"Aber Moment mal, die Stellen, die du zitiert hast, kommen ja gar nicht vor!"
"Das ist ja auch eine vorauseilende Gegendarstellung! Für den Fall, dass im Publikum mal jemand das hört, obwohl wir es gar nicht gesagt haben, oder ihr versprecht euch – da sind wir dann fein raus."